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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

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göttliche Offenbarung annehme, die erste und
schwerste Versündigung unter den Beleidigungen
der Gottheit ist. Da nun gleichwohl diese gött-
liche Offenbarung nicht nur lehrt, daß ein eini-
ger Gott sey, sondern auch den Namen und
Begriff, die Eigenschaften, Handlungen und
Wirkungen der Gottheit, dem Vater, dem
Sohne, und dem heiligen Geiste zueignet, von
dreyen behauptet, daß sie Gott sind, gebietet,
nur dem einigen wahren Gott die Ehre der höch-
sten Anbetung zu erweisen, und doch auch befiehlt,
den Sohn und den heiligen Geist, wie den Va-
ter, zu ehren: So muß ich meine äußerste Sorg-
falt anwenden, mir, so weit es der Einschrän-
kung und Schwachheit meines Verstandes er-
laubt ist, von diesen wichtigen, erhabnen und
geheimnißvollen Lehren solche Begriffe zu machen,
welche weder die Lehre, daß ein einiger Gott und
Herr der Menschen sey, noch die Lehre, daß der
Vater, der Sohn, und der heilige Geist Gott
sey, aufheben und verläugnen. Es ist unmög-
lich, daß beyde Lehren Wahrheiten seyn, und
doch wider einander streiten sollten, ob sie gleich,
was ihre Uebereinstimmung mit einander betrifft,
viel Unbegreifliches für mich haben können. Je
verschiedner die Vorstellungen, die sich die Men-
schen zu allen Zeiten davon gemacht haben, und

je

göttliche Offenbarung annehme, die erſte und
ſchwerſte Verſündigung unter den Beleidigungen
der Gottheit iſt. Da nun gleichwohl dieſe gött-
liche Offenbarung nicht nur lehrt, daß ein eini-
ger Gott ſey, ſondern auch den Namen und
Begriff, die Eigenſchaften, Handlungen und
Wirkungen der Gottheit, dem Vater, dem
Sohne, und dem heiligen Geiſte zueignet, von
dreyen behauptet, daß ſie Gott ſind, gebietet,
nur dem einigen wahren Gott die Ehre der höch-
ſten Anbetung zu erweiſen, und doch auch befiehlt,
den Sohn und den heiligen Geiſt, wie den Va-
ter, zu ehren: So muß ich meine äußerſte Sorg-
falt anwenden, mir, ſo weit es der Einſchrän-
kung und Schwachheit meines Verſtandes er-
laubt iſt, von dieſen wichtigen, erhabnen und
geheimnißvollen Lehren ſolche Begriffe zu machen,
welche weder die Lehre, daß ein einiger Gott und
Herr der Menſchen ſey, noch die Lehre, daß der
Vater, der Sohn, und der heilige Geiſt Gott
ſey, aufheben und verläugnen. Es iſt unmög-
lich, daß beyde Lehren Wahrheiten ſeyn, und
doch wider einander ſtreiten ſollten, ob ſie gleich,
was ihre Uebereinſtimmung mit einander betrifft,
viel Unbegreifliches für mich haben können. Je
verſchiedner die Vorſtellungen, die ſich die Men-
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[346/0360] göttliche Offenbarung annehme, die erſte und ſchwerſte Verſündigung unter den Beleidigungen der Gottheit iſt. Da nun gleichwohl dieſe gött- liche Offenbarung nicht nur lehrt, daß ein eini- ger Gott ſey, ſondern auch den Namen und Begriff, die Eigenſchaften, Handlungen und Wirkungen der Gottheit, dem Vater, dem Sohne, und dem heiligen Geiſte zueignet, von dreyen behauptet, daß ſie Gott ſind, gebietet, nur dem einigen wahren Gott die Ehre der höch- ſten Anbetung zu erweiſen, und doch auch befiehlt, den Sohn und den heiligen Geiſt, wie den Va- ter, zu ehren: So muß ich meine äußerſte Sorg- falt anwenden, mir, ſo weit es der Einſchrän- kung und Schwachheit meines Verſtandes er- laubt iſt, von dieſen wichtigen, erhabnen und geheimnißvollen Lehren ſolche Begriffe zu machen, welche weder die Lehre, daß ein einiger Gott und Herr der Menſchen ſey, noch die Lehre, daß der Vater, der Sohn, und der heilige Geiſt Gott ſey, aufheben und verläugnen. Es iſt unmög- lich, daß beyde Lehren Wahrheiten ſeyn, und doch wider einander ſtreiten ſollten, ob ſie gleich, was ihre Uebereinſtimmung mit einander betrifft, viel Unbegreifliches für mich haben können. Je verſchiedner die Vorſtellungen, die ſich die Men- ſchen zu allen Zeiten davon gemacht haben, und je

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Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/360>, abgerufen am 26.06.2024.