als Hedwig plötzlich mit einem jähen, krampfhaften Sprunge in die Höhe fuhr, auf Adam losstürzte und aufkreischte: "-- was hast Du da gesagt --? Sag's noch 'nmal! Mein Gott! Bin ich denn verrückt --? Bin ich denn wahnsinnig --?" Und dann ein heiserer, erschütternder Nothschrei, der be- wies, daß sie den Zusammenhang so ziemlich er- rieth --: "Adam --!"
Der wich einen Schritt zurück, "Hedwig --!" stotterte er, Emmy sprang hinzu, faßte die Tau- melnde und versuchte, sie wieder auf den Sessel hin- abzuziehen.
Aber es war, als ob plötzlich eine fremde Kraft über das arme, unglückliche, in seinem tiefsten Elende aufschreiende Weib gekommen wäre: es schleuderte Emmy bei Seite, klammerte sich mit seinen dünnen, mageren Fingern am linken Arme Adams fest und kreischte ihm entgegen: "Ah! Ich weiß -- ich weiß -- Canaille! Ich verstehe Dich, Du Schuft! Loskaufen hast Du Dich wollen -- hast mir mein Sündengeld hinschmeißen wollen, weil Dir eine andere besser gefällt -- weil Du mich satt hattest -- weil -- weil -- -- o Gott! Und Alles habe ich Dir gegeben -- habe Dir geglaubt -- und nun behandelst Du mich wie -- wie -- -- nun giebst Du mir 'n Fußtritt -- was hab' ich Dir gethan, daß Du mich so wegwirfst -- so zertrittst --? -- Meinen Vater hast Du ermordet, meinen armen, alten, unglücklichen Vater -- nichts war Dir heilig -- nichts -- nichts -- Alles hast Du mit Füßen
als Hedwig plötzlich mit einem jähen, krampfhaften Sprunge in die Höhe fuhr, auf Adam losſtürzte und aufkreiſchte: „— was haſt Du da geſagt —? Sag's noch 'nmal! Mein Gott! Bin ich denn verrückt —? Bin ich denn wahnſinnig —?“ Und dann ein heiſerer, erſchütternder Nothſchrei, der be- wies, daß ſie den Zuſammenhang ſo ziemlich er- rieth —: „Adam —!“
Der wich einen Schritt zurück, „Hedwig —!“ ſtotterte er, Emmy ſprang hinzu, faßte die Tau- melnde und verſuchte, ſie wieder auf den Seſſel hin- abzuziehen.
Aber es war, als ob plötzlich eine fremde Kraft über das arme, unglückliche, in ſeinem tiefſten Elende aufſchreiende Weib gekommen wäre: es ſchleuderte Emmy bei Seite, klammerte ſich mit ſeinen dünnen, mageren Fingern am linken Arme Adams feſt und kreiſchte ihm entgegen: „Ah! Ich weiß — ich weiß — Canaille! Ich verſtehe Dich, Du Schuft! Loskaufen haſt Du Dich wollen — haſt mir mein Sündengeld hinſchmeißen wollen, weil Dir eine andere beſſer gefällt — weil Du mich ſatt hatteſt — weil — weil — — o Gott! Und Alles habe ich Dir gegeben — habe Dir geglaubt — und nun behandelſt Du mich wie — wie — — nun giebſt Du mir 'n Fußtritt — was hab' ich Dir gethan, daß Du mich ſo wegwirfſt — ſo zertrittſt —? — Meinen Vater haſt Du ermordet, meinen armen, alten, unglücklichen Vater — nichts war Dir heilig — nichts — nichts — Alles haſt Du mit Füßen
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als Hedwig plötzlich mit einem jähen, krampfhaften
Sprunge in die Höhe fuhr, auf Adam losſtürzte
und aufkreiſchte: „— was haſt Du da geſagt —?
Sag's noch 'nmal! Mein Gott! Bin ich denn
verrückt —? Bin ich denn wahnſinnig —?“ Und
dann ein heiſerer, erſchütternder Nothſchrei, der be-
wies, daß ſie den Zuſammenhang ſo ziemlich er-
rieth —: „Adam —!“
Der wich einen Schritt zurück, „Hedwig —!“
ſtotterte er, Emmy ſprang hinzu, faßte die Tau-
melnde und verſuchte, ſie wieder auf den Seſſel hin-
abzuziehen.
Aber es war, als ob plötzlich eine fremde Kraft
über das arme, unglückliche, in ſeinem tiefſten Elende
aufſchreiende Weib gekommen wäre: es ſchleuderte
Emmy bei Seite, klammerte ſich mit ſeinen dünnen,
mageren Fingern am linken Arme Adams feſt
und kreiſchte ihm entgegen: „Ah! Ich weiß — ich
weiß — Canaille! Ich verſtehe Dich, Du Schuft!
Loskaufen haſt Du Dich wollen — haſt mir mein
Sündengeld hinſchmeißen wollen, weil Dir eine
andere beſſer gefällt — weil Du mich ſatt hatteſt
— weil — weil — — o Gott! Und Alles habe
ich Dir gegeben — habe Dir geglaubt — und nun
behandelſt Du mich wie — wie — — nun giebſt
Du mir 'n Fußtritt — was hab' ich Dir gethan,
daß Du mich ſo wegwirfſt — ſo zertrittſt —? —
Meinen Vater haſt Du ermordet, meinen armen,
alten, unglücklichen Vater — nichts war Dir heilig
— nichts — nichts — Alles haſt Du mit Füßen
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/444>, abgerufen am 23.11.2024.
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