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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

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Einzelstaaten als die competenten Stellen. Um dieses Dilemma
zu durchbrechen, beantragt die neue Petition, die Bekannt-
machung des Bundesrathes vom 2. Juni 1883, durch welche
die ärztlichen Prüfungen geregelt sind, durch einige Ergänzungs-
bestimmungen zu vervollständigen, und zwar des Jnhalts, daß
erstens Seitens aller Bundesstaaten wenigstens ein Gymnasium
und Seitens derjenigen Bundesstaaten, die Universitäten be-
sitzen, auch eine Universität zu bezeichnen sei, bei denen Per-
sonen weiblichen Geschlechts zur gymnasialen Reifeprüfung bezw.
zur ärztlichen Prüfung zugelassen sind; daß zweitens weibliche
Studirende vorläufig ohne besonderen Dispens das Studium
der Medicin an solchen schweizerischen Universitäten absolviren
können, welche Seitens der Reichsregierung für das medicinische
Studium den heimathlichen Universitäten gleichgestellt sind;
daß drittens weibliche Studirende, die ausschließlich an solchen
schweizerischen Universitäten studirt haben, von der ärztlichen
Vorprüfung befreit werden. Durch diese Vorschläge wollte man
den Bedenken der Reichsregierung hinsichtlich ihrer Competenz
gegenüber den Landesregierungen aus dem Wege gehen, indem
man das Verlangen nach Einrichtung von Mädchengymnasien
und nach der Zulassung weiblicher Studirender zu den deutschen
Universitäten zurückstellte.

Ein Erfolg ist durch diese und wiederholte Petitionen bei
der Reichsregierung bisher nicht herbeigeführt worden. Als am
6. Februar 1894 im Reichstag der Abgeordnete Prinz Schönaich-
Carolath bei der Etatsberathung den Bundesrath darüber inter-
pellirte, als er darauf hinwies, wie das Jnteresse für diese
Frage seit den letzten zwei Jahren zugenommen habe, daß in
Berlin inzwischen ein Mädchengymnasium gegründet sei, daß
es keine Parteifrage mehr sei, daß vielmehr Männer von rechts
und links für die Sache sich ausgesprochen haben, da gab der

Einzelstaaten als die competenten Stellen. Um dieses Dilemma
zu durchbrechen, beantragt die neue Petition, die Bekannt-
machung des Bundesrathes vom 2. Juni 1883, durch welche
die ärztlichen Prüfungen geregelt sind, durch einige Ergänzungs-
bestimmungen zu vervollständigen, und zwar des Jnhalts, daß
erstens Seitens aller Bundesstaaten wenigstens ein Gymnasium
und Seitens derjenigen Bundesstaaten, die Universitäten be-
sitzen, auch eine Universität zu bezeichnen sei, bei denen Per-
sonen weiblichen Geschlechts zur gymnasialen Reifeprüfung bezw.
zur ärztlichen Prüfung zugelassen sind; daß zweitens weibliche
Studirende vorläufig ohne besonderen Dispens das Studium
der Medicin an solchen schweizerischen Universitäten absolviren
können, welche Seitens der Reichsregierung für das medicinische
Studium den heimathlichen Universitäten gleichgestellt sind;
daß drittens weibliche Studirende, die ausschließlich an solchen
schweizerischen Universitäten studirt haben, von der ärztlichen
Vorprüfung befreit werden. Durch diese Vorschläge wollte man
den Bedenken der Reichsregierung hinsichtlich ihrer Competenz
gegenüber den Landesregierungen aus dem Wege gehen, indem
man das Verlangen nach Einrichtung von Mädchengymnasien
und nach der Zulassung weiblicher Studirender zu den deutschen
Universitäten zurückstellte.

Ein Erfolg ist durch diese und wiederholte Petitionen bei
der Reichsregierung bisher nicht herbeigeführt worden. Als am
6. Februar 1894 im Reichstag der Abgeordnete Prinz Schönaich-
Carolath bei der Etatsberathung den Bundesrath darüber inter-
pellirte, als er darauf hinwies, wie das Jnteresse für diese
Frage seit den letzten zwei Jahren zugenommen habe, daß in
Berlin inzwischen ein Mädchengymnasium gegründet sei, daß
es keine Parteifrage mehr sei, daß vielmehr Männer von rechts
und links für die Sache sich ausgesprochen haben, da gab der

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[30/0046] Einzelstaaten als die competenten Stellen. Um dieses Dilemma zu durchbrechen, beantragt die neue Petition, die Bekannt- machung des Bundesrathes vom 2. Juni 1883, durch welche die ärztlichen Prüfungen geregelt sind, durch einige Ergänzungs- bestimmungen zu vervollständigen, und zwar des Jnhalts, daß erstens Seitens aller Bundesstaaten wenigstens ein Gymnasium und Seitens derjenigen Bundesstaaten, die Universitäten be- sitzen, auch eine Universität zu bezeichnen sei, bei denen Per- sonen weiblichen Geschlechts zur gymnasialen Reifeprüfung bezw. zur ärztlichen Prüfung zugelassen sind; daß zweitens weibliche Studirende vorläufig ohne besonderen Dispens das Studium der Medicin an solchen schweizerischen Universitäten absolviren können, welche Seitens der Reichsregierung für das medicinische Studium den heimathlichen Universitäten gleichgestellt sind; daß drittens weibliche Studirende, die ausschließlich an solchen schweizerischen Universitäten studirt haben, von der ärztlichen Vorprüfung befreit werden. Durch diese Vorschläge wollte man den Bedenken der Reichsregierung hinsichtlich ihrer Competenz gegenüber den Landesregierungen aus dem Wege gehen, indem man das Verlangen nach Einrichtung von Mädchengymnasien und nach der Zulassung weiblicher Studirender zu den deutschen Universitäten zurückstellte. Ein Erfolg ist durch diese und wiederholte Petitionen bei der Reichsregierung bisher nicht herbeigeführt worden. Als am 6. Februar 1894 im Reichstag der Abgeordnete Prinz Schönaich- Carolath bei der Etatsberathung den Bundesrath darüber inter- pellirte, als er darauf hinwies, wie das Jnteresse für diese Frage seit den letzten zwei Jahren zugenommen habe, daß in Berlin inzwischen ein Mädchengymnasium gegründet sei, daß es keine Parteifrage mehr sei, daß vielmehr Männer von rechts und links für die Sache sich ausgesprochen haben, da gab der

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Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/46>, abgerufen am 23.11.2024.