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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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liebes Fräulein --?" fragte Frau Lange Hedwig,
mit scharfer Betonung des "noch" --

"Wenn Sie gestatten --"

Die Damen verabschiedeten sich. Oettinger küßte
hingerissen Lydias Hand. Dann wandte sich Frau
Lange zu Adam .. und ohne ihm die Hand zu reichen,
meinte sie leichthin, gleichgültig: "--Also, vergessen
Sie unsere Verabredung nicht, Herr Doctor --!
Kommen Sie in den nächsten Tagen einmal zu einer
Tasse Thee -- -- wie wäre es, wenn Sie mir
schon etwas .. Fertiges mitbrächten -- -- vielleicht
-- vielleicht eine Art von -- -- von ... nun! --
vielleicht ein modernes ... "hohes Lied" oder etwas
Aehnliches -- ja? -- -- Aber, pardon! -- ich
vergaß ganz -- Sie baten sich ja das neue Testa-
ment aus -- nun! -- ich überlasse Ihnen die Aus-
wahl -- es wäre zu nett, könnten wir 'gleich
mit einem kleinen fait accompli an die Arbeit
gehen --"

Lydia hatte die Worte langsam, zögernd heraus-
gestoßen, als fiele es ihr schwer, sie zu sprechen --
und doch zugleich in einem Tone, mit einem Accente,
der deutlich verrieth, daß sie ärgern, spotten, sich
rächen, aber auch stimulieren wollte.

Adam verneigte sich stumm. Er behielt Hedwig
im Auge, er verfolgte jede ihrer Bewegungen.
Diese verabschiedete sich mit einem oberflächlichen
Gruße von ihm. Sie hatte den Kopf zurückgeworfen
und sah sehr hochmüthig aus.

Frau Möbius zog sich bald zurück.

liebes Fräulein —?“ fragte Frau Lange Hedwig,
mit ſcharfer Betonung des „noch“ —

„Wenn Sie geſtatten —“

Die Damen verabſchiedeten ſich. Oettinger küßte
hingeriſſen Lydias Hand. Dann wandte ſich Frau
Lange zu Adam .. und ohne ihm die Hand zu reichen,
meinte ſie leichthin, gleichgültig: „—Alſo, vergeſſen
Sie unſere Verabredung nicht, Herr Doctor —!
Kommen Sie in den nächſten Tagen einmal zu einer
Taſſe Thee — — wie wäre es, wenn Sie mir
ſchon etwas .. Fertiges mitbrächten — — vielleicht
— vielleicht eine Art von — — von ... nun! —
vielleicht ein modernes ... „hohes Lied“ oder etwas
Aehnliches — ja? — — Aber, pardon! — ich
vergaß ganz — Sie baten ſich ja das neue Teſta-
ment aus — nun! — ich überlaſſe Ihnen die Aus-
wahl — es wäre zu nett, könnten wir 'gleich
mit einem kleinen fait accompli an die Arbeit
gehen —“

Lydia hatte die Worte langſam, zögernd heraus-
geſtoßen, als fiele es ihr ſchwer, ſie zu ſprechen —
und doch zugleich in einem Tone, mit einem Accente,
der deutlich verrieth, daß ſie ärgern, ſpotten, ſich
rächen, aber auch ſtimulieren wollte.

Adam verneigte ſich ſtumm. Er behielt Hedwig
im Auge, er verfolgte jede ihrer Bewegungen.
Dieſe verabſchiedete ſich mit einem oberflächlichen
Gruße von ihm. Sie hatte den Kopf zurückgeworfen
und ſah ſehr hochmüthig aus.

Frau Möbius zog ſich bald zurück.

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[79/0087] liebes Fräulein —?“ fragte Frau Lange Hedwig, mit ſcharfer Betonung des „noch“ — „Wenn Sie geſtatten —“ Die Damen verabſchiedeten ſich. Oettinger küßte hingeriſſen Lydias Hand. Dann wandte ſich Frau Lange zu Adam .. und ohne ihm die Hand zu reichen, meinte ſie leichthin, gleichgültig: „—Alſo, vergeſſen Sie unſere Verabredung nicht, Herr Doctor —! Kommen Sie in den nächſten Tagen einmal zu einer Taſſe Thee — — wie wäre es, wenn Sie mir ſchon etwas .. Fertiges mitbrächten — — vielleicht — vielleicht eine Art von — — von ... nun! — vielleicht ein modernes ... „hohes Lied“ oder etwas Aehnliches — ja? — — Aber, pardon! — ich vergaß ganz — Sie baten ſich ja das neue Teſta- ment aus — nun! — ich überlaſſe Ihnen die Aus- wahl — es wäre zu nett, könnten wir 'gleich mit einem kleinen fait accompli an die Arbeit gehen —“ Lydia hatte die Worte langſam, zögernd heraus- geſtoßen, als fiele es ihr ſchwer, ſie zu ſprechen — und doch zugleich in einem Tone, mit einem Accente, der deutlich verrieth, daß ſie ärgern, ſpotten, ſich rächen, aber auch ſtimulieren wollte. Adam verneigte ſich ſtumm. Er behielt Hedwig im Auge, er verfolgte jede ihrer Bewegungen. Dieſe verabſchiedete ſich mit einem oberflächlichen Gruße von ihm. Sie hatte den Kopf zurückgeworfen und ſah ſehr hochmüthig aus. Frau Möbius zog ſich bald zurück.

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/87>, abgerufen am 27.04.2024.