Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

Bild:
<< vorherige Seite

Bedürfnißorgan für alles Weibliche -- aber schließlich
wird jedes sotane Weibliche doch blutig langweilig ...

"Na -- wie denken das gnädige Fräulein --?"

"Adam --!"

"Wir wollen nicht wieder in krampfhafte Dialoge
verfallen, Hedwig! Das ist auch so'n weltläufiger
Irrthum, als ob man mit Gesprächen und Verhand-
lungen irgend Etwas ausrichtete! Wir monologisiren
ja Alle nur -- reflektiren über unsere höchst eigen-
hirnigen Triebe, Neigungen, Kräfte, Tendenzen --
und so weiter. Das versteht sich Alles ganz von
selber. Oder auch nicht. Das ist aber ganz Dasselbe.
Widersprüche giebts nämlich gar nicht. Im Grunde
durchaus nicht. Bloß auf der Oberfläche. Die
Oberflächen drängen, stoßen, reiben, balgen sich.
Das nennen wir denn begriffenes Leben. Das
wesentliche Leben ist natürlich das Unbegreiflich-Un-
begriffene. Das sind nämlich die verdammten Dinger
an sich. Daraus folgt, mein Lieb, daß es nämlich
ganz schnuppe ist, ob Du hier stehen bleibst, oder
ob Du mitgehst -- ob Du nach Hause fürbaß
wandelst oder bei mir campirst, meine reizende
Kameradin -- ob Du -- -- na! ich will nur
ruhig sein -- ich hätte nämlich beinahe wieder 'mal
'was Knalliges losgelassen ... Gott verdamm mich!
-- bin ich zusammengehauen von den Strapazen
des Abends und dieser glorreichen Nacht! Ja!
Ja! --:

,So'n klenet bisken Liebe --
Ach! det macht viel Pläsir --

Bedürfnißorgan für alles Weibliche — aber ſchließlich
wird jedes ſotane Weibliche doch blutig langweilig ...

„Na — wie denken das gnädige Fräulein —?“

„Adam —!“

„Wir wollen nicht wieder in krampfhafte Dialoge
verfallen, Hedwig! Das iſt auch ſo'n weltläufiger
Irrthum, als ob man mit Geſprächen und Verhand-
lungen irgend Etwas ausrichtete! Wir monologiſiren
ja Alle nur — reflektiren über unſere höchſt eigen-
hirnigen Triebe, Neigungen, Kräfte, Tendenzen —
und ſo weiter. Das verſteht ſich Alles ganz von
ſelber. Oder auch nicht. Das iſt aber ganz Daſſelbe.
Widerſprüche giebts nämlich gar nicht. Im Grunde
durchaus nicht. Bloß auf der Oberfläche. Die
Oberflächen drängen, ſtoßen, reiben, balgen ſich.
Das nennen wir denn begriffenes Leben. Das
weſentliche Leben iſt natürlich das Unbegreiflich-Un-
begriffene. Das ſind nämlich die verdammten Dinger
an ſich. Daraus folgt, mein Lieb, daß es nämlich
ganz ſchnuppe iſt, ob Du hier ſtehen bleibſt, oder
ob Du mitgehſt — ob Du nach Hauſe fürbaß
wandelſt oder bei mir campirſt, meine reizende
Kameradin — ob Du — — na! ich will nur
ruhig ſein — ich hätte nämlich beinahe wieder 'mal
'was Knalliges losgelaſſen ... Gott verdamm mich!
— bin ich zuſammengehauen von den Strapazen
des Abends und dieſer glorreichen Nacht! Ja!
Ja! —:

