p2c_679.001 Anmerk. Hallers Gedicht an die Ewigkeit ist p2c_679.002 vielleicht die höchste Richtung, welche die Phantasie in diesem p2c_679.003 Felde nehmen kann. Haller schildert durch lauter p2c_679.004 Negationen, so zu sagen im Schooße des Nichts das p2c_679.005 höchste Daseyn. Ueberall sieht man das Streben des Dichters, p2c_679.006 das höchste Beharrliche für die Anschauung, die Substanzp2c_679.007 darzustellen. "Und wenn ein zweytes Nichts wird p2c_679.008 diese Welt begraben, wann von dem Allen selbst nichts bleibet p2c_679.009 als die Stelle, wann mancher Himmel noch, von andern p2c_679.010 Sternen helle, wird seinen Lauf vollendet haben, wirst du p2c_679.011 so jung, als jetzt von deinem Tod gleich weit, gleich ewig p2c_679.012 künftig seyn, wie heut. - "Wie eine Uhr beseelt durch p2c_679.013 ein Gewicht, eilt eine Sonn aus Gottes Kraft bewegt, p2c_679.014 Jhr Trieb läuft ab, und eine zweyte schlägt, du aber p2c_679.015 bleibst und zählst sie nicht. - Thomsons Jahrszeiten p2c_679.016 schildern eigentlich nur veränderliche Erscheinungen. p2c_679.017 Allein das Beharrliche, was zum Grunde liegt, ist die p2c_679.018 Natur. Die Natur ist eigentlich der Gegenstand, den p2c_679.019 Thomson beschreibt, und so gehört sein Gedicht zu den höhernp2c_679.020 beschreibenden Gedichten, welchen Rang es nächst p2c_679.021 seinem Jnnhalte auch durch seinen Styl behauptet. Thomsons p2c_679.022 Frühling zeigt den bildenden Einfluß der Natur auf die p2c_679.023 leblose Materie, auf die Pflanzen, auf die wilden Thiere, p2c_679.024 zuletzt auf den Menschen. Der Sommer beginnt mit einem p2c_679.025 Blick auf die Bewegung der himmlischen Körper, als eine p2c_679.026 Ursache der Jahreszeiten. Durch alle diese Schilderungen p2c_679.027 vergänglicher Erscheinungen bekommen wir ein Gemälde von p2c_679.028 der Natur, als beharrlichem productiven Wesen. - Es
p2c_679.001 Anmerk. Hallers Gedicht an die Ewigkeit ist p2c_679.002 vielleicht die höchste Richtung, welche die Phantasie in diesem p2c_679.003 Felde nehmen kann. Haller schildert durch lauter p2c_679.004 Negationen, so zu sagen im Schooße des Nichts das p2c_679.005 höchste Daseyn. Ueberall sieht man das Streben des Dichters, p2c_679.006 das höchste Beharrliche für die Anschauung, die Substanzp2c_679.007 darzustellen. „Und wenn ein zweytes Nichts wird p2c_679.008 diese Welt begraben, wann von dem Allen selbst nichts bleibet p2c_679.009 als die Stelle, wann mancher Himmel noch, von andern p2c_679.010 Sternen helle, wird seinen Lauf vollendet haben, wirst du p2c_679.011 so jung, als jetzt von deinem Tod gleich weit, gleich ewig p2c_679.012 künftig seyn, wie heut. ─ „Wie eine Uhr beseelt durch p2c_679.013 ein Gewicht, eilt eine Sonn aus Gottes Kraft bewegt, p2c_679.014 Jhr Trieb läuft ab, und eine zweyte schlägt, du aber p2c_679.015 bleibst und zählst sie nicht. ─ Thomsons Jahrszeiten p2c_679.016 schildern eigentlich nur veränderliche Erscheinungen. p2c_679.017 Allein das Beharrliche, was zum Grunde liegt, ist die p2c_679.018 Natur. Die Natur ist eigentlich der Gegenstand, den p2c_679.019 Thomson beschreibt, und so gehört sein Gedicht zu den höhernp2c_679.020 beschreibenden Gedichten, welchen Rang es nächst p2c_679.021 seinem Jnnhalte auch durch seinen Styl behauptet. Thomsons p2c_679.022 Frühling zeigt den bildenden Einfluß der Natur auf die p2c_679.023 leblose Materie, auf die Pflanzen, auf die wilden Thiere, p2c_679.024 zuletzt auf den Menschen. Der Sommer beginnt mit einem p2c_679.025 Blick auf die Bewegung der himmlischen Körper, als eine p2c_679.026 Ursache der Jahreszeiten. Durch alle diese Schilderungen p2c_679.027 vergänglicher Erscheinungen bekommen wir ein Gemälde von p2c_679.028 der Natur, als beharrlichem productiven Wesen. ─ Es
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/203>, abgerufen am 16.07.2024.
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