375. Aber zur nähern Bestimmung müssen wir sa- gen daß sich die gleichzeitige Wirksamkeit größerer Streit- kräfte hauptsächlich auf das Flintenfeuer bezieht; denn für das Geschütz wird, so lange dasselbe allein wirkt, es auch in der kleinern Kreislinie des Umfaßten niemals an Raum fehlen eben so viel aufzustellen als der Gegner in seiner größern; denn man hat niemals so viel Geschütz um damit eine zusammenhängende Linie zu bilden.
376. Man wende nicht ein daß dem Gegner immer noch der Vortheil des größern Raumes bleiben würde, weil seine Geschütze nicht so dicht stehen und also weniger getroffen werden; denn man kann seine Batterien nicht gleichmäßig in einzelnen Kanonen auf dem großen Raume vertheilen.
377. Bei einem bloßen Artilleriegefechte oder einem Gefechte wo die Artillerie die Hauptwaffe ist, wird der Vortheil der größern umfassenden Fronte allerdings vor- handen und wegen der größern Schußweite, also der großen Differenz beider Fronten sehr groß sein. Dieser Fall tritt z. B. bei einzelnen Redouten ein. Aber bei Streitkräften wo die andern Waffen die Hauptsache sind und die Ar- tillerie untergeordnet ist, hört dieser Vortheil auf, weil es da, wie gesagt, auch dem Umfaßten nicht an Raum fehlt.
378. Es ist also hauptsächlich das Infanterie-Feuer- gefecht wo sich die Vortheile der größern Fronte zur gleich- zeitigen Anwendung größerer Streitkräfte zeigen müssen. Hier beträgt die Differenz beider Fronten dreimal die Flintenschußweite (wenn das Umfassen bis auf 180° getrieben ist), also etwa 600 Schritt. Dies giebt für eine Fronte von 600 Schritt das Doppelte, ist also dann sehr fühlbar; für eine Fronte von 3000 Schritt aber
375. Aber zur naͤhern Beſtimmung muͤſſen wir ſa- gen daß ſich die gleichzeitige Wirkſamkeit groͤßerer Streit- kraͤfte hauptſaͤchlich auf das Flintenfeuer bezieht; denn fuͤr das Geſchuͤtz wird, ſo lange daſſelbe allein wirkt, es auch in der kleinern Kreislinie des Umfaßten niemals an Raum fehlen eben ſo viel aufzuſtellen als der Gegner in ſeiner groͤßern; denn man hat niemals ſo viel Geſchuͤtz um damit eine zuſammenhaͤngende Linie zu bilden.
376. Man wende nicht ein daß dem Gegner immer noch der Vortheil des groͤßern Raumes bleiben wuͤrde, weil ſeine Geſchuͤtze nicht ſo dicht ſtehen und alſo weniger getroffen werden; denn man kann ſeine Batterien nicht gleichmaͤßig in einzelnen Kanonen auf dem großen Raume vertheilen.
377. Bei einem bloßen Artilleriegefechte oder einem Gefechte wo die Artillerie die Hauptwaffe iſt, wird der Vortheil der groͤßern umfaſſenden Fronte allerdings vor- handen und wegen der groͤßern Schußweite, alſo der großen Differenz beider Fronten ſehr groß ſein. Dieſer Fall tritt z. B. bei einzelnen Redouten ein. Aber bei Streitkraͤften wo die andern Waffen die Hauptſache ſind und die Ar- tillerie untergeordnet iſt, hoͤrt dieſer Vortheil auf, weil es da, wie geſagt, auch dem Umfaßten nicht an Raum fehlt.
378. Es iſt alſo hauptſaͤchlich das Infanterie-Feuer- gefecht wo ſich die Vortheile der groͤßern Fronte zur gleich- zeitigen Anwendung groͤßerer Streitkraͤfte zeigen muͤſſen. Hier betraͤgt die Differenz beider Fronten dreimal die Flintenſchußweite (wenn das Umfaſſen bis auf 180° getrieben iſt), alſo etwa 600 Schritt. Dies giebt fuͤr eine Fronte von 600 Schritt das Doppelte, iſt alſo dann ſehr fuͤhlbar; fuͤr eine Fronte von 3000 Schritt aber
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375. Aber zur naͤhern Beſtimmung muͤſſen wir ſa-
gen daß ſich die gleichzeitige Wirkſamkeit groͤßerer Streit-
kraͤfte hauptſaͤchlich auf das Flintenfeuer bezieht; denn
fuͤr das Geſchuͤtz wird, ſo lange daſſelbe allein wirkt, es
auch in der kleinern Kreislinie des Umfaßten niemals an
Raum fehlen eben ſo viel aufzuſtellen als der Gegner in
ſeiner groͤßern; denn man hat niemals ſo viel Geſchuͤtz um
damit eine zuſammenhaͤngende Linie zu bilden.
376. Man wende nicht ein daß dem Gegner immer
noch der Vortheil des groͤßern Raumes bleiben wuͤrde,
weil ſeine Geſchuͤtze nicht ſo dicht ſtehen und alſo weniger
getroffen werden; denn man kann ſeine Batterien nicht
gleichmaͤßig in einzelnen Kanonen auf dem großen Raume
vertheilen.
377. Bei einem bloßen Artilleriegefechte oder einem
Gefechte wo die Artillerie die Hauptwaffe iſt, wird der
Vortheil der groͤßern umfaſſenden Fronte allerdings vor-
handen und wegen der groͤßern Schußweite, alſo der großen
Differenz beider Fronten ſehr groß ſein. Dieſer Fall tritt
z. B. bei einzelnen Redouten ein. Aber bei Streitkraͤften
wo die andern Waffen die Hauptſache ſind und die Ar-
tillerie untergeordnet iſt, hoͤrt dieſer Vortheil auf, weil es
da, wie geſagt, auch dem Umfaßten nicht an Raum fehlt.
378. Es iſt alſo hauptſaͤchlich das Infanterie-Feuer-
gefecht wo ſich die Vortheile der groͤßern Fronte zur gleich-
zeitigen Anwendung groͤßerer Streitkraͤfte zeigen muͤſſen.
Hier betraͤgt die Differenz beider Fronten dreimal die
Flintenſchußweite (wenn das Umfaſſen bis auf 180°
getrieben iſt), alſo etwa 600 Schritt. Dies giebt fuͤr
eine Fronte von 600 Schritt das Doppelte, iſt alſo dann
ſehr fuͤhlbar; fuͤr eine Fronte von 3000 Schritt aber
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/361>, abgerufen am 25.11.2024.
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