Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

p2c_630.001
Hier ist eine Art Stillstand, man genießt einen der schönsten p2c_630.002
romantischen Momente, dieses merkwürdige Schauspiel, p2c_630.003
wie Elmire ruft Rodrigue devant moi! - Mit dem p2c_630.004
Ende des dritten Akts wird man aufmerksam auf die Entwicklung p2c_630.005
gemacht. Die Handlung neigt sich. Der Feind p2c_630.006
greift das Vaterland an, und Rodrigo wird vom Vaterland p2c_630.007
aufgefordert, den Verlust des Feldherrn, den er tödtete, p2c_630.008
zu ersetzen. Sein Sieg veranlaßt den König selbst der p2c_630.009
Schiedsrichter zu seyn. Er tritt auf die Seite der liebenden p2c_630.010
Herzen, und versöhnt ihre durch Meynungen getrennten p2c_630.011
Gemüther. - So viel von den Akten. Bey den Griechen p2c_630.012
kann man oft sieben bis acht Akte zählen, wenn man p2c_630.013
nach den Chören geht. Kleinere Abtheilungen heißen Szenen. p2c_630.014
Die Kritiker verlangen hier zu jedem Abgehn und p2c_630.015
Kommen von Personen mit Recht einen Grund im Plane p2c_630.016
des Ganzen. Sie verlangen die Verkettung der p2c_630.017
Scenen. Das Theater soll nicht ganz leer werden. Daß p2c_630.018
Personen auftreten, welche nicht zusammen in Verbindung p2c_630.019
siehn, dies würde eine zu große Abtheilung geben. Das p2c_630.020
würde einem Akt gleichen. -

p2c_630.021
§. 7.

p2c_630.022
Da der objektive Jnhalt des Trauerspiels eine p2c_630.023
heroische Handlung ist, so wird der ästhetische p2c_630.024
Jnnhalt
oder die subjektiven Empfindungen, welche p2c_630.025
erweckt werden sollen, nothwendig zur Gattung des höhern p2c_630.026
Schönen gehören. Alle Modificationen desselben

p2c_630.001
Hier ist eine Art Stillstand, man genießt einen der schönsten p2c_630.002
romantischen Momente, dieses merkwürdige Schauspiel, p2c_630.003
wie Elmire ruft Rodrigue devant moi! ─ Mit dem p2c_630.004
Ende des dritten Akts wird man aufmerksam auf die Entwicklung p2c_630.005
gemacht. Die Handlung neigt sich. Der Feind p2c_630.006
greift das Vaterland an, und Rodrigo wird vom Vaterland p2c_630.007
aufgefordert, den Verlust des Feldherrn, den er tödtete, p2c_630.008
zu ersetzen. Sein Sieg veranlaßt den König selbst der p2c_630.009
Schiedsrichter zu seyn. Er tritt auf die Seite der liebenden p2c_630.010
Herzen, und versöhnt ihre durch Meynungen getrennten p2c_630.011
Gemüther. ─ So viel von den Akten. Bey den Griechen p2c_630.012
kann man oft sieben bis acht Akte zählen, wenn man p2c_630.013
nach den Chören geht. Kleinere Abtheilungen heißen Szenen. p2c_630.014
Die Kritiker verlangen hier zu jedem Abgehn und p2c_630.015
Kommen von Personen mit Recht einen Grund im Plane p2c_630.016
des Ganzen. Sie verlangen die Verkettung der p2c_630.017
Scenen. Das Theater soll nicht ganz leer werden. Daß p2c_630.018
Personen auftreten, welche nicht zusammen in Verbindung p2c_630.019
siehn, dies würde eine zu große Abtheilung geben. Das p2c_630.020
würde einem Akt gleichen. ─

p2c_630.021
§. 7.

