Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

sicht widme oder entziehe; er habe weder Wohl-
gefallen noch Misfallen an der verschiednen Be-
schaffenheit meiner Handlungen, die sich auf ihn
beziehen! Jch könnte mit eben so viel Grund glau-
ben, daß ich entstanden sey, ohne eine Ursache
meines Daseyns und Wesens zu haben, als ich
glauben könnte, daß ich nicht in der Absicht er-
schaffen sey, den, der die höchste Liebe, Dank-
barkeit, Ergebenheit, Zuversicht und Unterwür-
figkeit verdient, über alles zu lieben, ihn zu prei-
sen, seine mannichfaltigen Wohlthaten mit Dank
zu empfangen, ihm mehr als allen andern Wesen
zu vertrauen, und mich eines willigen Gehorsams
gegen seine Befehle zu befleißigen, sobald mir sein
Wille entweder durch eine sorgfältige Betrachtung
seiner Werke und ihrer Endzwecke, oder durch
eine andre noch nähere Offenbarung bekannt
wird.

So erkenne ich denn mit völliger Ueberzeu-
gung sowohl aus der Beschaffenheit und Ein-
richtung meiner ganzen Natur, als aus den or-
dentlichen und gewöhnlichen Folgen meiner Hand-
lungen, daß einige derselben gut, andre hingegen
böse und verwerflich sind; daß ich nach der Ab-
sicht meines Urhebers nur zu jenen bestimmt sey,
die ich, zum Unterschiede von den verwerflichen,

Tu-

ſicht widme oder entziehe; er habe weder Wohl-
gefallen noch Misfallen an der verſchiednen Be-
ſchaffenheit meiner Handlungen, die ſich auf ihn
beziehen! Jch könnte mit eben ſo viel Grund glau-
ben, daß ich entſtanden ſey, ohne eine Urſache
meines Daſeyns und Weſens zu haben, als ich
glauben könnte, daß ich nicht in der Abſicht er-
ſchaffen ſey, den, der die höchſte Liebe, Dank-
barkeit, Ergebenheit, Zuverſicht und Unterwür-
figkeit verdient, über alles zu lieben, ihn zu prei-
ſen, ſeine mannichfaltigen Wohlthaten mit Dank
zu empfangen, ihm mehr als allen andern Weſen
zu vertrauen, und mich eines willigen Gehorſams
gegen ſeine Befehle zu befleißigen, ſobald mir ſein
Wille entweder durch eine ſorgfältige Betrachtung
ſeiner Werke und ihrer Endzwecke, oder durch
eine andre noch nähere Offenbarung bekannt
wird.

So erkenne ich denn mit völliger Ueberzeu-
gung ſowohl aus der Beſchaffenheit und Ein-
richtung meiner ganzen Natur, als aus den or-
dentlichen und gewöhnlichen Folgen meiner Hand-
lungen, daß einige derſelben gut, andre hingegen
böſe und verwerflich ſind; daß ich nach der Ab-
ſicht meines Urhebers nur zu jenen beſtimmt ſey,
die ich, zum Unterſchiede von den verwerflichen,

Tu-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0336" n="322"/>
&#x017F;icht widme oder entziehe; er habe weder Wohl-<lb/>
gefallen noch Misfallen an der ver&#x017F;chiednen Be-<lb/>
&#x017F;chaffenheit meiner Handlungen, die &#x017F;ich auf ihn<lb/>
beziehen! Jch könnte mit eben &#x017F;o viel Grund glau-<lb/>
ben, daß ich ent&#x017F;tanden &#x017F;ey, ohne eine Ur&#x017F;ache<lb/>
meines Da&#x017F;eyns und We&#x017F;ens zu haben, als ich<lb/>
glauben könnte, daß ich nicht in der Ab&#x017F;icht er-<lb/>
&#x017F;chaffen &#x017F;ey, den, der die höch&#x017F;te Liebe, Dank-<lb/>
barkeit, Ergebenheit, Zuver&#x017F;icht und Unterwür-<lb/>
figkeit verdient, über alles zu lieben, ihn zu prei-<lb/>
&#x017F;en, &#x017F;eine mannichfaltigen Wohlthaten mit Dank<lb/>
zu empfangen, ihm mehr als allen andern We&#x017F;en<lb/>
zu vertrauen, und mich eines willigen Gehor&#x017F;ams<lb/>
gegen &#x017F;eine Befehle zu befleißigen, &#x017F;obald mir &#x017F;ein<lb/>
Wille entweder durch eine &#x017F;orgfältige Betrachtung<lb/>
&#x017F;einer Werke und ihrer Endzwecke, oder durch<lb/>
eine andre noch nähere Offenbarung bekannt<lb/>
wird.</p><lb/>
        <p>So erkenne ich denn mit völliger Ueberzeu-<lb/>
gung &#x017F;owohl aus der Be&#x017F;chaffenheit und Ein-<lb/>
richtung meiner ganzen Natur, als aus den or-<lb/>
dentlichen und gewöhnlichen Folgen meiner Hand-<lb/>
lungen, daß einige der&#x017F;elben gut, andre hingegen<lb/>&#x017F;e und verwerflich &#x017F;ind; daß ich nach der Ab-<lb/>
&#x017F;icht meines Urhebers nur zu jenen be&#x017F;timmt &#x017F;ey,<lb/>
die ich, zum Unter&#x017F;chiede von den verwerflichen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Tu-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0336] ſicht widme oder entziehe; er habe weder Wohl- gefallen noch Misfallen an der verſchiednen Be- ſchaffenheit meiner Handlungen, die ſich auf ihn beziehen! Jch könnte mit eben ſo viel Grund glau- ben, daß ich entſtanden ſey, ohne eine Urſache meines Daſeyns und Weſens zu haben, als ich glauben könnte, daß ich nicht in der Abſicht er- ſchaffen ſey, den, der die höchſte Liebe, Dank- barkeit, Ergebenheit, Zuverſicht und Unterwür- figkeit verdient, über alles zu lieben, ihn zu prei- ſen, ſeine mannichfaltigen Wohlthaten mit Dank zu empfangen, ihm mehr als allen andern Weſen zu vertrauen, und mich eines willigen Gehorſams gegen ſeine Befehle zu befleißigen, ſobald mir ſein Wille entweder durch eine ſorgfältige Betrachtung ſeiner Werke und ihrer Endzwecke, oder durch eine andre noch nähere Offenbarung bekannt wird. So erkenne ich denn mit völliger Ueberzeu- gung ſowohl aus der Beſchaffenheit und Ein- richtung meiner ganzen Natur, als aus den or- dentlichen und gewöhnlichen Folgen meiner Hand- lungen, daß einige derſelben gut, andre hingegen böſe und verwerflich ſind; daß ich nach der Ab- ſicht meines Urhebers nur zu jenen beſtimmt ſey, die ich, zum Unterſchiede von den verwerflichen, Tu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/336
Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/336>, abgerufen am 26.06.2024.