p2c_729.001 als witzig macht. Z. B. - Es ist doch wunderbar bestellt, p2c_729.002 sprach Veit zu Junker Fritzen, daß stets die Reichen p2c_729.003 in der Welt, - das meiste Geld besitzen. Oft ists eine p2c_729.004 Ungereimtheit ein Widerspruch, der doch einen Anschein von p2c_729.005 Richtigkeit hat. Z. B. Wenn dieser Rothkopf ehrlich ist, p2c_729.006 so ist er sicher ein Betrüger. Zuweilen auch ein Wortspiel, p2c_729.007 wiewohl Boileau das nicht haben will. Oft scheints nur p2c_729.008 ein Wortspiel. So läßt sich das Marzialische Epigramm p2c_729.009 II. 3. allerdings übersetzen: Du bist nichts schuldig, p2c_729.010 Marzian, Nur der ist schuldig, der bezahlen kann. - p2c_729.011 Wenn auch das Epigramm zuweilen eine rührende Empfindung p2c_729.012 enthält, so muß doch der Gedanke künstlich gestellt p2c_729.013 seyn. Z. B. Gleims Turteltaube - oder das Sinngedicht p2c_729.014 von Besser: Dies ist die Doris, die Geliebte, die ihren p2c_729.015 Canitz eher nicht, als nur durch ihren Tod betrübte. - p2c_729.016 Einige Kunstrichter nennen Katulls Gedicht auf den Tod p2c_729.017 des Sperlings ein Epigramm. Allein so niedlich es ist, p2c_729.018 so ist es doch mehr ein naives Gemälde, als witzig. Wollte p2c_729.019 man auch die Länge nicht in Betracht ziehn. (Wernike p2c_729.020 hat wahre Epigramme mit immer steigender Erwartung p2c_729.021 und schneller Auflösung, die dennoch lang sind). - Doch p2c_729.022 die Stellung des Gedankens ist keinesweges künstlich, und p2c_729.023 letzteres ist zu einem Epigramm unumgänglich nothwendig. p2c_729.024 Das Wort witzig ist freylich um den Jnhalt des Epigramms p2c_729.025 zu bezeichnen ein wenig eng, weil der Witz Scherz p2c_729.026 voraussetzt. Der Witz ist auch nur eine Modification des p2c_729.027 niedern Schönen, nahmentlich des scherzhaften. Das p2c_729.028 Epigramm soll aber einen objektiven Jnhalt haben,
p2c_729.001 als witzig macht. Z. B. ─ Es ist doch wunderbar bestellt, p2c_729.002 sprach Veit zu Junker Fritzen, daß stets die Reichen p2c_729.003 in der Welt, ─ das meiste Geld besitzen. Oft ists eine p2c_729.004 Ungereimtheit ein Widerspruch, der doch einen Anschein von p2c_729.005 Richtigkeit hat. Z. B. Wenn dieser Rothkopf ehrlich ist, p2c_729.006 so ist er sicher ein Betrüger. Zuweilen auch ein Wortspiel, p2c_729.007 wiewohl Boileau das nicht haben will. Oft scheints nur p2c_729.008 ein Wortspiel. So läßt sich das Marzialische Epigramm p2c_729.009 II. 3. allerdings übersetzen: Du bist nichts schuldig, p2c_729.010 Marzian, Nur der ist schuldig, der bezahlen kann. ─ p2c_729.011 Wenn auch das Epigramm zuweilen eine rührende Empfindung p2c_729.012 enthält, so muß doch der Gedanke künstlich gestellt p2c_729.013 seyn. Z. B. Gleims Turteltaube ─ oder das Sinngedicht p2c_729.014 von Besser: Dies ist die Doris, die Geliebte, die ihren p2c_729.015 Canitz eher nicht, als nur durch ihren Tod betrübte. ─ p2c_729.016 Einige Kunstrichter nennen Katulls Gedicht auf den Tod p2c_729.017 des Sperlings ein Epigramm. Allein so niedlich es ist, p2c_729.018 so ist es doch mehr ein naives Gemälde, als witzig. Wollte p2c_729.019 man auch die Länge nicht in Betracht ziehn. (Wernike p2c_729.020 hat wahre Epigramme mit immer steigender Erwartung p2c_729.021 und schneller Auflösung, die dennoch lang sind). ─ Doch p2c_729.022 die Stellung des Gedankens ist keinesweges künstlich, und p2c_729.023 letzteres ist zu einem Epigramm unumgänglich nothwendig. p2c_729.024 Das Wort witzig ist freylich um den Jnhalt des Epigramms p2c_729.025 zu bezeichnen ein wenig eng, weil der Witz Scherz p2c_729.026 voraussetzt. Der Witz ist auch nur eine Modification des p2c_729.027 niedern Schönen, nahmentlich des scherzhaften. Das p2c_729.028 Epigramm soll aber einen objektiven Jnhalt haben,
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 729. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/253>, abgerufen am 17.07.2024.
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