Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_714.001 p2c_714.010 p2c_714.001 p2c_714.010 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0238" n="714"/><lb n="p2c_714.001"/> Weisen geziemt. Young ermüdet durch die großen ausgeführten <lb n="p2c_714.002"/> Figuren, so wie die <hi rendition="#g">Urania</hi> ein neues sehr ausgezeichnetes <lb n="p2c_714.003"/> deutsches Lehrgedicht, durch die kleinern ausgeführten <lb n="p2c_714.004"/> Miniaturgemälde. <hi rendition="#g">Göthe</hi> hat unter seinen kleinen <lb n="p2c_714.005"/> lyrischen Gedichten einige kurze Lehrgedichte, die mehr <lb n="p2c_714.006"/> zu den gnomischen Gedichten (s. weiter unten) gehören. Wie <lb n="p2c_714.007"/> sein Styl überhaupt Muster des poetischen Styls ist, so <lb n="p2c_714.008"/> könnte auch der Ausdruck in jenen Gedichten den <hi rendition="#g">höhern</hi> <lb n="p2c_714.009"/> Lehrdichtern zum Muster dienen.</p> <p><lb n="p2c_714.010"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> 2. Das <hi rendition="#g">höhere</hi> Lehrgedicht nimmt <lb n="p2c_714.011"/> mehrere <hi rendition="#g">zufällige</hi> Formen an. Am meisten Würde hat <lb n="p2c_714.012"/> es freylich, wenn es, wie im Lukrez, als ein großes Werk <lb n="p2c_714.013"/> erscheint, das der Dichter vollenden will. Lucrez widmet <lb n="p2c_714.014"/> das Werk seinem Freunde Memmius Gemellus, mit dem er <lb n="p2c_714.015"/> ehemals in Athen gewesen war. Allein deswegen kann man <lb n="p2c_714.016"/> hier noch keine Epistolarform annehmen. Der feyerliche Anruf <lb n="p2c_714.017"/> an die Venus, der hier noch besser paßt, als beym Ennius, <lb n="p2c_714.018"/> ist im epischen Ton und läßt ein Werk von langem <lb n="p2c_714.019"/> Athem erwarten. Eben so geben die <hi rendition="#aq">noctes serenae vs</hi>. <lb n="p2c_714.020"/> 133. die der Dichter durchwachen will, dem ganzen einen <lb n="p2c_714.021"/> höhern lyrischen Ton. ─ Youngs schlaflose Nächte geben <lb n="p2c_714.022"/> auch seinem Gedichte eine lyrische Form. Pope hat die Briefform <lb n="p2c_714.023"/> und dies stimmt auch den Ton des Gedichts etwas herab. <lb n="p2c_714.024"/> Haller hat auch eine <hi rendition="#g">lyrische,</hi> und zuweilen erzählende <lb n="p2c_714.025"/> Form. Auch das <hi rendition="#g">poetische</hi> Gespräch könnte hier <lb n="p2c_714.026"/> angewendet werden, nur müßte die Scene, wo die Sprechenden <lb n="p2c_714.027"/> aufträten, gut, und des Gegenstandes würdig decorirt </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [714/0238]
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Weisen geziemt. Young ermüdet durch die großen ausgeführten p2c_714.002
Figuren, so wie die Urania ein neues sehr ausgezeichnetes p2c_714.003
deutsches Lehrgedicht, durch die kleinern ausgeführten p2c_714.004
Miniaturgemälde. Göthe hat unter seinen kleinen p2c_714.005
lyrischen Gedichten einige kurze Lehrgedichte, die mehr p2c_714.006
zu den gnomischen Gedichten (s. weiter unten) gehören. Wie p2c_714.007
sein Styl überhaupt Muster des poetischen Styls ist, so p2c_714.008
könnte auch der Ausdruck in jenen Gedichten den höhern p2c_714.009
Lehrdichtern zum Muster dienen.
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Anmerk. 2. Das höhere Lehrgedicht nimmt p2c_714.011
mehrere zufällige Formen an. Am meisten Würde hat p2c_714.012
es freylich, wenn es, wie im Lukrez, als ein großes Werk p2c_714.013
erscheint, das der Dichter vollenden will. Lucrez widmet p2c_714.014
das Werk seinem Freunde Memmius Gemellus, mit dem er p2c_714.015
ehemals in Athen gewesen war. Allein deswegen kann man p2c_714.016
hier noch keine Epistolarform annehmen. Der feyerliche Anruf p2c_714.017
an die Venus, der hier noch besser paßt, als beym Ennius, p2c_714.018
ist im epischen Ton und läßt ein Werk von langem p2c_714.019
Athem erwarten. Eben so geben die noctes serenae vs. p2c_714.020
133. die der Dichter durchwachen will, dem ganzen einen p2c_714.021
höhern lyrischen Ton. ─ Youngs schlaflose Nächte geben p2c_714.022
auch seinem Gedichte eine lyrische Form. Pope hat die Briefform p2c_714.023
und dies stimmt auch den Ton des Gedichts etwas herab. p2c_714.024
Haller hat auch eine lyrische, und zuweilen erzählende p2c_714.025
Form. Auch das poetische Gespräch könnte hier p2c_714.026
angewendet werden, nur müßte die Scene, wo die Sprechenden p2c_714.027
aufträten, gut, und des Gegenstandes würdig decorirt
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