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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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lein, und nicht mehr von gestern. Es ist 'n viertel
Vier. Sonderbar! Plötzlich genirst Du Dich nicht
mehr! Und gestern Abend --"

"Aber Du mußt doch begreifen, Adam, daß ich
nicht mitgehen kann! Und selbst -- wenn auch --
nein! nein! -- --"

"Ah! ,Wenn auch'! Was denn nun noch,
Hedwig --?"

"Nein! nein -- --!"

Hedwig hatte sich von Adam losgemacht und
war stehen geblieben. Sie ließ den Kopf auf die
Brust herabhängen und streckte mit zusammen-
geschobenen Fingern die Hände vor sich hin.

"Ich kann nicht --!" stieß sie gepreßt hervor.

"Gieb mir nur einen einzigen, vernünftigen
Grund an --"

"Adam! Von Einem zum Ander'n reißt Du
mich --"

"Ist Dir das Tempo zu schnell? Mit Schnecken
um die Wette zu laufen -- das ist allerdings reizlos
für mich ... Ueberdies mußte es so kommen!
Warum sollen wir die Reise nicht an einem Tage
machen? Das Leben ist so kurz. Man darf sich
nicht zu viel Zeit nehmen. Nicht auf jeder Zwischen-
station aussteigen. Nun komm! Hake Dich wieder
ein! Bitte! Und sei meine kleine, vernünftige Hedwig!
Ja --?"

"Lieber Adam --!"

"Aber, Kind -- warum sträubst Du Dich denn
immer noch? Unerklärlich! Du kannst doch beim

Conradi, Adam Mensch. 19

lein, und nicht mehr von geſtern. Es iſt 'n viertel
Vier. Sonderbar! Plötzlich genirſt Du Dich nicht
mehr! Und geſtern Abend —“

„Aber Du mußt doch begreifen, Adam, daß ich
nicht mitgehen kann! Und ſelbſt — wenn auch —
nein! nein! — —“

„Ah! ‚Wenn auch‘! Was denn nun noch,
Hedwig —?“

„Nein! nein — —!“

Hedwig hatte ſich von Adam losgemacht und
war ſtehen geblieben. Sie ließ den Kopf auf die
Bruſt herabhängen und ſtreckte mit zuſammen-
geſchobenen Fingern die Hände vor ſich hin.

„Ich kann nicht —!“ ſtieß ſie gepreßt hervor.

„Gieb mir nur einen einzigen, vernünftigen
Grund an —“

„Adam! Von Einem zum Ander'n reißt Du
mich —“

„Iſt Dir das Tempo zu ſchnell? Mit Schnecken
um die Wette zu laufen — das iſt allerdings reizlos
für mich ... Ueberdies mußte es ſo kommen!
Warum ſollen wir die Reiſe nicht an einem Tage
machen? Das Leben iſt ſo kurz. Man darf ſich
nicht zu viel Zeit nehmen. Nicht auf jeder Zwiſchen-
ſtation ausſteigen. Nun komm! Hake Dich wieder
ein! Bitte! Und ſei meine kleine, vernünftige Hedwig!
Ja —?“

„Lieber Adam —!“

„Aber, Kind — warum ſträubſt Du Dich denn
immer noch? Unerklärlich! Du kannſt doch beim

Conradi, Adam Menſch. 19
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[289/0297] lein, und nicht mehr von geſtern. Es iſt 'n viertel Vier. Sonderbar! Plötzlich genirſt Du Dich nicht mehr! Und geſtern Abend —“ „Aber Du mußt doch begreifen, Adam, daß ich nicht mitgehen kann! Und ſelbſt — wenn auch — nein! nein! — —“ „Ah! ‚Wenn auch‘! Was denn nun noch, Hedwig —?“ „Nein! nein — —!“ Hedwig hatte ſich von Adam losgemacht und war ſtehen geblieben. Sie ließ den Kopf auf die Bruſt herabhängen und ſtreckte mit zuſammen- geſchobenen Fingern die Hände vor ſich hin. „Ich kann nicht —!“ ſtieß ſie gepreßt hervor. „Gieb mir nur einen einzigen, vernünftigen Grund an —“ „Adam! Von Einem zum Ander'n reißt Du mich —“ „Iſt Dir das Tempo zu ſchnell? Mit Schnecken um die Wette zu laufen — das iſt allerdings reizlos für mich ... Ueberdies mußte es ſo kommen! Warum ſollen wir die Reiſe nicht an einem Tage machen? Das Leben iſt ſo kurz. Man darf ſich nicht zu viel Zeit nehmen. Nicht auf jeder Zwiſchen- ſtation ausſteigen. Nun komm! Hake Dich wieder ein! Bitte! Und ſei meine kleine, vernünftige Hedwig! Ja —?“ „Lieber Adam —!“ „Aber, Kind — warum ſträubſt Du Dich denn immer noch? Unerklärlich! Du kannſt doch beim Conradi, Adam Menſch. 19

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/297>, abgerufen am 23.11.2024.