p1c_365.001 bestimmt. Denn ein sehr schön tönender Reim setzt auch p1c_365.002 ein merkwürdiges Wort voraus. Und bey gleichgültigern p1c_365.003 Theilen der Rede ist es oft besser, dem Reim einen minder p1c_365.004 ausgezeichneten Klang zu geben. 8) Da der Reim in einer p1c_365.005 Aehnlichkeit des Schalls besteht, so muß auch eine Art Einklang p1c_365.006 seyn, weil sonst der vorausgesetzte Zweck nur halb erreicht p1c_365.007 wird. Nun ist es zwar nicht allemal nöthig, daß die p1c_365.008 Consonanz des Klanges ganz vollkommen sey. Dies ist bey p1c_365.009 den sogenannten reichen Reimen der Fall, z. B. visible, p1c_365.010 risible, vengeance und engeance, petulance und balance. p1c_365.011 Hier treffen alle Consonanten und Vocalen der zwey p1c_365.012 Sylben überein. Allein eine gewisse Reinheit und Harmoniep1c_365.013 wird doch erfordert. Hieraus folgt, a) daß dasselbe p1c_365.014 Wort in der Regel nicht auf sich selber reimen kann, p1c_365.015 wenn es nicht in einer ganz andern Bedeutung vorkommt. p1c_365.016 Denn das ist nicht Einklang, sondern Monotonie. A tous p1c_365.017 ses beaux discours j'etois comme une piere - Ou p1c_365.018 comme la statue est au festin de Pierre. Boileau. p1c_365.019 Jn besondern Fällen kann es aber auch gute Wirkung thun. p1c_365.020 b) Daß composita mit ihren simplicibus, Wurzelwörter p1c_365.021 mit ihren derivativis nicht auf einander reimen; z. B. tragen, p1c_365.022 vertragen,constant, inconstant. Zuweilen p1c_365.023 kann aber eine gewisse Rauheit auch hier Effekt machen. p1c_365.024 c) Daß bey weiblichen Reimen die Consonanten der zweyten p1c_365.025 Sylbe der Aussprache nach gleich seyn, die vordern der ersten p1c_365.026 Sylbe können verschieden klingen; z. B. starben, p1c_365.027 darben, aber nicht Zelten, melden. - Bey männlichen p1c_365.028 Reimen müssen nur die Endconsonanten der Sylbe
p1c_365.001 bestimmt. Denn ein sehr schön tönender Reim setzt auch p1c_365.002 ein merkwürdiges Wort voraus. Und bey gleichgültigern p1c_365.003 Theilen der Rede ist es oft besser, dem Reim einen minder p1c_365.004 ausgezeichneten Klang zu geben. 8) Da der Reim in einer p1c_365.005 Aehnlichkeit des Schalls besteht, so muß auch eine Art Einklang p1c_365.006 seyn, weil sonst der vorausgesetzte Zweck nur halb erreicht p1c_365.007 wird. Nun ist es zwar nicht allemal nöthig, daß die p1c_365.008 Consonanz des Klanges ganz vollkommen sey. Dies ist bey p1c_365.009 den sogenannten reichen Reimen der Fall, z. B. visible, p1c_365.010 risible, vengeance und engeance, petulance und balance. p1c_365.011 Hier treffen alle Consonanten und Vocalen der zwey p1c_365.012 Sylben überein. Allein eine gewisse Reinheit und Harmoniep1c_365.013 wird doch erfordert. Hieraus folgt, a) daß dasselbe p1c_365.014 Wort in der Regel nicht auf sich selber reimen kann, p1c_365.015 wenn es nicht in einer ganz andern Bedeutung vorkommt. p1c_365.016 Denn das ist nicht Einklang, sondern Monotonie. A tous p1c_365.017 ses beaux discours j'étois comme une piere ─ Ou p1c_365.018 comme la statue est au festin de Pierre. Boileau. p1c_365.019 Jn besondern Fällen kann es aber auch gute Wirkung thun. p1c_365.020 b) Daß composita mit ihren simplicibus, Wurzelwörter p1c_365.021 mit ihren derivativis nicht auf einander reimen; z. B. tragen, p1c_365.022 vertragen,constant, inconstant. Zuweilen p1c_365.023 kann aber eine gewisse Rauheit auch hier Effekt machen. p1c_365.024 c) Daß bey weiblichen Reimen die Consonanten der zweyten p1c_365.025 Sylbe der Aussprache nach gleich seyn, die vordern der ersten p1c_365.026 Sylbe können verschieden klingen; z. B. starben, p1c_365.027 darben, aber nicht Zelten, melden. ─ Bey männlichen p1c_365.028 Reimen müssen nur die Endconsonanten der Sylbe
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comme la statue est au festin de Pierre. Boileau. p1c_365.019
Jn besondern Fällen kann es aber auch gute Wirkung thun. p1c_365.020
b) Daß composita mit ihren simplicibus, Wurzelwörter p1c_365.021
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/423>, abgerufen am 09.11.2024.
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