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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

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Spanien später aufgekommen, als die Consonanz, und kann p1c_374.002
allerdings dazu beytragen, den Wohllaut zu vermehren. p1c_374.003
Jhre Regeln richten sich nach dem, was wir in der zweyten p1c_374.004
Anmerkung von dem Wohllaut der Vocale überhaupt gesagt p1c_374.005
haben. Das o und das a wird also die Assonanz sehr musikalisch p1c_374.006
machen, wenn es sich als herrschend zeigt. Will p1c_374.007
man weiter gehen, so kann man auch auf die letzten Consonanten p1c_374.008
mit Rücksicht nehmen. Es versteht sich, daß dieser p1c_374.009
besonders ausgezeichnete Wohllaut durch den Sinn selbst p1c_374.010
herbeygeführt werde, sonst wird freylich eine unnütze Spielerey p1c_374.011
daraus. Was nun den Gebrauch des Reims überhaupt p1c_374.012
betrifft, so ist in neuern Zeiten viel darüber gestritten p1c_374.013
worden. Einige haben ihn, als ein unnützes Schellengeklingel, p1c_374.014
ganz verbannen wollen. Andere haben ihn, in p1c_374.015
Ansehung der neuern Sprachen, für unentbehrlich gehalten. p1c_374.016
Freylich ist der Reim ein Hülfsmittel, die Gedankenarmuth p1c_374.017
einen Augenblick zu verbergen, indem doch wenigstens p1c_374.018
das Ohr beschäftigt wird. Auch muß er, wenn er sich p1c_374.019
nicht, wie Boileau sagt, mit dem Verstande vertragen will, p1c_374.020
sondern offenbar unpassende, überflüssige Gedanken herbeyzieht, p1c_374.021
allerdings Popes und Rabners Spott verdienen. p1c_374.022
Allein dieser Spott trifft doch mehr diejenigen, welche den p1c_374.023
Reim nicht zu behandeln verstehn, als ihn selbst. Daß der p1c_374.024
Reim auch für nicht asthenische Dichter ein Reitzmittel sey, p1c_374.025
Gedanken zu erwecken, ist keine Frage. Sein musikalischer p1c_374.026
Ton giebt der dichterischen Sprache einen neuen Zauber, p1c_374.027
der sie von der gemeinen Rede unterscheidet, einen neuen p1c_374.028
Accent, eine neue Fessel, dem Dichter eine neue Schwierigkeit

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Spanien später aufgekommen, als die Consonanz, und kann p1c_374.002
allerdings dazu beytragen, den Wohllaut zu vermehren. p1c_374.003
Jhre Regeln richten sich nach dem, was wir in der zweyten p1c_374.004
Anmerkung von dem Wohllaut der Vocale überhaupt gesagt p1c_374.005
haben. Das o und das a wird also die Assonanz sehr musikalisch p1c_374.006
machen, wenn es sich als herrschend zeigt. Will p1c_374.007
man weiter gehen, so kann man auch auf die letzten Consonanten p1c_374.008
mit Rücksicht nehmen. Es versteht sich, daß dieser p1c_374.009
besonders ausgezeichnete Wohllaut durch den Sinn selbst p1c_374.010
herbeygeführt werde, sonst wird freylich eine unnütze Spielerey p1c_374.011
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ganz verbannen wollen. Andere haben ihn, in p1c_374.015
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Freylich ist der Reim ein Hülfsmittel, die Gedankenarmuth p1c_374.017
einen Augenblick zu verbergen, indem doch wenigstens p1c_374.018
das Ohr beschäftigt wird. Auch muß er, wenn er sich p1c_374.019
nicht, wie Boileau sagt, mit dem Verstande vertragen will, p1c_374.020
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Reim nicht zu behandeln verstehn, als ihn selbst. Daß der p1c_374.024
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[374/0432] p1c_374.001 Spanien später aufgekommen, als die Consonanz, und kann p1c_374.002 allerdings dazu beytragen, den Wohllaut zu vermehren. p1c_374.003 Jhre Regeln richten sich nach dem, was wir in der zweyten p1c_374.004 Anmerkung von dem Wohllaut der Vocale überhaupt gesagt p1c_374.005 haben. Das o und das a wird also die Assonanz sehr musikalisch p1c_374.006 machen, wenn es sich als herrschend zeigt. Will p1c_374.007 man weiter gehen, so kann man auch auf die letzten Consonanten p1c_374.008 mit Rücksicht nehmen. Es versteht sich, daß dieser p1c_374.009 besonders ausgezeichnete Wohllaut durch den Sinn selbst p1c_374.010 herbeygeführt werde, sonst wird freylich eine unnütze Spielerey p1c_374.011 daraus. Was nun den Gebrauch des Reims überhaupt p1c_374.012 betrifft, so ist in neuern Zeiten viel darüber gestritten p1c_374.013 worden. Einige haben ihn, als ein unnützes Schellengeklingel, p1c_374.014 ganz verbannen wollen. Andere haben ihn, in p1c_374.015 Ansehung der neuern Sprachen, für unentbehrlich gehalten. p1c_374.016 Freylich ist der Reim ein Hülfsmittel, die Gedankenarmuth p1c_374.017 einen Augenblick zu verbergen, indem doch wenigstens p1c_374.018 das Ohr beschäftigt wird. Auch muß er, wenn er sich p1c_374.019 nicht, wie Boileau sagt, mit dem Verstande vertragen will, p1c_374.020 sondern offenbar unpassende, überflüssige Gedanken herbeyzieht, p1c_374.021 allerdings Popes und Rabners Spott verdienen. p1c_374.022 Allein dieser Spott trifft doch mehr diejenigen, welche den p1c_374.023 Reim nicht zu behandeln verstehn, als ihn selbst. Daß der p1c_374.024 Reim auch für nicht asthenische Dichter ein Reitzmittel sey, p1c_374.025 Gedanken zu erwecken, ist keine Frage. Sein musikalischer p1c_374.026 Ton giebt der dichterischen Sprache einen neuen Zauber, p1c_374.027 der sie von der gemeinen Rede unterscheidet, einen neuen p1c_374.028 Accent, eine neue Fessel, dem Dichter eine neue Schwierigkeit

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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/432>, abgerufen am 09.11.2024.