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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

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längere folgen, so sey der Daktylus unrein, z. B. liebender p1c_388.002
ist besser als: offenbar. Letzterer nähert sich schon p1c_388.003
dem Creticus. Die Bemerkung ist sehr wahr, denn der p1c_388.004
Jctus macht die erste Sylbe: liebender, so lang, daß die p1c_388.005
zweyte, wenn gleich etwas länger als die dritte, dennoch in p1c_388.006
Vergleichung mit der ersten kurz erscheint. Bey offenbar p1c_388.007
aber wird die dritte Sylbe, in Vergleichung mit der zweyten p1c_388.008
kürzern, lang erscheinen müssen. Sollte nicht aber diese p1c_388.009
Bemerkung eben so gut für die griechische Sprache passen? p1c_388.010
Sind denn alle Daktylen im Homer gleich rein? t~e p1c_388.011
K~ai - proparonith~e p~odon war vielleicht kein so reiner p1c_388.012
Daktylus, als otruneon, und eben aus dem oben angeführten p1c_388.013
Grunde. - Aus diesem allen folgt, daß die Annahme p1c_388.014
einer Kürze, als Grundmaaß der Sylben, in p1c_388.015
jeder Sprache ziemlich willkührlich ist, und daß keine einzige p1c_388.016
Sprache eine durchaus bestimmte Prosodie besitzt. p1c_388.017
Die neuern Sprachen scheinen anfangs so muthlos gewesen p1c_388.018
zu seyn, daß sie gar keine Quantität berücksichtigten, sondern p1c_388.019
blos die Sylben zählten. Man nahm jede Sylbe p1c_388.020
als einen gleichen Zeittheil an, und glaubte, Verse müßten p1c_388.021
sich correspondiren, wenn sie auf diese Weise gleiche p1c_388.022
Zeitlängen erhalten hätten. Es war damit, wie vielleicht p1c_388.023
in der ältesten griechischen Poesie. Quinctilian sagt, wie p1c_388.024
es sich denn auch denken läßt, man habe die pedes und den p1c_388.025
Grund des Wohllauts, der aus der Quantität entsteht, erst

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längere folgen, so sey der Daktylus unrein, z. B. līebēn̆dĕr p1c_388.002
ist besser als: ōffĕnbār. Letzterer nähert sich schon p1c_388.003
dem Creticus. Die Bemerkung ist sehr wahr, denn der p1c_388.004
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zweyte, wenn gleich etwas länger als die dritte, dennoch in p1c_388.006
Vergleichung mit der ersten kurz erscheint. Bey óffenbār p1c_388.007
aber wird die dritte Sylbe, in Vergleichung mit der zweyten p1c_388.008
kürzern, lang erscheinen müssen. Sollte nicht aber diese p1c_388.009
Bemerkung eben so gut für die griechische Sprache passen? p1c_388.010
Sind denn alle Daktylen im Homer gleich rein? τ~̆ε p1c_388.011
Κ~̆αι ─ προπαρο̄ιθ~̆ε π~̆οδων war vielleicht kein so reiner p1c_388.012
Daktylus, als ὀτρυνεων, und eben aus dem oben angeführten p1c_388.013
Grunde. ─ Aus diesem allen folgt, daß die Annahme p1c_388.014
einer Kürze, als Grundmaaß der Sylben, in p1c_388.015
jeder Sprache ziemlich willkührlich ist, und daß keine einzige p1c_388.016
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Die neuern Sprachen scheinen anfangs so muthlos gewesen p1c_388.018
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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/446>, abgerufen am 23.11.2024.