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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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nervöser Lustigkeitskrampf war jäh über ihn ge-
kommen. Emmy blickte erschrocken zu ihm hinüber.
Herr von Bodenburg machte ein ehrlich verblüfftes
Gesicht, in welches zugleich ein paar Unmuths- und
Aergerslinien hineingeritzt waren. "Eine merk-
würdige Unterhaltung --" murmelte er.

"Also, meine Freunde -- es wird Zeit, daß
die Götterdämmerung endlich losgeht! --Ich er-
sticke an diesem tristen Zuschauerjargon, den man
immer radebrechen muß ... Emmy! Sehen Sie,
Herr Referendar -- das ist nun auch "so Eine" ...
ich habe das kleine, entzückende Weib neulich Abend
einem überflüssigen Laffen abgejagt -- aber glauben
Sie wohl, daß es bisher zum geringsten tragischen
Konflikte zwischen uns gekommen wäre? . Keene
Spur, Verehrtester! Es ist so blutig langweilig
auf der Welt -- die Leidenschaft ist todt -- und
die großen Gefühle sind pensionirt ... Lassen wir
wir uns dito pensioniren, lieber Mitmensch -- --"

"Sie sind heute in einer eigenartigen Stimmung,
Herr Doctor!"

"Was hast Du nur, Adam --?"

"Ich? Nichts, Kind! Gar Nichts! Aber wollen
wir nicht heimwärts ziehen, wie die ... nun! ..
wie die bewußten Schwalben im Herbst? .. Meine
Stunde wenigstens ist gekommen .. Sie begleiten
uns vielleicht, Herr Referendar --?"

"Wenn Sie gütigst gestatten --"

"Bitte sehr --"

Die drei kehrten um. Da kam ihnen ein offener,

nervöſer Luſtigkeitskrampf war jäh über ihn ge-
kommen. Emmy blickte erſchrocken zu ihm hinüber.
Herr von Bodenburg machte ein ehrlich verblüfftes
Geſicht, in welches zugleich ein paar Unmuths- und
Aergerslinien hineingeritzt waren. „Eine merk-
würdige Unterhaltung —“ murmelte er.

„Alſo, meine Freunde — es wird Zeit, daß
die Götterdämmerung endlich losgeht! —Ich er-
ſticke an dieſem triſten Zuſchauerjargon, den man
immer radebrechen muß ... Emmy! Sehen Sie,
Herr Referendar — das iſt nun auch „ſo Eine“ ...
ich habe das kleine, entzückende Weib neulich Abend
einem überflüſſigen Laffen abgejagt — aber glauben
Sie wohl, daß es bisher zum geringſten tragiſchen
Konflikte zwiſchen uns gekommen wäre? . Keene
Spur, Verehrteſter! Es iſt ſo blutig langweilig
auf der Welt — die Leidenſchaft iſt todt — und
die großen Gefühle ſind penſionirt ... Laſſen wir
wir uns dito penſioniren, lieber Mitmenſch — —“

„Sie ſind heute in einer eigenartigen Stimmung,
Herr Doctor!“

„Was haſt Du nur, Adam —?“

„Ich? Nichts, Kind! Gar Nichts! Aber wollen
wir nicht heimwärts ziehen, wie die ... nun! ..
wie die bewußten Schwalben im Herbſt? .. Meine
Stunde wenigſtens iſt gekommen .. Sie begleiten
uns vielleicht, Herr Referendar —?“

„Wenn Sie gütigſt geſtatten —“

„Bitte ſehr —“

Die drei kehrten um. Da kam ihnen ein offener,

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[186/0194] nervöſer Luſtigkeitskrampf war jäh über ihn ge- kommen. Emmy blickte erſchrocken zu ihm hinüber. Herr von Bodenburg machte ein ehrlich verblüfftes Geſicht, in welches zugleich ein paar Unmuths- und Aergerslinien hineingeritzt waren. „Eine merk- würdige Unterhaltung —“ murmelte er. „Alſo, meine Freunde — es wird Zeit, daß die Götterdämmerung endlich losgeht! —Ich er- ſticke an dieſem triſten Zuſchauerjargon, den man immer radebrechen muß ... Emmy! Sehen Sie, Herr Referendar — das iſt nun auch „ſo Eine“ ... ich habe das kleine, entzückende Weib neulich Abend einem überflüſſigen Laffen abgejagt — aber glauben Sie wohl, daß es bisher zum geringſten tragiſchen Konflikte zwiſchen uns gekommen wäre? . Keene Spur, Verehrteſter! Es iſt ſo blutig langweilig auf der Welt — die Leidenſchaft iſt todt — und die großen Gefühle ſind penſionirt ... Laſſen wir wir uns dito penſioniren, lieber Mitmenſch — —“ „Sie ſind heute in einer eigenartigen Stimmung, Herr Doctor!“ „Was haſt Du nur, Adam —?“ „Ich? Nichts, Kind! Gar Nichts! Aber wollen wir nicht heimwärts ziehen, wie die ... nun! .. wie die bewußten Schwalben im Herbſt? .. Meine Stunde wenigſtens iſt gekommen .. Sie begleiten uns vielleicht, Herr Referendar —?“ „Wenn Sie gütigſt geſtatten —“ „Bitte ſehr —“ Die drei kehrten um. Da kam ihnen ein offener,

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/194>, abgerufen am 05.12.2024.