Das schmerzt auch. Noch ein anderer Grund kommt hinzu. Da ein Brief -- ich soll -- -- aber das verliert ja dann auch seine Berechtigung, wenn -- -- es ist ganz gut, Herr Doctor, daß Sie sich Hedwigs annehmen ... Sie mögen sehen, wie Sie beide zusammen mit dem Leben fertig werden ..."
Irmer brach ab. Er hatte die letzten Sätze mit fast ganz unverständlich gewordener Stimme gesprochen, nur noch mühsam aus sich heraussickern lassen. Adam hatte mit aller Macht aufmerken müssen, um seinen .. Schwiegervater auch nur einigermaßen zu verstehen. Er war nun doch so etwas wie erschüttert und ergriffen. Zugleich aber auch skandalös verstimmt. Hm! Hatte er denn nicht, allerdings nur ganz im Stillen gehofft, daß es zu einem regelrechten Kampfe um Hedwig zwischen diesem Manne da und ihm kommen würde? -- Und hatte er nicht die .. die teuflische Absicht gehabt, in diesem Kampfe -- freiwillig zu unterliegen? Ja! Gewiß! Diese Absicht wäre teuflisch gewesen und ruchlos -- warum auch nicht? -- wenn er sie verwirklicht hätte. Aber er hätte sich in seiner sehr gefährlichen Situation kaum anders helfen können. "Liebte" er denn Hedwig? War ihr Besitz denn eine "Lebensfrage" für ihn? Scheibenschießen! Und nun war von einer ehrlichen Auseinandersetzung keine Rede. Der Herr da verzichtete, er begnügte sich mit einer Reihe sentimentaler Lamentationen und wehmüthiger Betrach- tungen -- und Adam sah sich durch die Zusammen- knotung der Verhältnisse mit einem Male gezwungen, das Leben von einer Seite ernst zu nehmen, mit
Das ſchmerzt auch. Noch ein anderer Grund kommt hinzu. Da ein Brief — ich ſoll — — aber das verliert ja dann auch ſeine Berechtigung, wenn — — es iſt ganz gut, Herr Doctor, daß Sie ſich Hedwigs annehmen ... Sie mögen ſehen, wie Sie beide zuſammen mit dem Leben fertig werden ...“
Irmer brach ab. Er hatte die letzten Sätze mit faſt ganz unverſtändlich gewordener Stimme geſprochen, nur noch mühſam aus ſich herausſickern laſſen. Adam hatte mit aller Macht aufmerken müſſen, um ſeinen .. Schwiegervater auch nur einigermaßen zu verſtehen. Er war nun doch ſo etwas wie erſchüttert und ergriffen. Zugleich aber auch ſkandalös verſtimmt. Hm! Hatte er denn nicht, allerdings nur ganz im Stillen gehofft, daß es zu einem regelrechten Kampfe um Hedwig zwiſchen dieſem Manne da und ihm kommen würde? — Und hatte er nicht die .. die teufliſche Abſicht gehabt, in dieſem Kampfe — freiwillig zu unterliegen? Ja! Gewiß! Dieſe Abſicht wäre teufliſch geweſen und ruchlos — warum auch nicht? — wenn er ſie verwirklicht hätte. Aber er hätte ſich in ſeiner ſehr gefährlichen Situation kaum anders helfen können. „Liebte“ er denn Hedwig? War ihr Beſitz denn eine „Lebensfrage“ für ihn? Scheibenſchießen! Und nun war von einer ehrlichen Auseinanderſetzung keine Rede. Der Herr da verzichtete, er begnügte ſich mit einer Reihe ſentimentaler Lamentationen und wehmüthiger Betrach- tungen — und Adam ſah ſich durch die Zuſammen- knotung der Verhältniſſe mit einem Male gezwungen, das Leben von einer Seite ernſt zu nehmen, mit
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Das ſchmerzt auch. Noch ein anderer Grund kommt
hinzu. Da ein Brief — ich ſoll — — aber das
verliert ja dann auch ſeine Berechtigung, wenn — —
es iſt ganz gut, Herr Doctor, daß Sie ſich Hedwigs
annehmen ... Sie mögen ſehen, wie Sie beide
zuſammen mit dem Leben fertig werden ...“
Irmer brach ab. Er hatte die letzten Sätze mit faſt
ganz unverſtändlich gewordener Stimme geſprochen,
nur noch mühſam aus ſich herausſickern laſſen. Adam
hatte mit aller Macht aufmerken müſſen, um ſeinen ..
Schwiegervater auch nur einigermaßen zu verſtehen.
Er war nun doch ſo etwas wie erſchüttert und ergriffen.
Zugleich aber auch ſkandalös verſtimmt. Hm! Hatte
er denn nicht, allerdings nur ganz im Stillen
gehofft, daß es zu einem regelrechten Kampfe um
Hedwig zwiſchen dieſem Manne da und ihm kommen
würde? — Und hatte er nicht die .. die teufliſche
Abſicht gehabt, in dieſem Kampfe — freiwillig zu
unterliegen? Ja! Gewiß! Dieſe Abſicht wäre teufliſch
geweſen und ruchlos — warum auch nicht? — wenn er
ſie verwirklicht hätte. Aber er hätte ſich in ſeiner ſehr
gefährlichen Situation kaum anders helfen können.
„Liebte“ er denn Hedwig? War ihr Beſitz denn eine
„Lebensfrage“ für ihn? Scheibenſchießen! Und nun
war von einer ehrlichen Auseinanderſetzung keine Rede.
Der Herr da verzichtete, er begnügte ſich mit einer Reihe
ſentimentaler Lamentationen und wehmüthiger Betrach-
tungen — und Adam ſah ſich durch die Zuſammen-
knotung der Verhältniſſe mit einem Male gezwungen,
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/343>, abgerufen am 22.11.2024.
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