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Clausius, Rudolf: Über die Anwendung der mechanischen Wärmetheorie auf die Dampfmaschine. In: Annalen der Physik und Chemie, Reihe 4, 97 (1856), S. 441-476, 513-558.

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Unter den Vorgängen, auf welche dieses Letztere An-
wendung findet, wird im Folgenden besonders einer mehr-
fach zur Sprache kommen. Wenn ein Quantum Gas oder
Dampf sich ausdehnt, und dabei einen seiner ganzen Expan-
sivkraft entsprechenden Druck überwindet, so lässt es sich
unter Anwendung derselben Kraft auch wieder zusammen-
drücken, wobei dann alle Erscheinungen, von denen die
Ausdehnung begleitet war, in umgekehrter Weise eintreten.
Dieses ist aber nicht mehr der Fall, wenn das Gas (oder
der Dampf) bei der Ausdehnung nicht den vollen Wider-
stand findet, welchen es überwinden könnte, wenn es also
z. B. aus einem Gefässe, in welchem es unter grösserem
Drucke stand, in ein anderes, in welchem ein geringerer
Druck herrscht, überströmt. Alsdann ist eine Zusammen-
drückung unter denselben Umständen, unter welchen die
Ausdehnung stattfand, nicht möglich.

Die Gleichung (II) giebt uns ein Mittel, die Summe
aller in einem Kreisprocesse vorkommenden uncompensirten
Verwandlungen zu bestimmen. Da aber ein Kreisprocess
aus vielen einzelnen Zustandsänderungen einer gegebenen
Masse bestehen kann, von denen einige in umkehrbarer
Weise, andere in nicht umkehrbarer Weise geschehen sind,
so ist es in manchen Fällen von Interesse, zu wissen, wie-
viel jede einzelne der letzteren zur Entstehung der ganzen
Summe von uncompensirten Verwandlungen beigetragen
hat. Dazu denke man sich nach der Zustandsänderung,
welche man in dieser Weise untersuchen will, die Masse
durch irgend ein umkehrbares Verfahren in den vorigen
Zustand zurückgeführt. Dadurch erhält man einen kleinen
Kreisprocess, auf welchen sich die Gleichung (II) ebenso
gut anwenden lässt, wie auf den ganzen. Kennt man also
die Wärmemengen, welche die Masse während desselben
aufgenommen hat, und die dazu gehörigen Temperaturen,
so giebt das negative Integral die in ihm entstan-
dene uncompensirte Verwandlung. Da nun die Zurück-
führung, welche in umkehrbarer Weise stattgefunden hat,

Unter den Vorgängen, auf welche dieses Letztere An-
wendung findet, wird im Folgenden besonders einer mehr-
fach zur Sprache kommen. Wenn ein Quantum Gas oder
Dampf sich ausdehnt, und dabei einen seiner ganzen Expan-
sivkraft entsprechenden Druck überwindet, so läſst es sich
unter Anwendung derselben Kraft auch wieder zusammen-
drücken, wobei dann alle Erscheinungen, von denen die
Ausdehnung begleitet war, in umgekehrter Weise eintreten.
Dieses ist aber nicht mehr der Fall, wenn das Gas (oder
der Dampf) bei der Ausdehnung nicht den vollen Wider-
stand findet, welchen es überwinden könnte, wenn es also
z. B. aus einem Gefäſse, in welchem es unter gröſserem
Drucke stand, in ein anderes, in welchem ein geringerer
Druck herrscht, überströmt. Alsdann ist eine Zusammen-
drückung unter denselben Umständen, unter welchen die
Ausdehnung stattfand, nicht möglich.

Die Gleichung (II) giebt uns ein Mittel, die Summe
aller in einem Kreisprocesse vorkommenden uncompensirten
Verwandlungen zu bestimmen. Da aber ein Kreisproceſs
aus vielen einzelnen Zustandsänderungen einer gegebenen
Masse bestehen kann, von denen einige in umkehrbarer
Weise, andere in nicht umkehrbarer Weise geschehen sind,
so ist es in manchen Fällen von Interesse, zu wissen, wie-
viel jede einzelne der letzteren zur Entstehung der ganzen
Summe von uncompensirten Verwandlungen beigetragen
hat. Dazu denke man sich nach der Zustandsänderung,
welche man in dieser Weise untersuchen will, die Masse
durch irgend ein umkehrbares Verfahren in den vorigen
Zustand zurückgeführt. Dadurch erhält man einen kleinen
Kreisproceſs, auf welchen sich die Gleichung (II) ebenso
gut anwenden läſst, wie auf den ganzen. Kennt man also
die Wärmemengen, welche die Masse während desselben
aufgenommen hat, und die dazu gehörigen Temperaturen,
so giebt das negative Integral die in ihm entstan-
dene uncompensirte Verwandlung. Da nun die Zurück-
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[450/0028] Unter den Vorgängen, auf welche dieses Letztere An- wendung findet, wird im Folgenden besonders einer mehr- fach zur Sprache kommen. Wenn ein Quantum Gas oder Dampf sich ausdehnt, und dabei einen seiner ganzen Expan- sivkraft entsprechenden Druck überwindet, so läſst es sich unter Anwendung derselben Kraft auch wieder zusammen- drücken, wobei dann alle Erscheinungen, von denen die Ausdehnung begleitet war, in umgekehrter Weise eintreten. Dieses ist aber nicht mehr der Fall, wenn das Gas (oder der Dampf) bei der Ausdehnung nicht den vollen Wider- stand findet, welchen es überwinden könnte, wenn es also z. B. aus einem Gefäſse, in welchem es unter gröſserem Drucke stand, in ein anderes, in welchem ein geringerer Druck herrscht, überströmt. Alsdann ist eine Zusammen- drückung unter denselben Umständen, unter welchen die Ausdehnung stattfand, nicht möglich. Die Gleichung (II) giebt uns ein Mittel, die Summe aller in einem Kreisprocesse vorkommenden uncompensirten Verwandlungen zu bestimmen. Da aber ein Kreisproceſs aus vielen einzelnen Zustandsänderungen einer gegebenen Masse bestehen kann, von denen einige in umkehrbarer Weise, andere in nicht umkehrbarer Weise geschehen sind, so ist es in manchen Fällen von Interesse, zu wissen, wie- viel jede einzelne der letzteren zur Entstehung der ganzen Summe von uncompensirten Verwandlungen beigetragen hat. Dazu denke man sich nach der Zustandsänderung, welche man in dieser Weise untersuchen will, die Masse durch irgend ein umkehrbares Verfahren in den vorigen Zustand zurückgeführt. Dadurch erhält man einen kleinen Kreisproceſs, auf welchen sich die Gleichung (II) ebenso gut anwenden läſst, wie auf den ganzen. Kennt man also die Wärmemengen, welche die Masse während desselben aufgenommen hat, und die dazu gehörigen Temperaturen, so giebt das negative Integral [FORMEL] die in ihm entstan- dene uncompensirte Verwandlung. Da nun die Zurück- führung, welche in umkehrbarer Weise stattgefunden hat,

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Zitationshilfe: Clausius, Rudolf: Über die Anwendung der mechanischen Wärmetheorie auf die Dampfmaschine. In: Annalen der Physik und Chemie, Reihe 4, 97 (1856), S. 441-476, 513-558, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausius_waermetheorie_1856/28>, abgerufen am 28.03.2024.