werde nicht mehr im Hause gestrickt, genäht, gestickt, gesponnen, gewoben, geschneidert, gewaschen, nicht mehr gebacken, ein- gepökelt, geräuchert, Früchte eingemacht und bald auch nicht mehr gekocht und gebraten - die "Maschine" habe alles dieses an sich gezogen, der Markt der Arbeitstheilung, der großen Jndustrie, der Welthandel habe es entführt und damit die Con- currenz weiblicher Hausarbeit mattgesetzt. Diese neue Lücke an Arbeitsgelegenheit im Hause mache die weiblichen Hände leer an häuslicher Arbeit und daher zunächst an Arbeit überhaupt - im Gegensatz zu der alten Zeit, in welcher jene Arbeit den Schwerpunkt weiblicher Thätigkeit bildete. Für diese Lücke gelte es, Ersatz zu schaffen, durch neue Arbeitsgelegenheit und durch Fähigkeit zu solcher neuen Arbeit.
Allein wesentlich anders lautet die Ansicht derjenigen Zeugin, die wir als besonders hörenswerth ausführlicher zu Worte kommen ließen. Sie meint vielmehr, von den wirklich ein- getretenen Aenderungen der Productionsweise absehend, es sei in der That innerhalb der Hauswirthschaft und wesentlich für dieselben Zwecke immer noch sehr viel zu leisten, und betont (ohne den auf andere weibliche Berufsarbeiten gerichteten Reform- bestrebungen entgegenzutreten, ja sie unterstützend), es komme vor allem darauf an, in diesem von Alters her überkommenen Gebiete weiblicher Thätigkeit ein ganz anderes Maß weiblicher Leistungskraft herzustellen. Und auch hiebei steht ihr nicht die Rücksicht auf eine überlegene Kraft concurrirender Methoden der heutigen Production im Vordergrund, sondern der allge- meine Zusammenhang mit weiblicher Tüchtigkeit, weiblicher Bildung, weiblichem Berufsleben, ja weiblicher Würde gegen- über dem männlichen Geschlechte.
Nun ist ja die Entwickelungstendenz der Volkswirthschaft, welche in der ersteren Ansicht zur Geltung gelangt, eine so un-
werde nicht mehr im Hause gestrickt, genäht, gestickt, gesponnen, gewoben, geschneidert, gewaschen, nicht mehr gebacken, ein- gepökelt, geräuchert, Früchte eingemacht und bald auch nicht mehr gekocht und gebraten – die „Maschine“ habe alles dieses an sich gezogen, der Markt der Arbeitstheilung, der großen Jndustrie, der Welthandel habe es entführt und damit die Con- currenz weiblicher Hausarbeit mattgesetzt. Diese neue Lücke an Arbeitsgelegenheit im Hause mache die weiblichen Hände leer an häuslicher Arbeit und daher zunächst an Arbeit überhaupt – im Gegensatz zu der alten Zeit, in welcher jene Arbeit den Schwerpunkt weiblicher Thätigkeit bildete. Für diese Lücke gelte es, Ersatz zu schaffen, durch neue Arbeitsgelegenheit und durch Fähigkeit zu solcher neuen Arbeit.
Allein wesentlich anders lautet die Ansicht derjenigen Zeugin, die wir als besonders hörenswerth ausführlicher zu Worte kommen ließen. Sie meint vielmehr, von den wirklich ein- getretenen Aenderungen der Productionsweise absehend, es sei in der That innerhalb der Hauswirthschaft und wesentlich für dieselben Zwecke immer noch sehr viel zu leisten, und betont (ohne den auf andere weibliche Berufsarbeiten gerichteten Reform- bestrebungen entgegenzutreten, ja sie unterstützend), es komme vor allem darauf an, in diesem von Alters her überkommenen Gebiete weiblicher Thätigkeit ein ganz anderes Maß weiblicher Leistungskraft herzustellen. Und auch hiebei steht ihr nicht die Rücksicht auf eine überlegene Kraft concurrirender Methoden der heutigen Production im Vordergrund, sondern der allge- meine Zusammenhang mit weiblicher Tüchtigkeit, weiblicher Bildung, weiblichem Berufsleben, ja weiblicher Würde gegen- über dem männlichen Geschlechte.