‚So'n klenet bisken Liebe —
Ach! det macht viel Pläſir —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0300" n="292"/>
Bedürfnißorgan für alles Weibliche &#x2014; aber &#x017F;chließlich<lb/>
wird jedes &#x017F;otane Weibliche doch blutig langweilig ...</p><lb/>
        <p>&#x201E;Na &#x2014; wie denken das gnädige Fräulein &#x2014;?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Adam &#x2014;!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wir wollen nicht wieder in krampfhafte Dialoge<lb/>
verfallen, Hedwig! Das i&#x017F;t auch &#x017F;o'n weltläufiger<lb/>
Irrthum, als ob man mit Ge&#x017F;prächen und Verhand-<lb/>
lungen irgend Etwas ausrichtete! Wir monologi&#x017F;iren<lb/>
ja Alle nur &#x2014; reflektiren über un&#x017F;ere höch&#x017F;t eigen-<lb/>
hirnigen Triebe, Neigungen, Kräfte, Tendenzen &#x2014;<lb/>
und &#x017F;o weiter. Das ver&#x017F;teht &#x017F;ich Alles ganz von<lb/>
&#x017F;elber. Oder auch nicht. Das i&#x017F;t aber ganz Da&#x017F;&#x017F;elbe.<lb/>
Wider&#x017F;prüche giebts nämlich gar nicht. Im Grunde<lb/>
durchaus nicht. Bloß auf der Oberfläche. Die<lb/>
Oberflächen drängen, &#x017F;toßen, reiben, balgen &#x017F;ich.<lb/>
Das nennen wir denn begriffenes Leben. Das<lb/>
we&#x017F;entliche Leben i&#x017F;t natürlich das Unbegreiflich-Un-<lb/>
begriffene. Das &#x017F;ind nämlich die verdammten Dinger<lb/>
an &#x017F;ich. Daraus folgt, mein Lieb, daß es nämlich<lb/>
ganz &#x017F;chnuppe i&#x017F;t, <choice><sic>ab</sic><corr>ob</corr></choice> Du hier &#x017F;tehen bleib&#x017F;t, oder<lb/>
ob Du mitgeh&#x017F;t &#x2014; ob Du nach Hau&#x017F;e fürbaß<lb/>
wandel&#x017F;t oder bei mir campir&#x017F;t, meine reizende<lb/>
Kameradin &#x2014; ob Du &#x2014; &#x2014; na! ich will nur<lb/>
ruhig &#x017F;ein &#x2014; ich hätte nämlich beinahe wieder 'mal<lb/>
'was Knalliges losgela&#x017F;&#x017F;en ... Gott verdamm mich!<lb/>
&#x2014; bin ich zu&#x017F;ammengehauen von den Strapazen<lb/>
des Abends und die&#x017F;er glorreichen Nacht! Ja!<lb/>
Ja! &#x2014;:<lb/><lg type="poem"><l>&#x201A;So'n klenet bisken Liebe &#x2014;</l><lb/><l>Ach! det macht viel Plä&#x017F;ir &#x2014;</l></lg><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[292/0300] Bedürfnißorgan für alles Weibliche — aber ſchließlich wird jedes ſotane Weibliche doch blutig langweilig ... „Na — wie denken das gnädige Fräulein —?“ „Adam —!“ „Wir wollen nicht wieder in krampfhafte Dialoge verfallen, Hedwig! Das iſt auch ſo'n weltläufiger Irrthum, als ob man mit Geſprächen und Verhand- lungen irgend Etwas ausrichtete! Wir monologiſiren ja Alle nur — reflektiren über unſere höchſt eigen- hirnigen Triebe, Neigungen, Kräfte, Tendenzen — und ſo weiter. Das verſteht ſich Alles ganz von ſelber. Oder auch nicht. Das iſt aber ganz Daſſelbe. Widerſprüche giebts nämlich gar nicht. Im Grunde durchaus nicht. Bloß auf der Oberfläche. Die Oberflächen drängen, ſtoßen, reiben, balgen ſich. Das nennen wir denn begriffenes Leben. Das weſentliche Leben iſt natürlich das Unbegreiflich-Un- begriffene. Das ſind nämlich die verdammten Dinger an ſich. Daraus folgt, mein Lieb, daß es nämlich ganz ſchnuppe iſt, ob Du hier ſtehen bleibſt, oder ob Du mitgehſt — ob Du nach Hauſe fürbaß wandelſt oder bei mir campirſt, meine reizende Kameradin — ob Du — — na! ich will nur ruhig ſein — ich hätte nämlich beinahe wieder 'mal 'was Knalliges losgelaſſen ... Gott verdamm mich! — bin ich zuſammengehauen von den Strapazen des Abends und dieſer glorreichen Nacht! Ja! Ja! —: ‚So'n klenet bisken Liebe — Ach! det macht viel Pläſir —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/300
Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/300>, abgerufen am 22.11.2024.