Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

Bild:
<< vorherige Seite

-- na! wie heißt denn der Bengel --? -- also
na ja! -- Was? hä! das wäre famos gewesen! ...
Da mußt Du Dir aber andere Liebhaber aussuchen,
Zerlinchen! ... Ich bin zu gut für so 'ne ver-
fluchte Hurenbagage, wie Ihr alle zusammen -- --"

"Adam! Mein Gott! was ist Dir denn --?
Ist Dir was passirt --? Und was starrst Du
denn die Tapete so an? Mein Gott! Das ist ja
furchtbar -- Du bist ja -- -- Adam --!"

Emmy war aufgesprungen und stand jetzt zwischen
der einen Sophalehne und dem Tische. Sie war
blaß geworden, zitterte und mußte sich rechts und
links mit den Händen festhalten.

Aus der Tiefe des Zimmers schlich Adam auf
den Zehen der Wand zu. Der Leib war vorn-
übergebeugt, der Kopf zwischen die Schultern ge-
zogen, die ganze Gestalt trug die krampfhafte Ge-
spanntheit eines Irrsinnigen. Zufällig war sein
Blick vorhin auf die Tapete über dem Sopha ge-
fallen, war einen Moment dort haften geblieben.
Und da war die Erinnerung aufgezuckt und hatte
ihm den Gedanken zurückgebracht, der ihn auf seiner
Irrfahrt so müde gehetzt. Ha! das war's ja!
Das hatte er ja wissen wollen -- alles Andere --
die Furcht vor dem dunklen Etwas, das da oben
auf ihn lauerte, war ja nichts gewesen -- nichts --
nichts -- gar nichts -- gegenüber dieser fürchter-
lichen Neugier auf die Farbe seiner Tapete ...
Und nun hatte er die Tapete vor sich. Ha! Die Bestie
konnte ihm nun nicht mehr entschlüpfen, er würde

— na! wie heißt denn der Bengel —? — alſo
na ja! — Was? hä! das wäre famos geweſen! ...
Da mußt Du Dir aber andere Liebhaber ausſuchen,
Zerlinchen! ... Ich bin zu gut für ſo 'ne ver-
fluchte Hurenbagage, wie Ihr alle zuſammen — —“

„Adam! Mein Gott! was iſt Dir denn —?
Iſt Dir was paſſirt —? Und was ſtarrſt Du
denn die Tapete ſo an? Mein Gott! Das iſt ja
furchtbar — Du biſt ja — — Adam —!“

Emmy war aufgeſprungen und ſtand jetzt zwiſchen
der einen Sophalehne und dem Tiſche. Sie war
blaß geworden, zitterte und mußte ſich rechts und
links mit den Händen feſthalten.

Aus der Tiefe des Zimmers ſchlich Adam auf
den Zehen der Wand zu. Der Leib war vorn-
übergebeugt, der Kopf zwiſchen die Schultern ge-
zogen, die ganze Geſtalt trug die krampfhafte Ge-
ſpanntheit eines Irrſinnigen. Zufällig war ſein
Blick vorhin auf die Tapete über dem Sopha ge-
fallen, war einen Moment dort haften geblieben.
Und da war die Erinnerung aufgezuckt und hatte
ihm den Gedanken zurückgebracht, der ihn auf ſeiner
Irrfahrt ſo müde gehetzt. Ha! das war's ja!
Das hatte er ja wiſſen wollen — alles Andere —
die Furcht vor dem dunklen Etwas, das da oben
auf ihn lauerte, war ja nichts geweſen — nichts —
nichts — gar nichts — gegenüber dieſer fürchter-
lichen Neugier auf die Farbe ſeiner Tapete ...
Und nun hatte er die Tapete vor ſich. Ha! Die Beſtie
konnte ihm nun nicht mehr entſchlüpfen, er würde

