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Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.

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Frauenl Frauenz
heisset: von Lohenstein in Annotat. ad
Ibraim Sultan. Act. 2. v.
93. Und
die wilden Scythen hielten auch vor
unflätig den blossen Namen Weib
auszusprechen. Von Lohenstein
in Armin. P. I. Lib. 3. p. 307.

Frauenlob,

Heinrich; war ein Thumherr
zu Mayntz, der von dem Frauen-
zimmer solche Ehre genossen, der-
gleichen keiner weiter zu hoffen hat.
Denn weil er als ein guter teut-
scher Poete viel Lieder und Gedich-
te diesem schönen Geschlechte zu Eh-
ren aufgesetzet, und A. 1317. sturb,
auch am Tage St. Andreas sein
Begräbniß angestellet ward, ver-
sammlete sich das vornehmste Frau-
enzimmer aus Danckbarkeit gegen
ihn, in seinem Hause, trugen seinen
Leichnam auf ihren zarten Schul-
tern nach der Thumkirche zu, all-
wo sie selbigen in einen Creutzgange
selbst beerdigten: als auch die Gruft
von ihnen wieder zugefüllet war,
besprengten sie das Grab so häuffig
mit Weine, daß derselbe durch den
Creutzgang strömete, und die gan-
tze Kirche mit dessen Geruch erfül-
let ward. Uberdieß betraureten
sie diesen ihren liebgewesenen Pane-
gyristen
ein gantzes halbes Jahr,
sonder Anhörung einiger Music und
mit Einstellung alles Tantzens: ja
ihre Hochzeiten wurden biß nach
verflossener Trauer verschoben.

Frauenzimmer,

Heisset überhaupt dasjenige
schöne und edle Geschlechte, so dem
Männlichen entgegen gesetzet wird.
Ihr Humeur, Geist, Eigenschaft,
Inclination und Wesen scheinet
[Spaltenumbruch]

Frauenzimmer
nach ieder Landes-Art und Be-
schaffenheit von einander unter-
schieden zu seyn. Das Portugi-
sische
Frauenzimmer wird von
denen Scribenten vor das schön-
ste in gantz Europa, darbey aber
auch vor hochmüthig, eyfersüchtig
und argwöhnisch ausgegeben. Das
Spanische soll nicht von son-
derbahrer Schönheit, wohl aber
träg und nachläßig seyn: es schläf-
fet gerne lange, lässet sich am Tage
sehr selten sehen, gehet es aber aus,
so verdecket es sich das Haupt;
schmincket, sich sehr starck, ist sehr
verliebt, hat insgemein garstige
und übelriechende Zähne, weswe-
gen es sich auch starck zu parfumiren
pfleget: zum Kleidern liebet es die
schwartze Farbe, führet eine a parte
Tracht; als einen sehr weiten und
ausgesperten Unterrock, ein kurtzes
Oberwammst mit Flügeln, einen
Kragen und kleines Hütlein. Die
Spendagen sind ihnen ange nehm.
Wenn sie ihren Courtisanen eine
Affection erweisen wollen, zeigen sie
selbigen ihre Füsse, wormit sie gar
spröde thun, weil sie hierinnen vor
allen andern Nationen etwas be-
sonders haben, angesehen selbige
nette, schmal und sehr delicat sollen
gewachsen seyn. Ohne Erlaubnüß
hoher Damen in Spanien Füsse zu
sehen, halten sie vor capital; anbey
sind sie von mittelmäßiger Taille,
doch sehr schlanck. Das Fran-
tzösische
Frauenzimmer hingegen ist
lustig, beredt, neugierig, verän-
derlich in Moden, listig, verliebt,
doch leichtsinnig, frey, doch sonder
Verletzung der Erbarkeit, es liebet
keine Röthe im Gesichte, sondern
hält blaß seyn vor eine sonderbah-

re

[Spaltenumbruch]

Frauenl Frauenz
heiſſet: von Lohenſtein in Annotat. ad
Ibraim Sultan. Act. 2. v.
93. Und
die wilden Scythen hielten auch vor
unflaͤtig den bloſſen Namen Weib
auszuſprechen. Von Lohenſtein
in Armin. P. I. Lib. 3. p. 307.

