Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

p2c_664.001
der einen Seite das romantische mit in sich enthalten, p2c_664.002
und auf der andern zum eigentlichen Possenspiel werden, p2c_664.003
und das niedere komische als herrschend aufnehmen. p2c_664.004
Wenn im satyrischen Lustspiel der Griechen, im feinkomischen p2c_664.005
den Franzosen, im edlen Lustspiel den p2c_664.006
Deutschen der Preis zuerkannt werden kann, so findet sich p2c_664.007
dagegen das groteskkomische in vollkommner Ausbildung p2c_664.008
auf dem Spanischen und Jtalienischen Theater, p2c_664.009
wo es besonders mit dem romantischen verbunden p2c_664.010
ist. Da es dabey auf auffallende Kontraste abgesehn p2c_664.011
ist, so zeigt sich hier alles in bunter Mischung, und es ist p2c_664.012
weder große Einheit des Plans, noch der ästhetischen Empfindung p2c_664.013
nöthig. - Man kann hieher die sogenannten p2c_664.014
Mysterien und christlichen Schauspiele der abendländischen p2c_664.015
Völker, der Jtaliener und Spanier, die Autos, Comedias p2c_664.016
de Santos
, die figure, Vangeli, geistlich allegorischen p2c_664.017
Zwischenspiele (Moralitäten), einen Theil der Tragikomödien p2c_664.018
u. s. w. rechnen. Hier geht heiliges und profanes, p2c_664.019
personnifizirte leblose Welt und wirkliche historische Person, p2c_664.020
Schäfer und König in wilder Unordnung durch einander. p2c_664.021
Den romantischen Charakter behielt das Lustspiel bey den p2c_664.022
Spaniern durchaus. Lopez de Vega und Calderone sind p2c_664.023
reich an Verwicklungen, stellen das rührende neben das niedrige, p2c_664.024
und verbinden den hochtrabenden Styl mit dem gemeinen. p2c_664.025
Bey den Jtalienern bildete sich besonders in Gozzis p2c_664.026
Geist das groteskkomische und romantische p2c_664.027
Lustspiel. Shakespears Lustspiele haben meist auch den p2c_664.028
Charakter des Groteskkomischen und Romantischen.

p2c_664.001
der einen Seite das romantische mit in sich enthalten, p2c_664.002
und auf der andern zum eigentlichen Possenspiel werden, p2c_664.003
und das niedere komische als herrschend aufnehmen. p2c_664.004
Wenn im satyrischen Lustspiel der Griechen, im feinkomischen p2c_664.005
den Franzosen, im edlen Lustspiel den p2c_664.006
Deutschen der Preis zuerkannt werden kann, so findet sich p2c_664.007
dagegen das groteskkomische in vollkommner Ausbildung p2c_664.008
auf dem Spanischen und Jtalienischen Theater, p2c_664.009
wo es besonders mit dem romantischen verbunden p2c_664.010
ist. Da es dabey auf auffallende Kontraste abgesehn p2c_664.011
ist, so zeigt sich hier alles in bunter Mischung, und es ist p2c_664.012
weder große Einheit des Plans, noch der ästhetischen Empfindung p2c_664.013
nöthig. ─ Man kann hieher die sogenannten p2c_664.014
Mysterien und christlichen Schauspiele der abendländischen p2c_664.015
Völker, der Jtaliener und Spanier, die Autos, Comedias p2c_664.016
de Santos
, die figure, Vangeli, geistlich allegorischen p2c_664.017
Zwischenspiele (Moralitäten), einen Theil der Tragikomödien p2c_664.018
u. s. w. rechnen. Hier geht heiliges und profanes, p2c_664.019
personnifizirte leblose Welt und wirkliche historische Person, p2c_664.020
Schäfer und König in wilder Unordnung durch einander. p2c_664.021
Den romantischen Charakter behielt das Lustspiel bey den p2c_664.022
Spaniern durchaus. Lopez de Vega und Calderone sind p2c_664.023
reich an Verwicklungen, stellen das rührende neben das niedrige, p2c_664.024
und verbinden den hochtrabenden Styl mit dem gemeinen. p2c_664.025
Bey den Jtalienern bildete sich besonders in Gozzis p2c_664.026
Geist das groteskkomische und romantische p2c_664.027
Lustspiel. Shakespears Lustspiele haben meist auch den p2c_664.028
Charakter des Groteskkomischen und Romantischen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0188" n="664"/><lb n="p2c_664.001"/>
der einen Seite das <hi rendition="#g">romantische</hi> mit in sich enthalten, <lb n="p2c_664.002"/>
und auf der andern zum eigentlichen <hi rendition="#g">Possenspiel</hi> werden, <lb n="p2c_664.003"/>
und das <hi rendition="#g">niedere</hi> komische als herrschend aufnehmen. <lb n="p2c_664.004"/>
Wenn im <hi rendition="#g">satyrischen</hi> Lustspiel der Griechen, im <hi rendition="#g">feinkomischen</hi> <lb n="p2c_664.005"/>
