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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.

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des Rhythmus, mit dem sich eine Kraft nach und nach p1c_343.002
evolvirt. Der Rhythmus besteht auch nicht in einer völligen p1c_343.003
Gleichheit der Zeittheile, nicht einmal in einer völligen p1c_343.004
Gleichheit ihrer Verhältnisse, sondern nur in einer Aehnlichkeit p1c_343.005
oder Proportion ihrer Verhältnisse, die hier als irrational p1c_343.006
angesehen werden müssen. Der Begriff der Gleichheit p1c_343.007
mehrerer Tonreihen wird erst durch das Metrum festgestellt. p1c_343.008
Quinctilian hat demnach die Jdee des Rhythmus p1c_343.009
weit richtiger bestimmt, indem er sie genau von dem Metrum p1c_343.010
unterscheidet, welches, nach Hermann, schon größtentheils p1c_343.011
im Rhythmus liegt. Nun haben zwar die Grammatiker p1c_343.012
Rhythmus und Metrum für gleichgeltend gebraucht. p1c_343.013
Allein der Philosoph muß die Begriffe von einander trennen. p1c_343.014
Das Metrum in der Poesie ist, was der bestimmte Takt in p1c_343.015
der Musik ist. Haben die Griechen Metra komponirt, so p1c_343.016
haben sie auch eine Art Takt gehabt, und so wie sich Takt p1c_343.017
und Rhythmus in der Musik von einander trennen und nur p1c_343.018
zuweilen coincidiren, so bewegt sich auch der freye Rhythmus p1c_343.019
der dichterischen Sprache fessellos selbst im Metrum, und p1c_343.020
trifft in seinen Wirkungen nur zuweilen ganz mit dem bestimmten p1c_343.021
Maaß überein.

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Anmerk. 2. Bey manchen Gedichten findet der p1c_343.023
Rhythmus ohne Metrum Statt. Man pflegte dies sonst p1c_343.024
poetische Prosa zu nennen, wie Geßners Jdyllen. Jm p1c_343.025
Geßner nähert sich der rhythmische Periode zuweilen sehr p1c_343.026
dem metrischen, was Klopstock in seinen Fragmenten an p1c_343.027
dem Plato und andern lobt, Quinctilian tadelt. Allerdings

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des Rhythmus, mit dem sich eine Kraft nach und nach p1c_343.002
evolvirt. Der Rhythmus besteht auch nicht in einer völligen p1c_343.003
Gleichheit der Zeittheile, nicht einmal in einer völligen p1c_343.004
Gleichheit ihrer Verhältnisse, sondern nur in einer Aehnlichkeit p1c_343.005
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weit richtiger bestimmt, indem er sie genau von dem Metrum p1c_343.010
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im Rhythmus liegt. Nun haben zwar die Grammatiker p1c_343.012
Rhythmus und Metrum für gleichgeltend gebraucht. p1c_343.013
Allein der Philosoph muß die Begriffe von einander trennen. p1c_343.014
Das Metrum in der Poesie ist, was der bestimmte Takt in p1c_343.015
der Musik ist. Haben die Griechen Metra komponirt, so p1c_343.016
haben sie auch eine Art Takt gehabt, und so wie sich Takt p1c_343.017
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zuweilen coincidiren, so bewegt sich auch der freye Rhythmus p1c_343.019
der dichterischen Sprache fessellos selbst im Metrum, und p1c_343.020
trifft in seinen Wirkungen nur zuweilen ganz mit dem bestimmten p1c_343.021
Maaß überein.

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Anmerk. 2. Bey manchen Gedichten findet der p1c_343.023
Rhythmus ohne Metrum Statt. Man pflegte dies sonst p1c_343.024
poetische Prosa zu nennen, wie Geßners Jdyllen. Jm p1c_343.025
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[343/0401] p1c_343.001 des Rhythmus, mit dem sich eine Kraft nach und nach p1c_343.002 evolvirt. Der Rhythmus besteht auch nicht in einer völligen p1c_343.003 Gleichheit der Zeittheile, nicht einmal in einer völligen p1c_343.004 Gleichheit ihrer Verhältnisse, sondern nur in einer Aehnlichkeit p1c_343.005 oder Proportion ihrer Verhältnisse, die hier als irrational p1c_343.006 angesehen werden müssen. Der Begriff der Gleichheit p1c_343.007 mehrerer Tonreihen wird erst durch das Metrum festgestellt. p1c_343.008 Quinctilian hat demnach die Jdee des Rhythmus p1c_343.009 weit richtiger bestimmt, indem er sie genau von dem Metrum p1c_343.010 unterscheidet, welches, nach Hermann, schon größtentheils p1c_343.011 im Rhythmus liegt. Nun haben zwar die Grammatiker p1c_343.012 Rhythmus und Metrum für gleichgeltend gebraucht. p1c_343.013 Allein der Philosoph muß die Begriffe von einander trennen. p1c_343.014 Das Metrum in der Poesie ist, was der bestimmte Takt in p1c_343.015 der Musik ist. Haben die Griechen Metra komponirt, so p1c_343.016 haben sie auch eine Art Takt gehabt, und so wie sich Takt p1c_343.017 und Rhythmus in der Musik von einander trennen und nur p1c_343.018 zuweilen coincidiren, so bewegt sich auch der freye Rhythmus p1c_343.019 der dichterischen Sprache fessellos selbst im Metrum, und p1c_343.020 trifft in seinen Wirkungen nur zuweilen ganz mit dem bestimmten p1c_343.021 Maaß überein. p1c_343.022 Anmerk. 2. Bey manchen Gedichten findet der p1c_343.023 Rhythmus ohne Metrum Statt. Man pflegte dies sonst p1c_343.024 poetische Prosa zu nennen, wie Geßners Jdyllen. Jm p1c_343.025 Geßner nähert sich der rhythmische Periode zuweilen sehr p1c_343.026 dem metrischen, was Klopstock in seinen Fragmenten an p1c_343.027 dem Plato und andern lobt, Quinctilian tadelt. Allerdings

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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/401>, abgerufen am 23.11.2024.