Frauenlob,

Heinrich; war ein Thumherr
zu Mayntz, der von dem Frauen-
zimmer ſolche Ehre genoſſen, der-
gleichen keiner weiter zu hoffen hat.
Denn weil er als ein guter teut-
ſcher Poete viel Lieder und Gedich-
te dieſem ſchoͤnen Geſchlechte zu Eh-
ren aufgeſetzet, und A. 1317. ſturb,
auch am Tage St. Andreas ſein
Begraͤbniß angeſtellet ward, ver-
ſammlete ſich das voꝛnehmſte Frau-
enzimmer aus Danckbarkeit gegen
ihn, in ſeinem Hauſe, trugen ſeinen
Leichnam auf ihren zarten Schul-
tern nach der Thumkirche zu, all-
wo ſie ſelbigen in einen Creutzgange
ſelbſt beerdigten: als auch die Gruft
von ihnen wieder zugefuͤllet war,
beſprengten ſie das Grab ſo haͤuffig
mit Weine, daß derſelbe durch den
Creutzgang ſtroͤmete, und die gan-
tze Kirche mit deſſen Geruch erfuͤl-
let ward. Uberdieß betraureten
ſie dieſen ihren liebgeweſenen Pane-
gyriſten
ein gantzes halbes Jahr,
ſonder Anhoͤrung einiger Muſic und
mit Einſtellung alles Tantzens: ja
ihre Hochzeiten wurden biß nach
verfloſſener Trauer verſchoben.

Frauenzimmer,

Heiſſet uͤberhaupt dasjenige
ſchoͤne und edle Geſchlechte, ſo dem
Maͤñlichen entgegen geſetzet wird.
Ihr Humeur, Geiſt, Eigenſchaft,
Inclination und Weſen ſcheinet
[Spaltenumbruch]

