p1c_289.001 vermochten auch die Trojaner nicht zu helfen u. s. w. Die p1c_289.002 Unordnung in diesem Gleichniß ist ächt poetisch. Freylich p1c_289.003 könnte man eher den Priamus mit der Hirschkuh vergleichen, p1c_289.004 als die Trojaner. Aber der Dichter geht nur auf die Aehnlichkeit p1c_289.005 im ganzen Gedanken. Il. l. 475. kommen Menelaus p1c_289.006 und Ajax dem von Trojanern umringten Ulysses zu p1c_289.007 Hülfe. Die Trojaner entfliehn. Dies veranlaßt den Dichter p1c_289.008 zu folgendem Gleichniß: Ein Hirsch ist verwundet. p1c_289.009 Wölfe sind um ihn her. Da verjagt sie ein Löwe und frißt p1c_289.010 den Hirsch. Hier sind Nebenzüge, die nicht passen. Denn p1c_289.011 Menelaus tödtet den Ulysses nicht, sondern hilft ihm. Aber p1c_289.012 der Dichter sucht nicht so peinlich die Aehnlichkeiten herauszuheben. p1c_289.013 - Gerade durch solche allgemeine Züge, p1c_289.014 die er hinzufügt, gewinnt die Einbildungskraft an Freyheit, p1c_289.015 das Bild an Unendlichkeit. Kein Epiker und überhaupt p1c_289.016 kein Poet ist glücklicher darin, eine Anschauung von p1c_289.017 der Größe des Universums durch Gleichnisse zu geben, als p1c_289.018 Homer, und gerade durch kleine Zusätze. Ströme stürzen p1c_289.019 ins Thal, ton de te telose doupon en ouresin eklue poimen. p1c_289.020 Der Schall der zusammengestoßenen Schilde wird p1c_289.021 verglichen mit dem Lärmen der Holzhauer im Walde. - p1c_289.022 Der Rauch steigt aus einer Jnsel fern im Meer. - Bey p1c_289.023 der Beschreibung des Mittags wird hinzugefügt, itzt sey die p1c_289.024 Zeit, wo der Holzhauer auf den Bergen aufhöre zu arbeiten p1c_289.025 und sein Essen hervorhole. - Wie meisterhaft wird die p1c_289.026 Einbildungskraft dadurch mitten aus dem Getümmel der p1c_289.027 Waffen gerissen und in eine andre Gegend der Welt geführt, p1c_289.028 wo vollkommne Ruhe herrscht. - Ossian ist weit genauer
p1c_289.001 vermochten auch die Trojaner nicht zu helfen u. s. w. Die p1c_289.002 Unordnung in diesem Gleichniß ist ächt poetisch. Freylich p1c_289.003 könnte man eher den Priamus mit der Hirschkuh vergleichen, p1c_289.004 als die Trojaner. Aber der Dichter geht nur auf die Aehnlichkeit p1c_289.005 im ganzen Gedanken. Il. λ. 475. kommen Menelaus p1c_289.006 und Ajax dem von Trojanern umringten Ulysses zu p1c_289.007 Hülfe. Die Trojaner entfliehn. Dies veranlaßt den Dichter p1c_289.008 zu folgendem Gleichniß: Ein Hirsch ist verwundet. p1c_289.009 Wölfe sind um ihn her. Da verjagt sie ein Löwe und frißt p1c_289.010 den Hirsch. Hier sind Nebenzüge, die nicht passen. Denn p1c_289.011 Menelaus tödtet den Ulysses nicht, sondern hilft ihm. Aber p1c_289.012 der Dichter sucht nicht so peinlich die Aehnlichkeiten herauszuheben. p1c_289.013 ─ Gerade durch solche allgemeine Züge, p1c_289.014 die er hinzufügt, gewinnt die Einbildungskraft an Freyheit, p1c_289.015 das Bild an Unendlichkeit. Kein Epiker und überhaupt p1c_289.016 kein Poet ist glücklicher darin, eine Anschauung von p1c_289.017 der Größe des Universums durch Gleichnisse zu geben, als p1c_289.018 Homer, und gerade durch kleine Zusätze. Ströme stürzen p1c_289.019 ins Thal, των δε τε τηλοσε δουπον ἐν οὐρεσιν ἐκλυε ποιμην. p1c_289.020 Der Schall der zusammengestoßenen Schilde wird p1c_289.021 verglichen mit dem Lärmen der Holzhauer im Walde. ─ p1c_289.022 Der Rauch steigt aus einer Jnsel fern im Meer. ─ Bey p1c_289.023 der Beschreibung des Mittags wird hinzugefügt, itzt sey die p1c_289.024 Zeit, wo der Holzhauer auf den Bergen aufhöre zu arbeiten p1c_289.025 und sein Essen hervorhole. ─ Wie meisterhaft wird die p1c_289.026 Einbildungskraft dadurch mitten aus dem Getümmel der p1c_289.027 Waffen gerissen und in eine andre Gegend der Welt geführt, p1c_289.028 wo vollkommne Ruhe herrscht. ─ Ossian ist weit genauer
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0347"n="289"/><lbn="p1c_289.001"/>
vermochten auch die Trojaner nicht zu helfen u. s. w. Die <lbn="p1c_289.002"/>
Unordnung in diesem Gleichniß ist ächt poetisch. Freylich <lbn="p1c_289.003"/>