den Franzosen, im <hi rendition="#g">edlen</hi> Lustspiel den <lb n="p2c_664.006"/>
Deutschen der Preis zuerkannt werden kann, so findet sich <lb n="p2c_664.007"/>
dagegen das <hi rendition="#g">groteskkomische</hi> in vollkommner Ausbildung <lb n="p2c_664.008"/>
auf dem <hi rendition="#g">Spanischen</hi> und <hi rendition="#g">Jtalienischen</hi> Theater, <lb n="p2c_664.009"/>
wo es besonders mit dem <hi rendition="#g">romantischen</hi> verbunden <lb n="p2c_664.010"/>
ist. Da es dabey auf <hi rendition="#g">auffallende</hi> Kontraste abgesehn <lb n="p2c_664.011"/>
ist, so zeigt sich hier alles in bunter Mischung, und es ist <lb n="p2c_664.012"/>
weder große Einheit des Plans, noch der ästhetischen Empfindung <lb n="p2c_664.013"/>
nöthig. &#x2500; Man kann hieher die sogenannten <lb n="p2c_664.014"/> <hi rendition="#g">Mysterien</hi> und christlichen Schauspiele der abendländischen <lb n="p2c_664.015"/>
Völker, der Jtaliener und Spanier, die <hi rendition="#aq">Autos, Comedias <lb n="p2c_664.016"/>
de Santos</hi>, die <hi rendition="#aq">figure, Vangeli</hi>, geistlich allegorischen <lb n="p2c_664.017"/>
Zwischenspiele (Moralitäten), einen Theil der Tragikomödien <lb n="p2c_664.018"/>
u. s. w. rechnen. Hier geht heiliges und profanes, <lb n="p2c_664.019"/>
personnifizirte leblose Welt und wirkliche historische Person, <lb n="p2c_664.020"/>
Schäfer und König in wilder Unordnung durch einander. <lb n="p2c_664.021"/>
Den romantischen Charakter behielt das Lustspiel bey den <lb n="p2c_664.022"/>
Spaniern durchaus. Lopez de Vega und Calderone sind <lb n="p2c_664.023"/>
reich an Verwicklungen, stellen das rührende neben das niedrige, <lb n="p2c_664.024"/>
und verbinden den hochtrabenden Styl mit dem gemeinen. <lb n="p2c_664.025"/>
Bey den Jtalienern bildete sich besonders in <hi rendition="#g">Gozzis</hi> <lb n="p2c_664.026"/>
Geist das <hi rendition="#g">groteskkomische</hi> und <hi rendition="#g">romantische</hi> <lb n="p2c_664.027"/>
Lustspiel. <hi rendition="#g">Shakespears</hi> Lustspiele haben meist auch den <lb n="p2c_664.028"/>
Charakter des <hi rendition="#g">Groteskkomischen</hi> und Romantischen.
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[664/0188] p2c_664.001 der einen Seite das romantische mit in sich enthalten, p2c_664.002 und auf der andern zum eigentlichen Possenspiel werden, p2c_664.003 und das niedere komische als herrschend aufnehmen. p2c_664.004 Wenn im satyrischen Lustspiel der Griechen, im feinkomischen p2c_664.005 den Franzosen, im edlen Lustspiel den p2c_664.006 Deutschen der Preis zuerkannt werden kann, so findet sich p2c_664.007 dagegen das groteskkomische in vollkommner Ausbildung p2c_664.008 auf dem Spanischen und Jtalienischen Theater, p2c_664.009 wo es besonders mit dem romantischen verbunden p2c_664.010 ist. Da es dabey auf auffallende Kontraste abgesehn p2c_664.011 ist, so zeigt sich hier alles in bunter Mischung, und es ist p2c_664.012 weder große Einheit des Plans, noch der ästhetischen Empfindung p2c_664.013 nöthig. ─ Man kann hieher die sogenannten p2c_664.014 Mysterien und christlichen Schauspiele der abendländischen p2c_664.015 Völker, der Jtaliener und Spanier, die Autos, Comedias p2c_664.016 de Santos, die figure, Vangeli, geistlich allegorischen p2c_664.017 Zwischenspiele (Moralitäten), einen Theil der Tragikomödien p2c_664.018 u. s. w. rechnen. Hier geht heiliges und profanes, p2c_664.019 personnifizirte leblose Welt und wirkliche historische Person, p2c_664.020 Schäfer und König in wilder Unordnung durch einander. p2c_664.021 Den romantischen Charakter behielt das Lustspiel bey den p2c_664.022 Spaniern durchaus. Lopez de Vega und Calderone sind p2c_664.023 reich an Verwicklungen, stellen das rührende neben das niedrige, p2c_664.024 und verbinden den hochtrabenden Styl mit dem gemeinen. p2c_664.025 Bey den Jtalienern bildete sich besonders in Gozzis p2c_664.026 Geist das groteskkomische und romantische p2c_664.027 Lustspiel. Shakespears Lustspiele haben meist auch den p2c_664.028 Charakter des Groteskkomischen und Romantischen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/188
Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 664. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/188>, abgerufen am 24.11.2024.