Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_616.001 p2c_616.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0140" n="616"/><lb n="p2c_616.001"/> des Astolfo, des Ruggiero u. s. w. Hauptsache, und <lb n="p2c_616.002"/> daß ein großer Krieg dabey geführt wird, ist zufällig. So giebt <lb n="p2c_616.003"/> auch Ariost seinen <hi rendition="#g">Jnnhalt</hi> an: <hi rendition="#aq">Le Donne, <hi rendition="#g">ei</hi> Ca <lb n="p2c_616.004"/> valier, l'arme, gli amori, le cortesie, l'audaci imprese <lb n="p2c_616.005"/> io canto, <hi rendition="#g">che furo</hi> al tempo, che passaro i <lb n="p2c_616.006"/> Mori d'Africa il muro</hi> u. s. w. Also eine Menge abentheuerlicher <lb n="p2c_616.007"/> Begebenheiten rafft hier der Dichter zusammen, <lb n="p2c_616.008"/> und stellt sie dar. Die Begebenheiten sind zu der Zeit des <lb n="p2c_616.009"/> Kriegs. Aber das ist nur zufällig. Er will nicht <hi rendition="#g">Eine</hi> <lb n="p2c_616.010"/> wichtige Handlung, er will recht verwickelte Begebenheiten <lb n="p2c_616.011"/> von Privatpersonen schildern. Tasso hingegen, ob er gleich <lb n="p2c_616.012"/> zum romantischen Gedicht sich hinüber neigt, auch in seinen <lb n="p2c_616.013"/> <hi rendition="#aq">discorsi</hi> keinen Unterschied zwischen Epopöe und Rittergedicht <lb n="p2c_616.014"/> anerkennt, kündigt seinen Jnhalt doch im Ton der <lb n="p2c_616.015"/> förmlichen Epopöe an. Die frommen Waffen singt er, <lb n="p2c_616.016"/> und den Feldherrn, der Christi großes Grab befreyte. Das <lb n="p2c_616.017"/> ist also Eine wichtige Handlung, und er schließt damit, daß <lb n="p2c_616.018"/> Goffredo vor dem eroberten Grabe nieder knieet. Das <lb n="p2c_616.019"/> <hi rendition="#g">Abentheuerliche,</hi> das Ueberraschende ist also im romantischen <lb n="p2c_616.020"/> Heldengedicht die Hauptsache. Das <hi rendition="#g">Wunderbare</hi> <lb n="p2c_616.021"/> was hier vorkommt ist nicht das <hi rendition="#g">höhere</hi> Wunderbare, <lb n="p2c_616.022"/> das sich auf die letzten Weltursachen bezieht, sondern <lb n="p2c_616.023"/> das <hi rendition="#g">niedere</hi> Wunderbare, das Mährchenhafte. Zauberer, <lb n="p2c_616.024"/> Riesen, Gnomen u. s. w. sind hier die Haupttriebfedern, <lb n="p2c_616.025"/> weil man keine Ansicht der ganzen Weltordnung verlangt, <lb n="p2c_616.026"/> das <hi rendition="#g">höhere</hi> wunderbare würde sogar hier stöhren, <lb n="p2c_616.027"/> weil es zu viel <hi rendition="#g">Licht</hi> giebt. Das <hi rendition="#g">romantische</hi> Gedicht <lb n="p2c_616.028"/> will dunkel gehalten seyn. Man will sich hier gar </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [616/0140]
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des Astolfo, des Ruggiero u. s. w. Hauptsache, und p2c_616.002
daß ein großer Krieg dabey geführt wird, ist zufällig. So giebt p2c_616.003
auch Ariost seinen Jnnhalt an: Le Donne, ei Ca p2c_616.004
valier, l'arme, gli amori, le cortesie, l'audaci imprese p2c_616.005
io canto, che furo al tempo, che passaro i p2c_616.006
Mori d'Africa il muro u. s. w. Also eine Menge abentheuerlicher p2c_616.007
Begebenheiten rafft hier der Dichter zusammen, p2c_616.008
und stellt sie dar. Die Begebenheiten sind zu der Zeit des p2c_616.009
Kriegs. Aber das ist nur zufällig. Er will nicht Eine p2c_616.010
wichtige Handlung, er will recht verwickelte Begebenheiten p2c_616.011
von Privatpersonen schildern. Tasso hingegen, ob er gleich p2c_616.012
zum romantischen Gedicht sich hinüber neigt, auch in seinen p2c_616.013
discorsi keinen Unterschied zwischen Epopöe und Rittergedicht p2c_616.014
anerkennt, kündigt seinen Jnhalt doch im Ton der p2c_616.015
förmlichen Epopöe an. Die frommen Waffen singt er, p2c_616.016
und den Feldherrn, der Christi großes Grab befreyte. Das p2c_616.017
ist also Eine wichtige Handlung, und er schließt damit, daß p2c_616.018
Goffredo vor dem eroberten Grabe nieder knieet. Das p2c_616.019
Abentheuerliche, das Ueberraschende ist also im romantischen p2c_616.020
Heldengedicht die Hauptsache. Das Wunderbare p2c_616.021
was hier vorkommt ist nicht das höhere Wunderbare, p2c_616.022
das sich auf die letzten Weltursachen bezieht, sondern p2c_616.023
das niedere Wunderbare, das Mährchenhafte. Zauberer, p2c_616.024
Riesen, Gnomen u. s. w. sind hier die Haupttriebfedern, p2c_616.025
weil man keine Ansicht der ganzen Weltordnung verlangt, p2c_616.026
das höhere wunderbare würde sogar hier stöhren, p2c_616.027
weil es zu viel Licht giebt. Das romantische Gedicht p2c_616.028
will dunkel gehalten seyn. Man will sich hier gar
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