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Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804.

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Noch winkt es nur aus weiter Ferne her.
Wohl ist es gut, daß ihr euch, Volsker, fühlt,
Allein den Sieg genießt als Nüchterne,
Versteigt euch träumend in die Wolken nicht.
Vergesset nie, was noch zu thun verbleibt. --
Wir siegten zwar, doch über Haufen nur.
Noch kam die Kraft von Rom uns nicht entgegen;
Sie wird nun bald erscheinen. Ziehet dann
Einher vor ihr mit Macht Coriolan,
Der Schreckliche, -- wer weiß, ob nicht der Muth
Den Völkern sinkt? Vor seinem Namen bebt
Der Krieger, denkt besorgt an Rettung nur,
Und nicht an Sieg -- wer hat es nicht bemerket?
Lucumo.
Kein Wunder auch, da selbst der Volsker Feldherr
Von ihm so tönend spricht. O führte Mars
Mir diesen Halbgott Einmal nur und bald
Entgegen, -- färben sollte sich mein Schwerdt
Sogleich mit seinem Blut', auf daß ihr sähet,
Wie gar nicht furchtbar dieses Schreckbild sey,
Vor dem ihr feig' erstarret. O der Schande!
Att. Tullus.
Du schmähst den Feind; die niedre Zuflucht laß
Den kleinen Seelen. Nie gewähret sie
Gewinn. Wie? über einen schwachen Feind
Zu siegen, bringt's wohl Ruhm? -- doch, fällst
du hin --
Dann schändet doppelt dich die Niederlage.
Noch winkt es nur aus weiter Ferne her.
Wohl iſt es gut, daß ihr euch, Volsker, fühlt,
Allein den Sieg genießt als Nüchterne,
Verſteigt euch träumend in die Wolken nicht.
Vergeſſet nie, was noch zu thun verbleibt. —
Wir ſiegten zwar, doch über Haufen nur.
Noch kam die Kraft von Rom uns nicht entgegen;
Sie wird nun bald erſcheinen. Ziehet dann
Einher vor ihr mit Macht Coriolan,
Der Schreckliche, — wer weiß, ob nicht der Muth
Den Völkern ſinkt? Vor ſeinem Namen bebt
Der Krieger, denkt beſorgt an Rettung nur,
Und nicht an Sieg — wer hat es nicht bemerket?
Lucumo.
Kein Wunder auch, da ſelbſt der Volsker Feldherr
Von ihm ſo tönend ſpricht. O führte Mars
Mir dieſen Halbgott Einmal nur und bald
Entgegen, — färben ſollte ſich mein Schwerdt
Sogleich mit ſeinem Blut’, auf daß ihr ſähet,
Wie gar nicht furchtbar dieſes Schreckbild ſey,
Vor dem ihr feig’ erſtarret. O der Schande!
Att. Tullus.
Du ſchmähſt den Feind; die niedre Zuflucht laß
Den kleinen Seelen. Nie gewähret ſie
Gewinn. Wie? über einen ſchwachen Feind
Zu ſiegen, bringt’s wohl Ruhm? — doch, fällſt
du hin —
Dann ſchändet doppelt dich die Niederlage.
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[40/0048] Noch winkt es nur aus weiter Ferne her. Wohl iſt es gut, daß ihr euch, Volsker, fühlt, Allein den Sieg genießt als Nüchterne, Verſteigt euch träumend in die Wolken nicht. Vergeſſet nie, was noch zu thun verbleibt. — Wir ſiegten zwar, doch über Haufen nur. Noch kam die Kraft von Rom uns nicht entgegen; Sie wird nun bald erſcheinen. Ziehet dann Einher vor ihr mit Macht Coriolan, Der Schreckliche, — wer weiß, ob nicht der Muth Den Völkern ſinkt? Vor ſeinem Namen bebt Der Krieger, denkt beſorgt an Rettung nur, Und nicht an Sieg — wer hat es nicht bemerket? Lucumo. Kein Wunder auch, da ſelbſt der Volsker Feldherr Von ihm ſo tönend ſpricht. O führte Mars Mir dieſen Halbgott Einmal nur und bald Entgegen, — färben ſollte ſich mein Schwerdt Sogleich mit ſeinem Blut’, auf daß ihr ſähet, Wie gar nicht furchtbar dieſes Schreckbild ſey, Vor dem ihr feig’ erſtarret. O der Schande! Att. Tullus. Du ſchmähſt den Feind; die niedre Zuflucht laß Den kleinen Seelen. Nie gewähret ſie Gewinn. Wie? über einen ſchwachen Feind Zu ſiegen, bringt’s wohl Ruhm? — doch, fällſt du hin — Dann ſchändet doppelt dich die Niederlage.

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Zitationshilfe: Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/48>, abgerufen am 29.03.2024.