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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

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oft die Freyheit des Rhythmus zu sehr, welche innerhalb p1c_376.002
der Fesseln des Reimes gar wohl bestehen kann. Der Reim p1c_376.003
erleichtert es, rhythmische Reihen zu fassen, sie auf einander p1c_376.004
zu beziehen, und vereinigt so Einheit und Mannichfaltigkeit. p1c_376.005
Wo ein freyerer Rhythmus herrschen muß, in p1c_376.006
leichten erzählenden und scherzhaften Gedichten, ist er unentbehrlich. p1c_376.007
Bey Liedern, Hymnen und andern Gesangstücken p1c_376.008
unterstützt er selbst das Metrum. Die Stanze ist die eigenthümliche p1c_376.009
Wohnung der romantischen Poesie. Dem Lustspiel p1c_376.010
giebt der Reim eine gewisse Würde, als Kunstwerk, p1c_376.011
die dazu dient, es von einer bloßen Nachahmung des gemeinen p1c_376.012
Lebens zu unterscheiden. Nur wo das eigentlich Erhabene p1c_376.013
herrscht, in der Epopee, dem Trauerspiel, der p1c_376.014
Ode, ist für Sprachen, die sich einer festen Prosodie rühmen p1c_376.015
können, das reimfreye Metrum vorzuziehen. Es macht p1c_376.016
dem Genie des großen Corneille darum viel Ehre, daß ihm p1c_376.017
der Reim schwer ward, der in ihm manche Gedanken unterdrückte, p1c_376.018
und Klopstocks kühner Genius verdient Bewunderung, p1c_376.019
der in Deutschland zuerst und vielleicht allein den p1c_376.020
lyrischen Maaßstab heller blitzen sah, die Fessel des Reims p1c_376.021
zerbrach, und für Gegenstände, die über alle Spielereyen p1c_376.022
des Klanges erhaben sind, eine höhere Musik schuf. Wir p1c_376.023
haben schon weiter oben erinnert, daß der Reim sich nicht p1c_376.024
mit dem Hexameter verträgt. Dasselbe läßt sich fast von p1c_376.025
allen ausgezeichneten Sylbenmaaßen sagen. Selten wird p1c_376.026
der Reim in Verbindung mit ihnen Wirkung thun. Blos p1c_376.027
bey den trochäischen Sylbenmaaßen, die sich schon der Prosa p1c_376.028
nähern, oder bey andern sehr unregelmäßigen, ist der Reim

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oft die Freyheit des Rhythmus zu sehr, welche innerhalb p1c_376.002
der Fesseln des Reimes gar wohl bestehen kann. Der Reim p1c_376.003
erleichtert es, rhythmische Reihen zu fassen, sie auf einander p1c_376.004
zu beziehen, und vereinigt so Einheit und Mannichfaltigkeit. p1c_376.005
Wo ein freyerer Rhythmus herrschen muß, in p1c_376.006
leichten erzählenden und scherzhaften Gedichten, ist er unentbehrlich. p1c_376.007
Bey Liedern, Hymnen und andern Gesangstücken p1c_376.008
unterstützt er selbst das Metrum. Die Stanze ist die eigenthümliche p1c_376.009
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giebt der Reim eine gewisse Würde, als Kunstwerk, p1c_376.011
die dazu dient, es von einer bloßen Nachahmung des gemeinen p1c_376.012
Lebens zu unterscheiden. Nur wo das eigentlich Erhabene p1c_376.013
herrscht, in der Epopee, dem Trauerspiel, der p1c_376.014
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können, das reimfreye Metrum vorzuziehen. Es macht p1c_376.016
dem Genie des großen Corneille darum viel Ehre, daß ihm p1c_376.017
der Reim schwer ward, der in ihm manche Gedanken unterdrückte, p1c_376.018
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lyrischen Maaßstab heller blitzen sah, die Fessel des Reims p1c_376.021
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der Reim in Verbindung mit ihnen Wirkung thun. Blos p1c_376.027
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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/434>, abgerufen am 09.11.2024.