war das auffallend? -- heißes Verlangen tragen gelernt.
Adam trank sein Glas leer und ging zu Lydias Schreibtisch hinüber. Er betrachtete einige Augen- blicke sinnend das kleine, feine, entschieden distinguirte, jetzt nur zu undeutlich beleuchtete Möbel. Nein! Das war Alles viel zu zierlich, das war Alles viel zu geschmackvoll arrangirt, zu feingeistig zusammen- geordnet, um mehr, denn eine schöne Dekoration zu sein. Diese engen, flachen Schubkästen waren nur dazu bestimmt, schmale, dünne, discret parfümirte Briefchen, die wohl eine roth- oder blauseidene Schlinge einschnürt, aufzunehmen. Diese kleine, dünne, feuchtbraun glänzende Platte ertrug höchstens den reservirten Druck eines zärtlich-vorsichtigen Frauenarms, duldete wohl gerade nur die Gegen- wart eines Briefblattes, auf welches eine schöne, ringblitzende Damenhand allerlei Koseworte, ein schillerndes Wortgetändel, krause Gedankenarabesken niedertropfen läßt ... oder die Gegenwart eines graciösen Goldschnittbändchens, in dem man blättert, um hier einen elegant geformten Satz, dort einen geschmeidigen Reim aufzupicken, oder eine perlende, schillernde Strophe, die leise eine Saite der Er- innerung anschlägt ... eine Saite, die nun ver- halten aufklingt ... und in zarten Schwingungen Bilder um Bilder empordämmern läßt ...
An diesem Tische muß eine schöne Frau wunderbar träumen und sinnen und plaudern können ... plaudern mit den Gestalten ihrer Träume, ihrer Phantasie'n ...
war das auffallend? — heißes Verlangen tragen gelernt.
Adam trank ſein Glas leer und ging zu Lydias Schreibtiſch hinüber. Er betrachtete einige Augen- blicke ſinnend das kleine, feine, entſchieden diſtinguirte, jetzt nur zu undeutlich beleuchtete Möbel. Nein! Das war Alles viel zu zierlich, das war Alles viel zu geſchmackvoll arrangirt, zu feingeiſtig zuſammen- geordnet, um mehr, denn eine ſchöne Dekoration zu ſein. Dieſe engen, flachen Schubkäſten waren nur dazu beſtimmt, ſchmale, dünne, discret parfümirte Briefchen, die wohl eine roth- oder blauſeidene Schlinge einſchnürt, aufzunehmen. Dieſe kleine, dünne, feuchtbraun glänzende Platte ertrug höchſtens den reſervirten Druck eines zärtlich-vorſichtigen Frauenarms, duldete wohl gerade nur die Gegen- wart eines Briefblattes, auf welches eine ſchöne, ringblitzende Damenhand allerlei Koſeworte, ein ſchillerndes Wortgetändel, krauſe Gedankenarabesken niedertropfen läßt ... oder die Gegenwart eines graciöſen Goldſchnittbändchens, in dem man blättert, um hier einen elegant geformten Satz, dort einen geſchmeidigen Reim aufzupicken, oder eine perlende, ſchillernde Strophe, die leiſe eine Saite der Er- innerung anſchlägt ... eine Saite, die nun ver- halten aufklingt ... und in zarten Schwingungen Bilder um Bilder empordämmern läßt ...
An dieſem Tiſche muß eine ſchöne Frau wunderbar träumen und ſinnen und plaudern können ... plaudern mit den Geſtalten ihrer Träume, ihrer Phantaſie'n ...
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war das auffallend? — heißes Verlangen tragen
gelernt.
Adam trank ſein Glas leer und ging zu Lydias
Schreibtiſch hinüber. Er betrachtete einige Augen-
blicke ſinnend das kleine, feine, entſchieden diſtinguirte,
jetzt nur zu undeutlich beleuchtete Möbel. Nein! Das
war Alles viel zu zierlich, das war Alles viel zu
geſchmackvoll arrangirt, zu feingeiſtig zuſammen-
geordnet, um mehr, denn eine ſchöne Dekoration zu
ſein. Dieſe engen, flachen Schubkäſten waren nur
dazu beſtimmt, ſchmale, dünne, discret parfümirte
Briefchen, die wohl eine roth- oder blauſeidene
Schlinge einſchnürt, aufzunehmen. Dieſe kleine,
dünne, feuchtbraun glänzende Platte ertrug höchſtens
den reſervirten Druck eines zärtlich-vorſichtigen
Frauenarms, duldete wohl gerade nur die Gegen-
wart eines Briefblattes, auf welches eine ſchöne,
ringblitzende Damenhand allerlei Koſeworte, ein
ſchillerndes Wortgetändel, krauſe Gedankenarabesken
niedertropfen läßt ... oder die Gegenwart eines
graciöſen Goldſchnittbändchens, in dem man blättert,
um hier einen elegant geformten Satz, dort einen
geſchmeidigen Reim aufzupicken, oder eine perlende,
ſchillernde Strophe, die leiſe eine Saite der Er-
innerung anſchlägt ... eine Saite, die nun ver-
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/152>, abgerufen am 05.12.2024.
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