p1c_319.001 muß die poetische Sprache klar, aber nicht deutlichp1c_319.002 seyn. Wir wollen diese Eigenschaft mit dem Worte p1c_319.003 des Hermogenes sapheneia benennen.
p1c_319.004 Anmerk. 1. Die Prosa hat den Zweck der Erkenntniß.p1c_319.005 Hier muß nicht blos das Ganze der Begriffe, p1c_319.006 sondern auch der Zusammenhang der Theile sich p1c_319.007 genau bestimmen, einsehen lassen. Der wissenschaftlichep1c_319.008 Styl kann entweder synthetisch verfahren, indem p1c_319.009 er das System der Begriffe als vollendet darstellt, oder p1c_319.010 er kann analytisch, aber nach einem logischen Zusammenhange p1c_319.011 verfahren und das System im Werden zeigen. Jn p1c_319.012 beyden Fällen ist Deutlichkeit die Hauptregel, d. h. Einsicht p1c_319.013 in den nothwendigen Zusammenhang der Theile. Der p1c_319.014 dichterische Styl giebt keine Einsicht, aber doch ein p1c_319.015 Gefühl von der Wechselwirkung der Theile zu einem vollkommenen p1c_319.016 Ganzen, und stellt so die Zweckmäßigkeitp1c_319.017 unsrer Gedankenreihe überhaupt dar. Scaliger meynt, das p1c_319.018 Wort sapheneia müsse mit Quinctilian perspicuitasp1c_319.019 übersetzt werden, und wendet dies auf die die dichterischep1c_319.020 Sprache an. Sie müsse wie ein durchsichtiger Gegenstand p1c_319.021 dem Geiste die volle Ansicht der Sache gewähren. Allein p1c_319.022 dies paßt eher auf die Prosa. Deswegen haben wir den p1c_319.023 Ausdruck Klarheit gewählt.
p1c_319.024 Anmerk. 2. Dunkelheit ist also ein Fehler der p1c_319.025 dichterischen Sprache, wie der prosaischen, und erstere verfällt p1c_319.026 leichter in denselben, als die Prosa, weil sie reichhaltig
p1c_319.001 muß die poetische Sprache klar, aber nicht deutlichp1c_319.002 seyn. Wir wollen diese Eigenschaft mit dem Worte p1c_319.003 des Hermogenes σαφηνεια benennen.
p1c_319.004 Anmerk. 1. Die Prosa hat den Zweck der Erkenntniß.p1c_319.005 Hier muß nicht blos das Ganze der Begriffe, p1c_319.006 sondern auch der Zusammenhang der Theile sich p1c_319.007 genau bestimmen, einsehen lassen. Der wissenschaftlichep1c_319.008 Styl kann entweder synthetisch verfahren, indem p1c_319.009 er das System der Begriffe als vollendet darstellt, oder p1c_319.010 er kann analytisch, aber nach einem logischen Zusammenhange p1c_319.011 verfahren und das System im Werden zeigen. Jn p1c_319.012 beyden Fällen ist Deutlichkeit die Hauptregel, d. h. Einsicht p1c_319.013 in den nothwendigen Zusammenhang der Theile. Der p1c_319.014 dichterische Styl giebt keine Einsicht, aber doch ein p1c_319.015 Gefühl von der Wechselwirkung der Theile zu einem vollkommenen p1c_319.016 Ganzen, und stellt so die Zweckmäßigkeitp1c_319.017 unsrer Gedankenreihe überhaupt dar. Scaliger meynt, das p1c_319.018 Wort σαφηνεια müsse mit Quinctilian perspicuitasp1c_319.019 übersetzt werden, und wendet dies auf die die dichterischep1c_319.020 Sprache an. Sie müsse wie ein durchsichtiger Gegenstand p1c_319.021 dem Geiste die volle Ansicht der Sache gewähren. Allein p1c_319.022 dies paßt eher auf die Prosa. Deswegen haben wir den p1c_319.023 Ausdruck Klarheit gewählt.
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muß die poetische Sprache klar, aber nicht deutlich p1c_319.002
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des Hermogenes σαφηνεια benennen.
p1c_319.004
Anmerk. 1. Die Prosa hat den Zweck der Erkenntniß. p1c_319.005
Hier muß nicht blos das Ganze der Begriffe, p1c_319.006
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übersetzt werden, und wendet dies auf die die dichterische p1c_319.020
Sprache an. Sie müsse wie ein durchsichtiger Gegenstand p1c_319.021
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dies paßt eher auf die Prosa. Deswegen haben wir den p1c_319.023
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p1c_319.024
Anmerk. 2. Dunkelheit ist also ein Fehler der p1c_319.025
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/377>, abgerufen am 23.11.2024.
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