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0429" n="421"/>
&#x2014; na! wie heißt denn der Bengel &#x2014;? &#x2014; al&#x017F;o<lb/>
na ja! &#x2014; Was? hä! das wäre famos gewe&#x017F;en! ...<lb/>
Da mußt Du Dir aber andere Liebhaber aus&#x017F;uchen,<lb/>
Zerlinchen! ... Ich bin zu gut für &#x017F;o 'ne ver-<lb/>
fluchte Hurenbagage, wie Ihr alle zu&#x017F;ammen &#x2014; &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Adam! Mein Gott! was i&#x017F;t Dir denn &#x2014;?<lb/>
I&#x017F;t Dir was pa&#x017F;&#x017F;irt &#x2014;? Und was &#x017F;tarr&#x017F;t Du<lb/>
denn die Tapete &#x017F;o an? Mein Gott! Das i&#x017F;t ja<lb/>
furchtbar &#x2014; Du bi&#x017F;t ja &#x2014; &#x2014; Adam &#x2014;!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Emmy war aufge&#x017F;prungen und &#x017F;tand jetzt zwi&#x017F;chen<lb/>
der einen Sophalehne und dem Ti&#x017F;che. Sie war<lb/>
blaß geworden, zitterte und mußte &#x017F;ich rechts und<lb/>
links mit den Händen fe&#x017F;thalten.</p><lb/>
        <p>Aus der Tiefe des Zimmers &#x017F;chlich Adam auf<lb/>
den Zehen der Wand zu. Der Leib war vorn-<lb/>
übergebeugt, der Kopf zwi&#x017F;chen die Schultern ge-<lb/>
zogen, die ganze Ge&#x017F;talt trug die krampfhafte Ge-<lb/>
&#x017F;panntheit eines Irr&#x017F;innigen. Zufällig war &#x017F;ein<lb/>
Blick vorhin auf die Tapete über dem Sopha ge-<lb/>
fallen, war einen Moment dort haften geblieben.<lb/>
Und da war die Erinnerung aufgezuckt und hatte<lb/>
ihm den Gedanken zurückgebracht, der ihn auf &#x017F;einer<lb/>
Irrfahrt &#x017F;o müde gehetzt. Ha! <hi rendition="#g">das</hi> war's ja!<lb/>
Das hatte er ja wi&#x017F;&#x017F;en wollen &#x2014; alles Andere &#x2014;<lb/>
die Furcht vor dem dunklen Etwas, das da oben<lb/>
auf ihn lauerte, war ja nichts gewe&#x017F;en &#x2014; nichts &#x2014;<lb/>
nichts &#x2014; gar nichts &#x2014; gegenüber die&#x017F;er fürchter-<lb/>
lichen Neugier auf die Farbe &#x017F;einer Tapete ...<lb/>
Und nun hatte er die Tapete vor &#x017F;ich. Ha! Die Be&#x017F;tie<lb/>
konnte ihm nun nicht mehr ent&#x017F;chlüpfen, er würde<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[421/0429] — na! wie heißt denn der Bengel —? — alſo na ja! — Was? hä! das wäre famos geweſen! ... Da mußt Du Dir aber andere Liebhaber ausſuchen, Zerlinchen! ... Ich bin zu gut für ſo 'ne ver- fluchte Hurenbagage, wie Ihr alle zuſammen — —“ „Adam! Mein Gott! was iſt Dir denn —? Iſt Dir was paſſirt —? Und was ſtarrſt Du denn die Tapete ſo an? Mein Gott! Das iſt ja furchtbar — Du biſt ja — — Adam —!“ Emmy war aufgeſprungen und ſtand jetzt zwiſchen der einen Sophalehne und dem Tiſche. Sie war blaß geworden, zitterte und mußte ſich rechts und links mit den Händen feſthalten. Aus der Tiefe des Zimmers ſchlich Adam auf den Zehen der Wand zu. Der Leib war vorn- übergebeugt, der Kopf zwiſchen die Schultern ge- zogen, die ganze Geſtalt trug die krampfhafte Ge- ſpanntheit eines Irrſinnigen. Zufällig war ſein Blick vorhin auf die Tapete über dem Sopha ge- fallen, war einen Moment dort haften geblieben. Und da war die Erinnerung aufgezuckt und hatte ihm den Gedanken zurückgebracht, der ihn auf ſeiner Irrfahrt ſo müde gehetzt. Ha! das war's ja! Das hatte er ja wiſſen wollen — alles Andere — die Furcht vor dem dunklen Etwas, das da oben auf ihn lauerte, war ja nichts geweſen — nichts — nichts — gar nichts — gegenüber dieſer fürchter- lichen Neugier auf die Farbe ſeiner Tapete ... Und nun hatte er die Tapete vor ſich. Ha! Die Beſtie konnte ihm nun nicht mehr entſchlüpfen, er würde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/429
Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/429>, abgerufen am 11.05.2024.