Ihres Geschlechts werden von den scheußlichsten, un- erträglichsten Qualen befreit sein -- und unendlich Vielen meines Geschlechts wird der Gang durch die ... die ... also durch die Bordelle erspart bleiben -- durch diese zweifelhaften "Rosenhage", welche bis dato Generation auf Generation absolviren mußte. Von dem furchtbaren Drucke, den uns die so grausam un- natürlichen Verhältnisse unserer Zeit auf die Brust gewälzt, haben diese Menschen der Zukunft aufathmen dürfen. In dem klaren Erkennen der Natur, welche die Geschlechter zueinander zwingt, werden sie die Gesetze ihres Lebens natürlich einrichten und ge- stalten ..."
Adam brach ab. Hedwig hatte ihren Platz am Tische, den sie bis dahin unverändert innebehalten, bei der letzten Wendung, die Adam's buntförmige Rede genommen, verlassen und war an das offene Fenster getreten. Sie stützte die rechte Hand auf den Schreibtisch ihres Vaters.
Adam fühlte sich doch ein Bissel beklemmt. Er bereute fast seine Offenheit ... er konnte jetzt seine Kühnheit kaum begreifen ... er ärgerte sich über sich und zugleich über Hedwigs Prüderie. Sie ver- stand ihn also doch nicht. Aber er -- verstand er sich denn noch in diesem Augenblick? Und doch hätte er noch so Manches auf dem Herzen gehabt und sehr gern noch eine kleine Weile weiterdozirt, wie er sein breitspuriges, allerdings sehr doktrinäres Schwatzen und Salbadern im Stillen titulirte. Und nun wurde es ihm wieder zu Sinn, als wäre Hedwig weniger
Ihres Geſchlechts werden von den ſcheußlichſten, un- erträglichſten Qualen befreit ſein — und unendlich Vielen meines Geſchlechts wird der Gang durch die ... die ... alſo durch die Bordelle erſpart bleiben — durch dieſe zweifelhaften „Roſenhage“, welche bis dato Generation auf Generation abſolviren mußte. Von dem furchtbaren Drucke, den uns die ſo grauſam un- natürlichen Verhältniſſe unſerer Zeit auf die Bruſt gewälzt, haben dieſe Menſchen der Zukunft aufathmen dürfen. In dem klaren Erkennen der Natur, welche die Geſchlechter zueinander zwingt, werden ſie die Geſetze ihres Lebens natürlich einrichten und ge- ſtalten ...“
Adam brach ab. Hedwig hatte ihren Platz am Tiſche, den ſie bis dahin unverändert innebehalten, bei der letzten Wendung, die Adam's buntförmige Rede genommen, verlaſſen und war an das offene Fenſter getreten. Sie ſtützte die rechte Hand auf den Schreibtiſch ihres Vaters.
Adam fühlte ſich doch ein Biſſel beklemmt. Er bereute faſt ſeine Offenheit ... er konnte jetzt ſeine Kühnheit kaum begreifen ... er ärgerte ſich über ſich und zugleich über Hedwigs Prüderie. Sie ver- ſtand ihn alſo doch nicht. Aber er — verſtand er ſich denn noch in dieſem Augenblick? Und doch hätte er noch ſo Manches auf dem Herzen gehabt und ſehr gern noch eine kleine Weile weiterdozirt, wie er ſein breitſpuriges, allerdings ſehr doktrinäres Schwatzen und Salbadern im Stillen titulirte. Und nun wurde es ihm wieder zu Sinn, als wäre Hedwig weniger
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Ihres Geſchlechts werden von den ſcheußlichſten, un-
erträglichſten Qualen befreit ſein — und unendlich
Vielen meines Geſchlechts wird der Gang durch die
... die ... alſo durch die Bordelle erſpart bleiben —
durch dieſe zweifelhaften „Roſenhage“, welche bis dato
Generation auf Generation abſolviren mußte. Von
dem furchtbaren Drucke, den uns die ſo grauſam un-
natürlichen Verhältniſſe unſerer Zeit auf die Bruſt
gewälzt, haben dieſe Menſchen der Zukunft aufathmen
dürfen. In dem klaren Erkennen der Natur, welche
die Geſchlechter zueinander zwingt, werden ſie die
Geſetze ihres Lebens natürlich einrichten und ge-
ſtalten ...“
Adam brach ab. Hedwig hatte ihren Platz am
Tiſche, den ſie bis dahin unverändert innebehalten,
bei der letzten Wendung, die Adam's buntförmige
Rede genommen, verlaſſen und war an das offene
Fenſter getreten. Sie ſtützte die rechte Hand auf
den Schreibtiſch ihres Vaters.
Adam fühlte ſich doch ein Biſſel beklemmt. Er
bereute faſt ſeine Offenheit ... er konnte jetzt ſeine
Kühnheit kaum begreifen ... er ärgerte ſich über
ſich und zugleich über Hedwigs Prüderie. Sie ver-
ſtand ihn alſo doch nicht. Aber er — verſtand er
ſich denn noch in dieſem Augenblick? Und doch hätte
er noch ſo Manches auf dem Herzen gehabt und ſehr
gern noch eine kleine Weile weiterdozirt, wie er ſein
breitſpuriges, allerdings ſehr doktrinäres Schwatzen
und Salbadern im Stillen titulirte. Und nun wurde
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/245>, abgerufen am 25.11.2024.
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