Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_617.001 p2c_617.021 p2c_617.001 p2c_617.021 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0141" n="617"/><lb n="p2c_617.001"/> nicht orientiren. Es ist dies eine besondere Richtung, welche <lb n="p2c_617.002"/> die Poesie bey den neuern Nazionen genommen hat. Die <lb n="p2c_617.003"/> Phantasie, die hier recht eigentlich zu Hause ist, will sich <lb n="p2c_617.004"/> verliehren in einzelnen Situationen des Lebens. ─ Weil <lb n="p2c_617.005"/> oft der Stoff für dergleichen Gedichte aus den <hi rendition="#g">Ritterzeiten</hi> <lb n="p2c_617.006"/> genommen wird, so nennt man sie auch <hi rendition="#g">Rittergedichte.</hi> <lb n="p2c_617.007"/> Der <hi rendition="#g">ästhetische</hi> Jnhalt ist also das <hi rendition="#g">romantisch <lb n="p2c_617.008"/> schöne,</hi> mithin die <hi rendition="#g">Grazie</hi> (s. oben von den Untergattungen <lb n="p2c_617.009"/> des Schönen.) Man könnte das <hi rendition="#g">romantische</hi> <lb n="p2c_617.010"/> Gedicht mehr zu den historischen Gedichten des <hi rendition="#g">niedern</hi> <lb n="p2c_617.011"/> Schönen zählen, wenn nicht der kriegerische Stoff <lb n="p2c_617.012"/> der Empfindung eine herrschende <hi rendition="#g">Heftigkeit</hi> und <hi rendition="#g">Hoheit</hi> <lb n="p2c_617.013"/> mittheilte. Der <hi rendition="#g">Styl</hi> muß <hi rendition="#g">leicht</hi> seyn, kann <lb n="p2c_617.014"/> ans Galante gränzen. Da die Phantasie hier vorzüglich <lb n="p2c_617.015"/> spielt, so kommt dem Dichter sogar der Ton einer Jronie <lb n="p2c_617.016"/> mit sich selbst und des <hi rendition="#g">Scherzes</hi> zu. Jhn haben Wieland <lb n="p2c_617.017"/> und Ariost angenommen, die hier Muster sind. Wieland <lb n="p2c_617.018"/> hat Einfachheit des Plans vor Ariost voraus, wenn er <lb n="p2c_617.019"/> gleich minder poetisch ist. Das beste <hi rendition="#g">Metrum</hi> ist die <lb n="p2c_617.020"/> <hi rendition="#g">Stanze.</hi></p> <p><lb n="p2c_617.021"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> 2. <hi rendition="#g">Kleinere</hi> romantische Gedichte in <lb n="p2c_617.022"/> <hi rendition="#g">Liederform</hi> und Volkston, in welchen heroische und andere <lb n="p2c_617.023"/> abentheuerliche besonders grausende Begebenheiten dargestellt <lb n="p2c_617.024"/> werden, nennt man <hi rendition="#g">Balladen</hi> oder <hi rendition="#g">Romanzen</hi> <lb n="p2c_617.025"/> im weiten Sinne. Die englischen und altschottischen <lb n="p2c_617.026"/> Balladen geben hier das beste Muster. ─ Der Jnnhalt <lb n="p2c_617.027"/> muß <hi rendition="#g">abentheuerlich</hi> seyn, aus der Ritter=, Kloster=, </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [617/0141]
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nicht orientiren. Es ist dies eine besondere Richtung, welche p2c_617.002
die Poesie bey den neuern Nazionen genommen hat. Die p2c_617.003
Phantasie, die hier recht eigentlich zu Hause ist, will sich p2c_617.004
verliehren in einzelnen Situationen des Lebens. ─ Weil p2c_617.005
oft der Stoff für dergleichen Gedichte aus den Ritterzeiten p2c_617.006
genommen wird, so nennt man sie auch Rittergedichte. p2c_617.007
Der ästhetische Jnhalt ist also das romantisch p2c_617.008
schöne, mithin die Grazie (s. oben von den Untergattungen p2c_617.009
des Schönen.) Man könnte das romantische p2c_617.010
Gedicht mehr zu den historischen Gedichten des niedern p2c_617.011
Schönen zählen, wenn nicht der kriegerische Stoff p2c_617.012
der Empfindung eine herrschende Heftigkeit und Hoheit p2c_617.013
mittheilte. Der Styl muß leicht seyn, kann p2c_617.014
ans Galante gränzen. Da die Phantasie hier vorzüglich p2c_617.015
spielt, so kommt dem Dichter sogar der Ton einer Jronie p2c_617.016
mit sich selbst und des Scherzes zu. Jhn haben Wieland p2c_617.017
und Ariost angenommen, die hier Muster sind. Wieland p2c_617.018
hat Einfachheit des Plans vor Ariost voraus, wenn er p2c_617.019
gleich minder poetisch ist. Das beste Metrum ist die p2c_617.020
Stanze.
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Anmerk. 2. Kleinere romantische Gedichte in p2c_617.022
Liederform und Volkston, in welchen heroische und andere p2c_617.023
abentheuerliche besonders grausende Begebenheiten dargestellt p2c_617.024
werden, nennt man Balladen oder Romanzen p2c_617.025
im weiten Sinne. Die englischen und altschottischen p2c_617.026
Balladen geben hier das beste Muster. ─ Der Jnnhalt p2c_617.027
muß abentheuerlich seyn, aus der Ritter=, Kloster=,
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