p2c_630.022
Da der objektive Jnhalt des Trauerspiels eine p2c_630.023
heroische Handlung ist, so wird der ästhetische p2c_630.024
Jnnhalt
oder die subjektiven Empfindungen, welche p2c_630.025
erweckt werden sollen, nothwendig zur Gattung des höhern p2c_630.026
Schönen gehören. Alle Modificationen desselben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0154" n="630"/><lb n="p2c_630.001"/>
Hier ist eine Art Stillstand, man genießt einen der schönsten <lb n="p2c_630.002"/>
romantischen Momente, dieses merkwürdige Schauspiel, <lb n="p2c_630.003"/>
wie Elmire ruft <hi rendition="#aq">Rodrigue devant moi</hi>! &#x2500; Mit dem <lb n="p2c_630.004"/>
Ende des dritten Akts wird man aufmerksam auf die Entwicklung <lb n="p2c_630.005"/>
gemacht. Die Handlung neigt sich. Der Feind <lb n="p2c_630.006"/>
greift das Vaterland an, und Rodrigo wird vom Vaterland <lb n="p2c_630.007"/>
aufgefordert, den Verlust des Feldherrn, den er tödtete, <lb n="p2c_630.008"/>
zu ersetzen. Sein Sieg veranlaßt den König selbst der <lb n="p2c_630.009"/>
Schiedsrichter zu seyn. Er tritt auf die Seite der liebenden <lb n="p2c_630.010"/>
Herzen, und versöhnt ihre durch Meynungen getrennten <lb n="p2c_630.011"/>
Gemüther. &#x2500; So viel von den <hi rendition="#g">Akten.</hi> Bey den Griechen <lb n="p2c_630.012"/>
kann man oft sieben bis acht Akte zählen, wenn man <lb n="p2c_630.013"/>
nach den Chören geht. Kleinere Abtheilungen heißen <hi rendition="#g">Szenen.</hi> <lb n="p2c_630.014"/>
Die Kritiker verlangen hier zu jedem Abgehn und <lb n="p2c_630.015"/>
Kommen von Personen mit Recht einen <hi rendition="#g">Grund</hi> im Plane <lb n="p2c_630.016"/>
des Ganzen. Sie verlangen die <hi rendition="#g">Verkettung</hi> der <lb n="p2c_630.017"/>
Scenen. Das Theater soll nicht ganz leer werden. Daß <lb n="p2c_630.018"/>
Personen auftreten, welche nicht zusammen in Verbindung <lb n="p2c_630.019"/>
siehn, dies würde eine zu große Abtheilung geben. Das <lb n="p2c_630.020"/>
würde einem Akt gleichen. &#x2500;</p>
            <p> <hi rendition="#c"><lb n="p2c_630.021"/>
§. 7.</hi> </p>
            <p><lb n="p2c_630.022"/>
Da der <hi rendition="#g">objektive</hi> Jnhalt des Trauerspiels eine <lb n="p2c_630.023"/> <hi rendition="#g">heroische</hi> Handlung ist, so wird der <hi rendition="#g">ästhetische <lb n="p2c_630.024"/>
Jnnhalt</hi> oder die subjektiven Empfindungen, welche <lb n="p2c_630.025"/>
erweckt werden sollen, nothwendig zur Gattung des <hi rendition="#g">höhern</hi> <lb n="p2c_630.026"/>
Schönen gehören. Alle Modificationen desselben
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[630/0154] p2c_630.001 Hier ist eine Art Stillstand, man genießt einen der schönsten p2c_630.002 romantischen Momente, dieses merkwürdige Schauspiel, p2c_630.003 wie Elmire ruft Rodrigue devant moi! ─ Mit dem p2c_630.004 Ende des dritten Akts wird man aufmerksam auf die Entwicklung p2c_630.005 gemacht. Die Handlung neigt sich. Der Feind p2c_630.006 greift das Vaterland an, und Rodrigo wird vom Vaterland p2c_630.007 aufgefordert, den Verlust des Feldherrn, den er tödtete, p2c_630.008 zu ersetzen. Sein Sieg veranlaßt den König selbst der p2c_630.009 Schiedsrichter zu seyn. Er tritt auf die Seite der liebenden p2c_630.010 Herzen, und versöhnt ihre durch Meynungen getrennten p2c_630.011 Gemüther. ─ So viel von den Akten. Bey den Griechen p2c_630.012 kann man oft sieben bis acht Akte zählen, wenn man p2c_630.013 nach den Chören geht. Kleinere Abtheilungen heißen Szenen. p2c_630.014 Die Kritiker verlangen hier zu jedem Abgehn und p2c_630.015 Kommen von Personen mit Recht einen Grund im Plane p2c_630.016 des Ganzen. Sie verlangen die Verkettung der p2c_630.017 Scenen. Das Theater soll nicht ganz leer werden. Daß p2c_630.018 Personen auftreten, welche nicht zusammen in Verbindung p2c_630.019 siehn, dies würde eine zu große Abtheilung geben. Das p2c_630.020 würde einem Akt gleichen. ─ p2c_630.021 §. 7. p2c_630.022 Da der objektive Jnhalt des Trauerspiels eine p2c_630.023 heroische Handlung ist, so wird der ästhetische p2c_630.024 Jnnhalt oder die subjektiven Empfindungen, welche p2c_630.025 erweckt werden sollen, nothwendig zur Gattung des höhern p2c_630.026 Schönen gehören. Alle Modificationen desselben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/154
Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/154>, abgerufen am 05.05.2024.