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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

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sen Lauf haben; du setzest einem jeden Lande
seine gewisse Grenze; Sommer und Winter ma-
chest du. Jn deiner Hand ist die Seele alles
deß, das lebet, und der Geist alles Fleisches.
Deine Hände haben mich gearbeitet und ge-
macht alles, was ich um und um bin! Du
hast mich aus Leimen gemacht; du hast mir
Haut und Fleisch angezogen; mit Beinen und
Adern hast du mich zusammen gefüget; ich lebe
durch dich und dein Aufsehen bewahret meinen
Odem. Jch danke dir, daß ich wunderbar ge-
macht bin; wunderbar sind deine Werke; das er-
kennet meine Seele wohl. Es waren dir mei-
ne Gebeine nicht verholen, da ich im Verbor-
genen gemacht war; deine Augen sahen mich,
da ich noch unbereitet war; alle Tage waren
auf dein Buch geschrieben, die noch werden soll-
ten, und derselben keiner da war. O wie
köstlich sind vor mir, Gott deine Gedanken!
Wie ist ihrer eine so große Summe! Wer
kann sie alle zählen! Wer kann sie alle begreifen?
Wer kann alle deine Werke loben!

Je länger ich über dich nachdenke, desto
mehr verliere ich mich in der Bewunderung dei-
ner Unendlichkeit. Welche Unermeßlichkeit
kann dein Wesen umfassen? Welche Zeiten sind

fä-



ſen Lauf haben; du ſetzeſt einem jeden Lande
ſeine gewiſſe Grenze; Sommer und Winter ma-
cheſt du. Jn deiner Hand iſt die Seele alles
deß, das lebet, und der Geiſt alles Fleiſches.
Deine Hände haben mich gearbeitet und ge-
macht alles, was ich um und um bin! Du
haſt mich aus Leimen gemacht; du haſt mir
Haut und Fleiſch angezogen; mit Beinen und
Adern haſt du mich zuſammen gefüget; ich lebe
durch dich und dein Aufſehen bewahret meinen
Odem. Jch danke dir, daß ich wunderbar ge-
macht bin; wunderbar ſind deine Werke; das er-
kennet meine Seele wohl. Es waren dir mei-
ne Gebeine nicht verholen, da ich im Verbor-
genen gemacht war; deine Augen ſahen mich,
da ich noch unbereitet war; alle Tage waren
auf dein Buch geſchrieben, die noch werden ſoll-
ten, und derſelben keiner da war. O wie
köſtlich ſind vor mir, Gott deine Gedanken!
Wie iſt ihrer eine ſo große Summe! Wer
kann ſie alle zählen! Wer kann ſie alle begreifen?
Wer kann alle deine Werke loben!

Je länger ich über dich nachdenke, deſto
mehr verliere ich mich in der Bewunderung dei-
ner Unendlichkeit. Welche Unermeßlichkeit
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[6/0020] ſen Lauf haben; du ſetzeſt einem jeden Lande ſeine gewiſſe Grenze; Sommer und Winter ma- cheſt du. Jn deiner Hand iſt die Seele alles deß, das lebet, und der Geiſt alles Fleiſches. Deine Hände haben mich gearbeitet und ge- macht alles, was ich um und um bin! Du haſt mich aus Leimen gemacht; du haſt mir Haut und Fleiſch angezogen; mit Beinen und Adern haſt du mich zuſammen gefüget; ich lebe durch dich und dein Aufſehen bewahret meinen Odem. Jch danke dir, daß ich wunderbar ge- macht bin; wunderbar ſind deine Werke; das er- kennet meine Seele wohl. Es waren dir mei- ne Gebeine nicht verholen, da ich im Verbor- genen gemacht war; deine Augen ſahen mich, da ich noch unbereitet war; alle Tage waren auf dein Buch geſchrieben, die noch werden ſoll- ten, und derſelben keiner da war. O wie köſtlich ſind vor mir, Gott deine Gedanken! Wie iſt ihrer eine ſo große Summe! Wer kann ſie alle zählen! Wer kann ſie alle begreifen? Wer kann alle deine Werke loben! Je länger ich über dich nachdenke, deſto mehr verliere ich mich in der Bewunderung dei- ner Unendlichkeit. Welche Unermeßlichkeit kann dein Weſen umfaſſen? Welche Zeiten ſind fä-

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Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/20>, abgerufen am 24.05.2024.