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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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"Prost, Clemens!" versuchte Emmy sehr diplo-
matisch zu trösten und abzulenken, dabei warf sie
einen Blick auf Adam, als wollte sie sagen: "Siehst
Du, so intim sind wir schon! Etsch!"

"Prost, Emmy!" kam Herr von Bodenburg nach
und fuhr, als er das Glas wieder niedergesetzt,
fort: "Ich muß Sie wirklich bitten, Herr Doctor --"

"Mein Gott, Herr Referendar -- Sie werden
mir doch gestatten, Sie ein wenig zu bewundern!
Und das thu' ich mit dem redlichsten Gemüthe von
der Welt! Vorgestern -- es war doch vorgestern?
-- ja! -- vorgestern also -- na! da noch durch
die Brust geschossen -- ich meine: ohne weiter'n
weiblichen Anhang -- und heute schon auf stolzen
Rossen -- ich gratulire herzlichst --"

Emmy wurde unruhig und sah Adam an, wie
drohend und zugleich gütlich abrathend, in diesem
Stile fortzufahren.

Der Herr Doctor lächelte.

"Verzeihen Sie, mein Herr -- so viel ich sehe,
befinden Sie sich doch selbst in Damengesellschaft
-- wenn ich nicht irre, ist Ihre Begleiterin die
Dame, die wir öfter im Cafe Caesar --"

"Sie haben ganz richtig gesehen, Herr Referendar.
aber das hindert doch nicht -- ich meine: wenn ich
auch momentan versehen bin -- Sie werden doch
nicht glauben, daß ich so verzweifelt einseitig sei,
um -- nun! -- nun! -- ich versichere Sie, mein
Herr: ich halte es für meine Pflicht, mich auch noch
für ... wie soll ich sagen? -- für verflossene Lieb-

„Proſt, Clemens!“ verſuchte Emmy ſehr diplo-
matiſch zu tröſten und abzulenken, dabei warf ſie
einen Blick auf Adam, als wollte ſie ſagen: „Siehſt
Du, ſo intim ſind wir ſchon! Etſch!“

„Proſt, Emmy!“ kam Herr von Bodenburg nach
und fuhr, als er das Glas wieder niedergeſetzt,
fort: „Ich muß Sie wirklich bitten, Herr Doctor —“

„Mein Gott, Herr Referendar — Sie werden
mir doch geſtatten, Sie ein wenig zu bewundern!
Und das thu' ich mit dem redlichſten Gemüthe von
der Welt! Vorgeſtern — es war doch vorgeſtern?
— ja! — vorgeſtern alſo — na! da noch durch
die Bruſt geſchoſſen — ich meine: ohne weiter'n
weiblichen Anhang — und heute ſchon auf ſtolzen
Roſſen — ich gratulire herzlichſt —“

Emmy wurde unruhig und ſah Adam an, wie
drohend und zugleich gütlich abrathend, in dieſem
Stile fortzufahren.

Der Herr Doctor lächelte.

„Verzeihen Sie, mein Herr — ſo viel ich ſehe,
befinden Sie ſich doch ſelbſt in Damengeſellſchaft
— wenn ich nicht irre, iſt Ihre Begleiterin die
Dame, die wir öfter im Café Caeſar —“

„Sie haben ganz richtig geſehen, Herr Referendar.
aber das hindert doch nicht — ich meine: wenn ich
auch momentan verſehen bin — Sie werden doch
nicht glauben, daß ich ſo verzweifelt einſeitig ſei,
um — nun! — nun! — ich verſichere Sie, mein
Herr: ich halte es für meine Pflicht, mich auch noch
für ... wie ſoll ich ſagen? — für verfloſſene Lieb-

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[280/0288] „Proſt, Clemens!“ verſuchte Emmy ſehr diplo- matiſch zu tröſten und abzulenken, dabei warf ſie einen Blick auf Adam, als wollte ſie ſagen: „Siehſt Du, ſo intim ſind wir ſchon! Etſch!“ „Proſt, Emmy!“ kam Herr von Bodenburg nach und fuhr, als er das Glas wieder niedergeſetzt, fort: „Ich muß Sie wirklich bitten, Herr Doctor —“ „Mein Gott, Herr Referendar — Sie werden mir doch geſtatten, Sie ein wenig zu bewundern! Und das thu' ich mit dem redlichſten Gemüthe von der Welt! Vorgeſtern — es war doch vorgeſtern? — ja! — vorgeſtern alſo — na! da noch durch die Bruſt geſchoſſen — ich meine: ohne weiter'n weiblichen Anhang — und heute ſchon auf ſtolzen Roſſen — ich gratulire herzlichſt —“ Emmy wurde unruhig und ſah Adam an, wie drohend und zugleich gütlich abrathend, in dieſem Stile fortzufahren. Der Herr Doctor lächelte. „Verzeihen Sie, mein Herr — ſo viel ich ſehe, befinden Sie ſich doch ſelbſt in Damengeſellſchaft — wenn ich nicht irre, iſt Ihre Begleiterin die Dame, die wir öfter im Café Caeſar —“ „Sie haben ganz richtig geſehen, Herr Referendar. aber das hindert doch nicht — ich meine: wenn ich auch momentan verſehen bin — Sie werden doch nicht glauben, daß ich ſo verzweifelt einſeitig ſei, um — nun! — nun! — ich verſichere Sie, mein Herr: ich halte es für meine Pflicht, mich auch noch für ... wie ſoll ich ſagen? — für verfloſſene Lieb-

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/288>, abgerufen am 13.05.2024.