Adam unterbrach sich und wandte sich ab. Er legte sich weit über die Fensterbrüstung, sah auf die stille Straße hinab -- nur ein welliges Wipfel- rauschen summte von den Linden, die da unten standen, herauf -- und blickte empor zum Himmel. Im Nordosten hatten sich die Wolken zu schwarzen, ge- waltigen Polstern zusammengeknäuelt. Die Luft war fast noch heißer und schwüler geworden. Adam athmete tief auf. Ein Reichthum verhalten brennender Gefühle stand in seiner Seele. Er hätte so gern an harmloseren Fäden seiner Vergangenheit angeknüpft. Die Gegenwart zerschnürte ihn fast mit ihren Un- klarheiten, mit ihren verschwommen, zerrissen auf- gurgelnden Geräuschen. Nein! Nein! Das drängte sich Alles zu dicht an ihn heran! Er sah sich um. Er sah diesen engen, frugalen Raum, der eng und frugal blieb, ob ihn auch das gedämpfte Licht der Lampe anheimelnder stimmte -- -- er sah dieses Weib an seiner Seite -- dieses schluchzende Weib, das ihn mit seiner thörichten Liebe quälte -- -- es war unerträglich! Ein Gedanke befiel ihn.
"Hedwig! --"
Und nun noch einmal, aber in leiserem, ernsterem, bittendem Tone:
"Hedwig! --"
Die Angerufene richtete langsam den Kopf in die Höhe.
"Ich will Dir einen Vorschlag machen. Es ist
„Du biſt jetzt ſo ganz anders, als vorher —“
„Oder Du ... aber —“
Adam unterbrach ſich und wandte ſich ab. Er legte ſich weit über die Fenſterbrüſtung, ſah auf die ſtille Straße hinab — nur ein welliges Wipfel- rauſchen ſummte von den Linden, die da unten ſtanden, herauf — und blickte empor zum Himmel. Im Nordoſten hatten ſich die Wolken zu ſchwarzen, ge- waltigen Polſtern zuſammengeknäuelt. Die Luft war faſt noch heißer und ſchwüler geworden. Adam athmete tief auf. Ein Reichthum verhalten brennender Gefühle ſtand in ſeiner Seele. Er hätte ſo gern an harmloſeren Fäden ſeiner Vergangenheit angeknüpft. Die Gegenwart zerſchnürte ihn faſt mit ihren Un- klarheiten, mit ihren verſchwommen, zerriſſen auf- gurgelnden Geräuſchen. Nein! Nein! Das drängte ſich Alles zu dicht an ihn heran! Er ſah ſich um. Er ſah dieſen engen, frugalen Raum, der eng und frugal blieb, ob ihn auch das gedämpfte Licht der Lampe anheimelnder ſtimmte — — er ſah dieſes Weib an ſeiner Seite — dieſes ſchluchzende Weib, das ihn mit ſeiner thörichten Liebe quälte — — es war unerträglich! Ein Gedanke befiel ihn.
„Hedwig! —“
Und nun noch einmal, aber in leiſerem, ernſterem, bittendem Tone:
„Hedwig! —“
Die Angerufene richtete langſam den Kopf in die Höhe.
„Ich will Dir einen Vorſchlag machen. Es iſt
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„Du biſt jetzt ſo ganz anders, als vorher —“
„Oder Du ... aber —“
Adam unterbrach ſich und wandte ſich ab. Er
legte ſich weit über die Fenſterbrüſtung, ſah auf die
ſtille Straße hinab — nur ein welliges Wipfel-
rauſchen ſummte von den Linden, die da unten
ſtanden, herauf — und blickte empor zum Himmel.
Im Nordoſten hatten ſich die Wolken zu ſchwarzen, ge-
waltigen Polſtern zuſammengeknäuelt. Die Luft war
faſt noch heißer und ſchwüler geworden. Adam
athmete tief auf. Ein Reichthum verhalten brennender
Gefühle ſtand in ſeiner Seele. Er hätte ſo gern an
harmloſeren Fäden ſeiner Vergangenheit angeknüpft.
Die Gegenwart zerſchnürte ihn faſt mit ihren Un-
klarheiten, mit ihren verſchwommen, zerriſſen auf-
gurgelnden Geräuſchen. Nein! Nein! Das drängte ſich
Alles zu dicht an ihn heran! Er ſah ſich um. Er ſah
dieſen engen, frugalen Raum, der eng und frugal
blieb, ob ihn auch das gedämpfte Licht der Lampe
anheimelnder ſtimmte — — er ſah dieſes Weib an
ſeiner Seite — dieſes ſchluchzende Weib, das ihn
mit ſeiner thörichten Liebe quälte — — es war
unerträglich! Ein Gedanke befiel ihn.
„Hedwig! —“
Und nun noch einmal, aber in leiſerem, ernſterem,
bittendem Tone:
„Hedwig! —“
Die Angerufene richtete langſam den Kopf in
die Höhe.
„Ich will Dir einen Vorſchlag machen. Es iſt
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/257>, abgerufen am 25.11.2024.
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