könnte man eher den Priamus mit der Hirschkuh vergleichen, <lbn="p1c_289.004"/>
als die Trojaner. Aber der Dichter geht nur auf die Aehnlichkeit <lbn="p1c_289.005"/>
im ganzen Gedanken. <hirendition="#aq">Il. <foreignxml:lang="grc">λ</foreign></hi>. 475. kommen Menelaus <lbn="p1c_289.006"/>
und Ajax dem von Trojanern umringten Ulysses zu <lbn="p1c_289.007"/>
Hülfe. Die Trojaner entfliehn. Dies veranlaßt den Dichter <lbn="p1c_289.008"/>
zu folgendem Gleichniß: Ein Hirsch ist verwundet. <lbn="p1c_289.009"/>
Wölfe sind um ihn her. Da verjagt sie ein Löwe und frißt <lbn="p1c_289.010"/>
den Hirsch. Hier sind Nebenzüge, die nicht passen. Denn <lbn="p1c_289.011"/>
Menelaus tödtet den Ulysses nicht, sondern hilft ihm. Aber <lbn="p1c_289.012"/>
der Dichter sucht nicht so peinlich die Aehnlichkeiten herauszuheben. <lbn="p1c_289.013"/>─ Gerade durch solche allgemeine Züge, <lbn="p1c_289.014"/>
die er hinzufügt, gewinnt die Einbildungskraft an Freyheit, <lbn="p1c_289.015"/>
das Bild an Unendlichkeit. Kein Epiker und überhaupt <lbn="p1c_289.016"/>
kein Poet ist glücklicher darin, eine Anschauung von <lbn="p1c_289.017"/>
der Größe des Universums durch Gleichnisse zu geben, als <lbn="p1c_289.018"/>
Homer, und gerade durch kleine Zusätze. Ströme stürzen <lbn="p1c_289.019"/>
ins Thal, <foreignxml:lang="grc">τωνδετετηλοσεδουπονἐνοὐρεσινἐκλυεποιμην</foreign>. <lbn="p1c_289.020"/>
Der Schall der zusammengestoßenen Schilde wird <lbn="p1c_289.021"/>
verglichen mit dem Lärmen der Holzhauer im Walde. ─<lbn="p1c_289.022"/>
Der Rauch steigt aus einer Jnsel fern im Meer. ─ Bey <lbn="p1c_289.023"/>
der Beschreibung des Mittags wird hinzugefügt, itzt sey die <lbn="p1c_289.024"/>
Zeit, wo der Holzhauer auf den Bergen aufhöre zu arbeiten <lbn="p1c_289.025"/>
und sein Essen hervorhole. ─ Wie meisterhaft wird die <lbn="p1c_289.026"/>
Einbildungskraft dadurch mitten aus dem Getümmel der <lbn="p1c_289.027"/>
Waffen gerissen und in eine andre Gegend der Welt geführt, <lbn="p1c_289.028"/>
wo vollkommne Ruhe herrscht. ─ Ossian ist weit genauer
</p></div></div></body></text></TEI>
[289/0347]
p1c_289.001
vermochten auch die Trojaner nicht zu helfen u. s. w. Die p1c_289.002
Unordnung in diesem Gleichniß ist ächt poetisch. Freylich p1c_289.003
könnte man eher den Priamus mit der Hirschkuh vergleichen, p1c_289.004
als die Trojaner. Aber der Dichter geht nur auf die Aehnlichkeit p1c_289.005
im ganzen Gedanken. Il. λ. 475. kommen Menelaus p1c_289.006
und Ajax dem von Trojanern umringten Ulysses zu p1c_289.007
Hülfe. Die Trojaner entfliehn. Dies veranlaßt den Dichter p1c_289.008
zu folgendem Gleichniß: Ein Hirsch ist verwundet. p1c_289.009
Wölfe sind um ihn her. Da verjagt sie ein Löwe und frißt p1c_289.010
den Hirsch. Hier sind Nebenzüge, die nicht passen. Denn p1c_289.011
Menelaus tödtet den Ulysses nicht, sondern hilft ihm. Aber p1c_289.012
der Dichter sucht nicht so peinlich die Aehnlichkeiten herauszuheben. p1c_289.013
─ Gerade durch solche allgemeine Züge, p1c_289.014
die er hinzufügt, gewinnt die Einbildungskraft an Freyheit, p1c_289.015
das Bild an Unendlichkeit. Kein Epiker und überhaupt p1c_289.016
kein Poet ist glücklicher darin, eine Anschauung von p1c_289.017
der Größe des Universums durch Gleichnisse zu geben, als p1c_289.018
Homer, und gerade durch kleine Zusätze. Ströme stürzen p1c_289.019
ins Thal, των δε τε τηλοσε δουπον ἐν οὐρεσιν ἐκλυε ποιμην. p1c_289.020
Der Schall der zusammengestoßenen Schilde wird p1c_289.021
verglichen mit dem Lärmen der Holzhauer im Walde. ─ p1c_289.022
Der Rauch steigt aus einer Jnsel fern im Meer. ─ Bey p1c_289.023
der Beschreibung des Mittags wird hinzugefügt, itzt sey die p1c_289.024
Zeit, wo der Holzhauer auf den Bergen aufhöre zu arbeiten p1c_289.025
und sein Essen hervorhole. ─ Wie meisterhaft wird die p1c_289.026
Einbildungskraft dadurch mitten aus dem Getümmel der p1c_289.027
Waffen gerissen und in eine andre Gegend der Welt geführt, p1c_289.028
wo vollkommne Ruhe herrscht. ─ Ossian ist weit genauer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/347>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.