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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

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bestrittene Erscheinungsreihe, wie weniges Andere in den Fragen
der wirthschaftlichen Veränderungen und ihrer historischen Stufen-
folge. Zu den gesicherten Elementen ökonomischer Wissenschaft
gehört die Erkenntniß, daß der hauswirthschaftliche Charakter
der Production, der in den Anfängen der Cultur vorherrscht
und die verschiedenen technischen Zweige der Arbeit um den
Herd des Hauses vereinigt, mit wachsender Mannigfaltigkeit
der Bedürfnisse, mit steigender Bevölkerungsdichtigkeit, erhöhter
Arbeitsgeschicklichkeit, mit entstehenden Verkehrsmitteln einer
tiefer eingreifenden Arbeitstheilung weicht, welche die berufs-
mäßige Production für den Markt an die Stelle der Production
für den Bedarf des Hauses setzt. Es ist ferner allgemein an-
erkannt, daß diese Tendenz durch die technischen Fortschritte des
gegenwärtigen Zeitalters in ungewöhnlichem Grade bestärkt
worden ist, daß allerhand Dinge, die, von dem kleinen Ge-
werbe so viele Jahrhunderte verschont, im Frieden des Hauses
bereitet worden waren, von dem großen Gewerbe dieses Jahr-
hunderts mit eiserner Faust an sich gerissen worden sind. Jn
welchem Umfange das thatsächlich bis jetzt geschehen ist, dieses
genau festzustellen, würde von der Seite der heutigen Pro-
ductionsweise her schwierig sein, da ihre wachsende Ergiebigkeit
nur eine Vermuthung darüber zuläßt, wieviel zu dem Bedarf,
den sie befriedigt, jene Verschiebung der hauswirthschaftlichen
Production beigetragen hat. Eher würde eine nähere Unter-
suchung über den gegenwärtigen Zustand der hauswirthschaft-
lichen Production (in den verschiedenen Landestheilen und Län-
dern, in Stadt und Land, in Großstadt und Kleinstadt) dazu
geeignet sein, ein Bild der Wirklichkeit zu geben.

Jndessen schon das, was die jetzige Kenntniß dieser Zu-
stände uns sagt, belehrt uns darüber, daß jene die hauswirth-
schaftliche Production zersetzende Tendenz der fortschreitenden

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bestrittene Erscheinungsreihe, wie weniges Andere in den Fragen
der wirthschaftlichen Veränderungen und ihrer historischen Stufen-
folge. Zu den gesicherten Elementen ökonomischer Wissenschaft
gehört die Erkenntniß, daß der hauswirthschaftliche Charakter
der Production, der in den Anfängen der Cultur vorherrscht
und die verschiedenen technischen Zweige der Arbeit um den
Herd des Hauses vereinigt, mit wachsender Mannigfaltigkeit
der Bedürfnisse, mit steigender Bevölkerungsdichtigkeit, erhöhter
Arbeitsgeschicklichkeit, mit entstehenden Verkehrsmitteln einer
tiefer eingreifenden Arbeitstheilung weicht, welche die berufs-
mäßige Production für den Markt an die Stelle der Production
für den Bedarf des Hauses setzt. Es ist ferner allgemein an-
erkannt, daß diese Tendenz durch die technischen Fortschritte des
gegenwärtigen Zeitalters in ungewöhnlichem Grade bestärkt
worden ist, daß allerhand Dinge, die, von dem kleinen Ge-
werbe so viele Jahrhunderte verschont, im Frieden des Hauses
bereitet worden waren, von dem großen Gewerbe dieses Jahr-
hunderts mit eiserner Faust an sich gerissen worden sind. Jn
welchem Umfange das thatsächlich bis jetzt geschehen ist, dieses
genau festzustellen, würde von der Seite der heutigen Pro-
ductionsweise her schwierig sein, da ihre wachsende Ergiebigkeit
nur eine Vermuthung darüber zuläßt, wieviel zu dem Bedarf,
den sie befriedigt, jene Verschiebung der hauswirthschaftlichen
Production beigetragen hat. Eher würde eine nähere Unter-
suchung über den gegenwärtigen Zustand der hauswirthschaft-
lichen Production (in den verschiedenen Landestheilen und Län-
dern, in Stadt und Land, in Großstadt und Kleinstadt) dazu
geeignet sein, ein Bild der Wirklichkeit zu geben.

Jndessen schon das, was die jetzige Kenntniß dieser Zu-
stände uns sagt, belehrt uns darüber, daß jene die hauswirth-
schaftliche Production zersetzende Tendenz der fortschreitenden

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[131/0147] bestrittene Erscheinungsreihe, wie weniges Andere in den Fragen der wirthschaftlichen Veränderungen und ihrer historischen Stufen- folge. Zu den gesicherten Elementen ökonomischer Wissenschaft gehört die Erkenntniß, daß der hauswirthschaftliche Charakter der Production, der in den Anfängen der Cultur vorherrscht und die verschiedenen technischen Zweige der Arbeit um den Herd des Hauses vereinigt, mit wachsender Mannigfaltigkeit der Bedürfnisse, mit steigender Bevölkerungsdichtigkeit, erhöhter Arbeitsgeschicklichkeit, mit entstehenden Verkehrsmitteln einer tiefer eingreifenden Arbeitstheilung weicht, welche die berufs- mäßige Production für den Markt an die Stelle der Production für den Bedarf des Hauses setzt. Es ist ferner allgemein an- erkannt, daß diese Tendenz durch die technischen Fortschritte des gegenwärtigen Zeitalters in ungewöhnlichem Grade bestärkt worden ist, daß allerhand Dinge, die, von dem kleinen Ge- werbe so viele Jahrhunderte verschont, im Frieden des Hauses bereitet worden waren, von dem großen Gewerbe dieses Jahr- hunderts mit eiserner Faust an sich gerissen worden sind. Jn welchem Umfange das thatsächlich bis jetzt geschehen ist, dieses genau festzustellen, würde von der Seite der heutigen Pro- ductionsweise her schwierig sein, da ihre wachsende Ergiebigkeit nur eine Vermuthung darüber zuläßt, wieviel zu dem Bedarf, den sie befriedigt, jene Verschiebung der hauswirthschaftlichen Production beigetragen hat. Eher würde eine nähere Unter- suchung über den gegenwärtigen Zustand der hauswirthschaft- lichen Production (in den verschiedenen Landestheilen und Län- dern, in Stadt und Land, in Großstadt und Kleinstadt) dazu geeignet sein, ein Bild der Wirklichkeit zu geben. Jndessen schon das, was die jetzige Kenntniß dieser Zu- stände uns sagt, belehrt uns darüber, daß jene die hauswirth- schaftliche Production zersetzende Tendenz der fortschreitenden 9*

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Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/147>, abgerufen am 26.04.2024.