Frauenzimmer
nach ieder Landes-Art und Be-
ſchaffenheit von einander unter-
ſchieden zu ſeyn. Das Portugi-
ſiſche
Frauenzimmer wird von
denen Scribenten vor das ſchoͤn-
ſte in gantz Europa, darbey aber
auch vor hochmuͤthig, eyferſuͤchtig
und argwoͤhniſch ausgegeben. Das
Spaniſche ſoll nicht von ſon-
derbahrer Schoͤnheit, wohl aber
traͤg und nachlaͤßig ſeyn: es ſchlaͤf-
fet gerne lange, laͤſſet ſich am Tage
ſehr ſelten ſehen, gehet es aber aus,
ſo verdecket es ſich das Haupt;
ſchmincket, ſich ſehr ſtarck, iſt ſehr
verliebt, hat insgemein garſtige
und uͤbelriechende Zaͤhne, weswe-
gen es ſich auch ſtaꝛck zu parfumiren
pfleget: zum Kleidern liebet es die
ſchwartze Farbe, fuͤhret eine a parte
Tracht; als einen ſehr weiten und
ausgeſperten Unterrock, ein kurtzes
Oberwammſt mit Fluͤgeln, einen
Kragen und kleines Huͤtlein. Die
Spendagen ſind ihnen ange nehm.
Wenn ſie ihren Courtiſanen eine
Affection erweiſen wollen, zeigen ſie
ſelbigen ihre Fuͤſſe, wormit ſie gar
ſproͤde thun, weil ſie hierinnen vor
allen andern Nationen etwas be-
ſonders haben, angeſehen ſelbige
nette, ſchmal und ſehr delicat ſollen
gewachſen ſeyn. Ohne Erlaubnuͤß
hoher Damen in Spanien Fuͤſſe zu
ſehen, halten ſie vor capital; anbey
ſind ſie von mittelmaͤßiger Taille,
doch ſehr ſchlanck. Das Fran-
tzoͤſiſche
Frauenzim̃er hingegen iſt
luſtig, beredt, neugierig, veraͤn-
derlich in Moden, liſtig, verliebt,
doch leichtſinnig, frey, doch ſonder
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[0309] Frauenl Frauenz Frauenzimmer heiſſet: von Lohenſtein in Annotat. ad Ibraim Sultan. Act. 2. v. 93. Und die wilden Scythen hielten auch vor unflaͤtig den bloſſen Namen Weib auszuſprechen. Von Lohenſtein in Armin. P. I. Lib. 3. p. 307. Frauenlob, Heinrich; war ein Thumherr zu Mayntz, der von dem Frauen- zimmer ſolche Ehre genoſſen, der- gleichen keiner weiter zu hoffen hat. Denn weil er als ein guter teut- ſcher Poete viel Lieder und Gedich- te dieſem ſchoͤnen Geſchlechte zu Eh- ren aufgeſetzet, und A. 1317. ſturb, auch am Tage St. Andreas ſein Begraͤbniß angeſtellet ward, ver- ſammlete ſich das voꝛnehmſte Frau- enzimmer aus Danckbarkeit gegen ihn, in ſeinem Hauſe, trugen ſeinen Leichnam auf ihren zarten Schul- tern nach der Thumkirche zu, all- wo ſie ſelbigen in einen Creutzgange ſelbſt beerdigten: als auch die Gruft von ihnen wieder zugefuͤllet war, beſprengten ſie das Grab ſo haͤuffig mit Weine, daß derſelbe durch den Creutzgang ſtroͤmete, und die gan- tze Kirche mit deſſen Geruch erfuͤl- let ward. Uberdieß betraureten ſie dieſen ihren liebgeweſenen Pane- gyriſten ein gantzes halbes Jahr, ſonder Anhoͤrung einiger Muſic und mit Einſtellung alles Tantzens: ja ihre Hochzeiten wurden biß nach verfloſſener Trauer verſchoben. Frauenzimmer, Heiſſet uͤberhaupt dasjenige ſchoͤne und edle Geſchlechte, ſo dem Maͤñlichen entgegen geſetzet wird. Ihr Humeur, Geiſt, Eigenſchaft, Inclination und Weſen ſcheinet nach ieder Landes-Art und Be- ſchaffenheit von einander unter- ſchieden zu ſeyn. Das Portugi- ſiſche Frauenzimmer wird von denen Scribenten vor das ſchoͤn- ſte in gantz Europa, darbey aber auch vor hochmuͤthig, eyferſuͤchtig und argwoͤhniſch ausgegeben. Das Spaniſche ſoll nicht von ſon- derbahrer Schoͤnheit, wohl aber traͤg und nachlaͤßig ſeyn: es ſchlaͤf- fet gerne lange, laͤſſet ſich am Tage ſehr ſelten ſehen, gehet es aber aus, ſo verdecket es ſich das Haupt; ſchmincket, ſich ſehr ſtarck, iſt ſehr verliebt, hat insgemein garſtige und uͤbelriechende Zaͤhne, weswe- gen es ſich auch ſtaꝛck zu parfumiren pfleget: zum Kleidern liebet es die ſchwartze Farbe, fuͤhret eine a parte Tracht; als einen ſehr weiten und ausgeſperten Unterrock, ein kurtzes Oberwammſt mit Fluͤgeln, einen Kragen und kleines Huͤtlein. Die Spendagen ſind ihnen ange nehm. Wenn ſie ihren Courtiſanen eine Affection erweiſen wollen, zeigen ſie ſelbigen ihre Fuͤſſe, wormit ſie gar ſproͤde thun, weil ſie hierinnen vor allen andern Nationen etwas be- ſonders haben, angeſehen ſelbige nette, ſchmal und ſehr delicat ſollen gewachſen ſeyn. Ohne Erlaubnuͤß hoher Damen in Spanien Fuͤſſe zu ſehen, halten ſie vor capital; anbey ſind ſie von mittelmaͤßiger Taille, doch ſehr ſchlanck. Das Fran- tzoͤſiſche Frauenzim̃er hingegen iſt luſtig, beredt, neugierig, veraͤn- derlich in Moden, liſtig, verliebt, doch leichtſinnig, frey, doch ſonder Verletzung der Erbarkeit, es liebet keine Roͤthe im Geſichte, ſondern haͤlt blaß ſeyn vor eine ſonderbah- re

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Zitationshilfe: Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/corvinus_frauenzimmer_1715/309>, abgerufen am 25.11.2024.