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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

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Zeugin, hat etwas Gesundes, Offenes und Ehrliches; Newnham
hat einen neuen Schlag Frauen erzogen, indem es mit Nach-
druck die selbständigen Elemente des Frauencharakters betonte,
zugleich aber mit weiser Beschränkung die Anmuth und das
Maß zu bewahren wußte.

Newnham College ist ein Beispiel für andere; es ist
eines der ersten seiner Gattung und hat sich in jedem Sinne
mühsam Bahn gebrochen. Dicht daneben, ebenfalls in Cam-
bridge, liegt Girton College, dem andern ähnlich. Und ebenso
besitzt Oxford drei derartige Jnstitute, welche sich an seine
Universität anlehnen, nämlich Lady Margaret Hall, Sommer-
ville College, St. Hugh's Hall
.*) Jn London gibt es deren
zwei, das eine in der Vorstadt Hampstead, Westfield College,
das andere, Bedford College, im Westend.

Vereinzelt bisher, an amerikanische Muster näher an-
knüpfend, ist Holloway University, durch eine Stiftung des
einst vielgenannten Pillenfabrikanten in großem Stile 1887
begründet. Jm Lande gelegen, einige Stunden Eisenbahnfahrt

*) Ueber diese weiblichen Studirenden hat Professor Max Müller
in Oxford kürzlich das folgende Urtheil gefällt: "Jch war früher der
Einrichtung von Frauen-Colleges in Oxford entgegen, hauptsächlich
weil Cambridge vorangegangen war und Oxford andere Dinge zu
thun hatte. Aber ich bin jetzt davon überzeugt, daß Arbeit genug
für beide Universitäten vorhanden ist und daß Oxford seine Arbeit
gut vollbringt. Es ist ein wahrhaftes Vergnügen, die jungen Mädchen
bei ihren Studien zu sehen. Die jungen Männer, wenigstens viele
von ihnen, arbeiten so wenig wie möglich; junge Mädchen so viel
als möglich, ja die meisten zu viel. Obenein ist ihre Methode zu
studiren systematischer, und was sie erreichen, ist daher gründlicher.
Jch wünschte, die jungen Männer würden darüber nachdenken und
von den jungen Mädchen lernen, wie sie lernen sollten. (The English-
woman's Review, 1895. Oct. 15, p. 235
.)
Cohn, Die deutsche Frauenbewegung. 12

Zeugin, hat etwas Gesundes, Offenes und Ehrliches; Newnham
hat einen neuen Schlag Frauen erzogen, indem es mit Nach-
druck die selbständigen Elemente des Frauencharakters betonte,
zugleich aber mit weiser Beschränkung die Anmuth und das
Maß zu bewahren wußte.

Newnham College ist ein Beispiel für andere; es ist
eines der ersten seiner Gattung und hat sich in jedem Sinne
mühsam Bahn gebrochen. Dicht daneben, ebenfalls in Cam-
bridge, liegt Girton College, dem andern ähnlich. Und ebenso
besitzt Oxford drei derartige Jnstitute, welche sich an seine
Universität anlehnen, nämlich Lady Margaret Hall, Sommer-
ville College, St. Hugh’s Hall
.*) Jn London gibt es deren
zwei, das eine in der Vorstadt Hampstead, Westfield College,
das andere, Bedford College, im Westend.

Vereinzelt bisher, an amerikanische Muster näher an-
knüpfend, ist Holloway University, durch eine Stiftung des
einst vielgenannten Pillenfabrikanten in großem Stile 1887
begründet. Jm Lande gelegen, einige Stunden Eisenbahnfahrt

*) Ueber diese weiblichen Studirenden hat Professor Max Müller
in Oxford kürzlich das folgende Urtheil gefällt: „Jch war früher der
Einrichtung von Frauen-Colleges in Oxford entgegen, hauptsächlich
weil Cambridge vorangegangen war und Oxford andere Dinge zu
thun hatte. Aber ich bin jetzt davon überzeugt, daß Arbeit genug
für beide Universitäten vorhanden ist und daß Oxford seine Arbeit
gut vollbringt. Es ist ein wahrhaftes Vergnügen, die jungen Mädchen
bei ihren Studien zu sehen. Die jungen Männer, wenigstens viele
von ihnen, arbeiten so wenig wie möglich; junge Mädchen so viel
als möglich, ja die meisten zu viel. Obenein ist ihre Methode zu
studiren systematischer, und was sie erreichen, ist daher gründlicher.
Jch wünschte, die jungen Männer würden darüber nachdenken und
von den jungen Mädchen lernen, wie sie lernen sollten. (The English-
woman’s Review, 1895. Oct. 15, p. 235
.)
Cohn, Die deutsche Frauenbewegung. 12
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[177/0193] Zeugin, hat etwas Gesundes, Offenes und Ehrliches; Newnham hat einen neuen Schlag Frauen erzogen, indem es mit Nach- druck die selbständigen Elemente des Frauencharakters betonte, zugleich aber mit weiser Beschränkung die Anmuth und das Maß zu bewahren wußte. Newnham College ist ein Beispiel für andere; es ist eines der ersten seiner Gattung und hat sich in jedem Sinne mühsam Bahn gebrochen. Dicht daneben, ebenfalls in Cam- bridge, liegt Girton College, dem andern ähnlich. Und ebenso besitzt Oxford drei derartige Jnstitute, welche sich an seine Universität anlehnen, nämlich Lady Margaret Hall, Sommer- ville College, St. Hugh’s Hall. *) Jn London gibt es deren zwei, das eine in der Vorstadt Hampstead, Westfield College, das andere, Bedford College, im Westend. Vereinzelt bisher, an amerikanische Muster näher an- knüpfend, ist Holloway University, durch eine Stiftung des einst vielgenannten Pillenfabrikanten in großem Stile 1887 begründet. Jm Lande gelegen, einige Stunden Eisenbahnfahrt *) Ueber diese weiblichen Studirenden hat Professor Max Müller in Oxford kürzlich das folgende Urtheil gefällt: „Jch war früher der Einrichtung von Frauen-Colleges in Oxford entgegen, hauptsächlich weil Cambridge vorangegangen war und Oxford andere Dinge zu thun hatte. Aber ich bin jetzt davon überzeugt, daß Arbeit genug für beide Universitäten vorhanden ist und daß Oxford seine Arbeit gut vollbringt. Es ist ein wahrhaftes Vergnügen, die jungen Mädchen bei ihren Studien zu sehen. Die jungen Männer, wenigstens viele von ihnen, arbeiten so wenig wie möglich; junge Mädchen so viel als möglich, ja die meisten zu viel. Obenein ist ihre Methode zu studiren systematischer, und was sie erreichen, ist daher gründlicher. Jch wünschte, die jungen Männer würden darüber nachdenken und von den jungen Mädchen lernen, wie sie lernen sollten. (The English- woman’s Review, 1895. Oct. 15, p. 235.) Cohn, Die deutsche Frauenbewegung. 12

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2021-02-18T15:54:56Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2021-02-18T15:54:56Z)

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Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/193>, abgerufen am 25.04.2024.