Nun ist ja die Entwickelungstendenz der Volkswirthschaft, welche in der ersteren Ansicht zur Geltung gelangt, eine so un-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0146"n="130"/>
werde nicht mehr im Hause gestrickt, genäht, gestickt, gesponnen,<lb/>
gewoben, geschneidert, gewaschen, nicht mehr gebacken, ein-<lb/>
gepökelt, geräuchert, Früchte eingemacht und bald auch nicht<lb/>
mehr gekocht und gebraten – die „Maschine“ habe alles dieses<lb/>
an sich gezogen, der Markt der Arbeitstheilung, der großen<lb/>
Jndustrie, der Welthandel habe es entführt und damit die Con-<lb/>
currenz weiblicher Hausarbeit mattgesetzt. Diese neue Lücke an<lb/>
Arbeitsgelegenheit im Hause mache die weiblichen Hände leer<lb/>
an häuslicher Arbeit und daher zunächst an Arbeit überhaupt –<lb/>
im Gegensatz zu der alten Zeit, in welcher jene Arbeit den<lb/>
Schwerpunkt weiblicher Thätigkeit bildete. Für diese Lücke gelte<lb/>
es, Ersatz zu schaffen, durch neue Arbeitsgelegenheit und durch<lb/>
Fähigkeit zu solcher neuen Arbeit.</p><lb/><p>Allein wesentlich anders lautet die Ansicht derjenigen Zeugin,<lb/>
die wir als besonders hörenswerth ausführlicher zu Worte<lb/>
kommen ließen. Sie meint vielmehr, von den wirklich ein-<lb/>
getretenen Aenderungen der Productionsweise absehend, es sei<lb/>
in der That innerhalb der Hauswirthschaft und wesentlich für<lb/>
dieselben Zwecke immer noch sehr viel zu leisten, und betont<lb/>
(ohne den auf andere weibliche Berufsarbeiten gerichteten Reform-<lb/>
bestrebungen entgegenzutreten, ja sie unterstützend), es komme<lb/>
vor allem darauf an, in diesem von Alters her überkommenen<lb/>
Gebiete weiblicher Thätigkeit ein ganz anderes Maß weiblicher<lb/>
Leistungskraft herzustellen. Und auch hiebei steht ihr nicht die<lb/>
Rücksicht auf eine überlegene Kraft concurrirender Methoden<lb/>
der heutigen Production im Vordergrund, sondern der allge-<lb/>
meine Zusammenhang mit weiblicher Tüchtigkeit, weiblicher<lb/>
Bildung, weiblichem Berufsleben, ja weiblicher Würde gegen-<lb/>
über dem männlichen Geschlechte.</p><lb/><p>Nun ist ja die Entwickelungstendenz der Volkswirthschaft,<lb/>
welche in der ersteren Ansicht zur Geltung gelangt, eine so un-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[130/0146]
werde nicht mehr im Hause gestrickt, genäht, gestickt, gesponnen,
gewoben, geschneidert, gewaschen, nicht mehr gebacken, ein-
gepökelt, geräuchert, Früchte eingemacht und bald auch nicht
mehr gekocht und gebraten – die „Maschine“ habe alles dieses
an sich gezogen, der Markt der Arbeitstheilung, der großen
Jndustrie, der Welthandel habe es entführt und damit die Con-
currenz weiblicher Hausarbeit mattgesetzt. Diese neue Lücke an
Arbeitsgelegenheit im Hause mache die weiblichen Hände leer
an häuslicher Arbeit und daher zunächst an Arbeit überhaupt –
im Gegensatz zu der alten Zeit, in welcher jene Arbeit den
Schwerpunkt weiblicher Thätigkeit bildete. Für diese Lücke gelte
es, Ersatz zu schaffen, durch neue Arbeitsgelegenheit und durch
Fähigkeit zu solcher neuen Arbeit.
Allein wesentlich anders lautet die Ansicht derjenigen Zeugin,
die wir als besonders hörenswerth ausführlicher zu Worte
kommen ließen. Sie meint vielmehr, von den wirklich ein-
getretenen Aenderungen der Productionsweise absehend, es sei
in der That innerhalb der Hauswirthschaft und wesentlich für
dieselben Zwecke immer noch sehr viel zu leisten, und betont
(ohne den auf andere weibliche Berufsarbeiten gerichteten Reform-
bestrebungen entgegenzutreten, ja sie unterstützend), es komme
vor allem darauf an, in diesem von Alters her überkommenen
Gebiete weiblicher Thätigkeit ein ganz anderes Maß weiblicher
Leistungskraft herzustellen. Und auch hiebei steht ihr nicht die
Rücksicht auf eine überlegene Kraft concurrirender Methoden
der heutigen Production im Vordergrund, sondern der allge-
meine Zusammenhang mit weiblicher Tüchtigkeit, weiblicher
Bildung, weiblichem Berufsleben, ja weiblicher Würde gegen-
über dem männlichen Geschlechte.
Nun ist ja die Entwickelungstendenz der Volkswirthschaft,
welche in der ersteren Ansicht zur Geltung gelangt, eine so un-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2021-02-18T15:54:56Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2021-02-18T15:54:56Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: gekennzeichnet;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): als s transkribiert;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/146>, abgerufen am 17.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.