Jaquet auf, zog es ihr aus und zupfte und nestelte an den engansitzenden Handschuhen herum, bis er zuerst den einen, dann den ander'n entfernt hatte. Hedwig ließ Alles ruhig mit sich geschehen. Sie war sehr blaß, die Lippen hatte sie fest zusammen- gepreßt, die Augen waren über die Hälfte von den Lidern belegt. Adam hing ihr Jaquet an seinem Kleider- halter auf. Diese Apathie verdroß ihn. Er hatte nun sein kleines Weib im Fangeisen -- aber die Geschichte kam so gar nicht in Fluß .. schien im Gegentheil pyramidal langweilig und langwierig werden zu wollen.
Hedwig kauerte sich auf ein Streifchen Sopha- rand hin. Adam zwang sich zu einem helleren, an- regendem Tone.
"Bitte, Hedwig, sei nicht so stumm und zurück- haltend! Nicht so furchtbar starr und bewegungslos! Du bist doch die Herrin hier! Siehe! Dein Ritter und Knecht wird es sich auf dieser schreiend rothen Damast- causeuse bequem machen! Aber Dir, seiner Königin, hat er ein fürstliches Lager aufgeschlagen! Komm und staune! ."
Adam theilte die Portiere auseinander und er- wartete, daß Hedwig zu ihm hin und mit ihm in sein Schlafcabinet treten würde. Aber die Dame rührte sich noch immer nicht. Unwillig ließ Adam die Vorhangfalten fahren. Er setzte sich neben Hed- wig auf das Sopha, zog sie ein Wenig tiefer auf den Sitz zurück, legte seinen linken Arm um ihre Hüfte und bog sanften Nachdrucks mit der rechten Hand ihr Gesicht zu sich heran.
Jaquet auf, zog es ihr aus und zupfte und neſtelte an den enganſitzenden Handſchuhen herum, bis er zuerſt den einen, dann den ander'n entfernt hatte. Hedwig ließ Alles ruhig mit ſich geſchehen. Sie war ſehr blaß, die Lippen hatte ſie feſt zuſammen- gepreßt, die Augen waren über die Hälfte von den Lidern belegt. Adam hing ihr Jaquet an ſeinem Kleider- halter auf. Dieſe Apathie verdroß ihn. Er hatte nun ſein kleines Weib im Fangeiſen — aber die Geſchichte kam ſo gar nicht in Fluß .. ſchien im Gegentheil pyramidal langweilig und langwierig werden zu wollen.
Hedwig kauerte ſich auf ein Streifchen Sopha- rand hin. Adam zwang ſich zu einem helleren, an- regendem Tone.
„Bitte, Hedwig, ſei nicht ſo ſtumm und zurück- haltend! Nicht ſo furchtbar ſtarr und bewegungslos! Du biſt doch die Herrin hier! Siehe! Dein Ritter und Knecht wird es ſich auf dieſer ſchreiend rothen Damaſt- cauſeuſe bequem machen! Aber Dir, ſeiner Königin, hat er ein fürſtliches Lager aufgeſchlagen! Komm und ſtaune! .“
Adam theilte die Portière auseinander und er- wartete, daß Hedwig zu ihm hin und mit ihm in ſein Schlafcabinet treten würde. Aber die Dame rührte ſich noch immer nicht. Unwillig ließ Adam die Vorhangfalten fahren. Er ſetzte ſich neben Hed- wig auf das Sopha, zog ſie ein Wenig tiefer auf den Sitz zurück, legte ſeinen linken Arm um ihre Hüfte und bog ſanften Nachdrucks mit der rechten Hand ihr Geſicht zu ſich heran.
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Jaquet auf, zog es ihr aus und zupfte und neſtelte
an den enganſitzenden Handſchuhen herum, bis er
zuerſt den einen, dann den ander'n entfernt hatte.
Hedwig ließ Alles ruhig mit ſich geſchehen. Sie
war ſehr blaß, die Lippen hatte ſie feſt zuſammen-
gepreßt, die Augen waren über die Hälfte von den
Lidern belegt. Adam hing ihr Jaquet an ſeinem Kleider-
halter auf. Dieſe Apathie verdroß ihn. Er hatte nun
ſein kleines Weib im Fangeiſen — aber die Geſchichte
kam ſo gar nicht in Fluß .. ſchien im Gegentheil
pyramidal langweilig und langwierig werden zu wollen.
Hedwig kauerte ſich auf ein Streifchen Sopha-
rand hin. Adam zwang ſich zu einem helleren, an-
regendem Tone.
„Bitte, Hedwig, ſei nicht ſo ſtumm und zurück-
haltend! Nicht ſo furchtbar ſtarr und bewegungslos!
Du biſt doch die Herrin hier! Siehe! Dein Ritter und
Knecht wird es ſich auf dieſer ſchreiend rothen Damaſt-
cauſeuſe bequem machen! Aber Dir, ſeiner Königin,
hat er ein fürſtliches Lager aufgeſchlagen! Komm
und ſtaune! .“
Adam theilte die Portière auseinander und er-
wartete, daß Hedwig zu ihm hin und mit ihm in
ſein Schlafcabinet treten würde. Aber die Dame
rührte ſich noch immer nicht. Unwillig ließ Adam
die Vorhangfalten fahren. Er ſetzte ſich neben Hed-
wig auf das Sopha, zog ſie ein Wenig tiefer auf
den Sitz zurück, legte ſeinen linken Arm um ihre
Hüfte und bog ſanften Nachdrucks mit der rechten
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/304>, abgerufen am 22.11.2024.
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