verführerisch-verheißungsvoll zublinzelte -- wie? wäre daß nicht ein süßer, berauschender Genuß ... eine beseligende Traumstimmung .. ein solider Augen- blick des Glücks, der Illusion .. zwischen Gliedern an der Lebenskette, die entwaffnet haben und ent- waffnen werden, weil sie in nüchterner, durchschauen- der Erkenntniß beschlossen sind? In Gesellschaft von Naturen a la Hedwig warf selbst der goldenste, gött- lichste Wein keine bunten, sammtenen Lichter über das dumme, rohe, rauhbeinige Leben.
Der Regen prasselte mit derselben trockenen Drei- stigkeit immer noch nieder .. und mit den rothgelben Lüstreflammen des Saales coquettirten noch immer die weißblauen Blitze. Aber der Donner nahm sich schon mehr Zeit .. schien schon vorwiegend müde ge- worden zu sein. Er humpelte langsamer hinter den schießenden Flammen her .. und sein Poltern klang bedeutend gemüthlicher.
"Na! das scheint ja noch 'mal gnädig ablaufen zu wollen --" meinte Herr Engler und trat an den Tisch heran, hinter dem Adam und Hedwig saßen. Melitta entfernte sich, ernstlich gekränkt, wie es schien, einen bösen Blick auf Hedwig werfend.
"Ja! ." erwiederte Adam zerstreut .. und schwang sich dann zu der Frage auf: "Wie lange haben Sie noch auf, Herr Wirth?"
"Bis halb Drei .. Drei -- so genau läßt sich das nicht nehmen. Je nachdem das Local besetzt ist. Wie Viele kommen nicht erst kurz vor Thores- schluß --!"
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verführeriſch-verheißungsvoll zublinzelte — wie? wäre daß nicht ein ſüßer, berauſchender Genuß ... eine beſeligende Traumſtimmung .. ein ſolider Augen- blick des Glücks, der Illuſion .. zwiſchen Gliedern an der Lebenskette, die entwaffnet haben und ent- waffnen werden, weil ſie in nüchterner, durchſchauen- der Erkenntniß beſchloſſen ſind? In Geſellſchaft von Naturen à la Hedwig warf ſelbſt der goldenſte, gött- lichſte Wein keine bunten, ſammtenen Lichter über das dumme, rohe, rauhbeinige Leben.
Der Regen praſſelte mit derſelben trockenen Drei- ſtigkeit immer noch nieder .. und mit den rothgelben Lüſtreflammen des Saales coquettirten noch immer die weißblauen Blitze. Aber der Donner nahm ſich ſchon mehr Zeit .. ſchien ſchon vorwiegend müde ge- worden zu ſein. Er humpelte langſamer hinter den ſchießenden Flammen her .. und ſein Poltern klang bedeutend gemüthlicher.
„Na! das ſcheint ja noch 'mal gnädig ablaufen zu wollen —“ meinte Herr Engler und trat an den Tiſch heran, hinter dem Adam und Hedwig ſaßen. Melitta entfernte ſich, ernſtlich gekränkt, wie es ſchien, einen böſen Blick auf Hedwig werfend.
„Ja! .“ erwiederte Adam zerſtreut .. und ſchwang ſich dann zu der Frage auf: „Wie lange haben Sie noch auf, Herr Wirth?“
„Bis halb Drei .. Drei — ſo genau läßt ſich das nicht nehmen. Je nachdem das Local beſetzt iſt. Wie Viele kommen nicht erſt kurz vor Thores- ſchluß —!“
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verführeriſch-verheißungsvoll zublinzelte — wie?
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blick des Glücks, der Illuſion .. zwiſchen Gliedern
an der Lebenskette, die entwaffnet haben und ent-
waffnen werden, weil ſie in nüchterner, durchſchauen-
der Erkenntniß beſchloſſen ſind? In Geſellſchaft von
Naturen à la Hedwig warf ſelbſt der goldenſte, gött-
lichſte Wein keine bunten, ſammtenen Lichter über
das dumme, rohe, rauhbeinige Leben.
Der Regen praſſelte mit derſelben trockenen Drei-
ſtigkeit immer noch nieder .. und mit den rothgelben
Lüſtreflammen des Saales coquettirten noch immer die
weißblauen Blitze. Aber der Donner nahm ſich
ſchon mehr Zeit .. ſchien ſchon vorwiegend müde ge-
worden zu ſein. Er humpelte langſamer hinter den
ſchießenden Flammen her .. und ſein Poltern klang
bedeutend gemüthlicher.
„Na! das ſcheint ja noch 'mal gnädig ablaufen
zu wollen —“ meinte Herr Engler und trat an den
Tiſch heran, hinter dem Adam und Hedwig ſaßen.
Melitta entfernte ſich, ernſtlich gekränkt, wie es ſchien,
einen böſen Blick auf Hedwig werfend.
„Ja! .“ erwiederte Adam zerſtreut .. und ſchwang
ſich dann zu der Frage auf: „Wie lange haben Sie
noch auf, Herr Wirth?“
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das nicht nehmen. Je nachdem das Local beſetzt
iſt. Wie Viele kommen nicht erſt kurz vor Thores-
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/283>, abgerufen am 24.11.2024.
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