fruchtbarsten Provinzen zu seinen Operationen, denn die Leichtigkeit der Verpflegung befördert die Schnelligkeit der Unternehmungen. Wichtiger als die Verpflegung kann nur die Stellung der feindlichen Hauptarmee sein die man auf- sucht, die Lage der Hauptstadt und des Waffenplatzes die man erobern will. Alle andern Gründe, z. B. die vor- theilhafte Form in der Aufstellung der Streitkräfte, wo- von wir schon gesprochen haben, sind in der Regel viel weniger wichtig.
16. Trotz dieser neuen Verpflegungsart ist man weit entfernt aller Magazine entbehren zu können und ein wei- ser Feldherr wird, wenn auch die Kräfte der Provinz ganz hinreichen, doch nicht unterlassen für unvorhergesehene Fälle und um auf einzelnen Punkten sich mehr zusammen- halten zu können, Magazine hinter sich anzulegen. Diese Vorsicht gehört zu denjenigen die nicht auf Unkosten des Zweckes genommen werden.
2. Vertheidigung.
1. Politisch heißt Vertheidigungskrieg ein solcher den man für seine Unabhängigkeit führt; strategisch heißt Ver- theidigungskrieg derjenige Feldzug in welchem ich mich be- schränke den Feind in dem Kriegstheater zu bekämpfen das ich mir für diesen Zweck zubereitet habe. Ob in die- sem Kriegstheater ich die Schlachten offensiv oder defensiv liefere ändert darin Nichts.
2. Man wählt die strategische Defensive hauptsächlich wenn der Feind überlegen ist. Natürlich geben Festungen und verschanzte Lager, welches die Hauptzubereitungen eines Kriegstheaters sind, große Vortheile, wohin auch noch die Kenntniß der Gegend und der Besitz guter Karten zu rech- nen ist. Mit diesen Vortheilen wird eine kleinere Armee
fruchtbarſten Provinzen zu ſeinen Operationen, denn die Leichtigkeit der Verpflegung befoͤrdert die Schnelligkeit der Unternehmungen. Wichtiger als die Verpflegung kann nur die Stellung der feindlichen Hauptarmee ſein die man auf- ſucht, die Lage der Hauptſtadt und des Waffenplatzes die man erobern will. Alle andern Gruͤnde, z. B. die vor- theilhafte Form in der Aufſtellung der Streitkraͤfte, wo- von wir ſchon geſprochen haben, ſind in der Regel viel weniger wichtig.
16. Trotz dieſer neuen Verpflegungsart iſt man weit entfernt aller Magazine entbehren zu koͤnnen und ein wei- ſer Feldherr wird, wenn auch die Kraͤfte der Provinz ganz hinreichen, doch nicht unterlaſſen fuͤr unvorhergeſehene Faͤlle und um auf einzelnen Punkten ſich mehr zuſammen- halten zu koͤnnen, Magazine hinter ſich anzulegen. Dieſe Vorſicht gehoͤrt zu denjenigen die nicht auf Unkoſten des Zweckes genommen werden.
2. Vertheidigung.
1. Politiſch heißt Vertheidigungskrieg ein ſolcher den man fuͤr ſeine Unabhaͤngigkeit fuͤhrt; ſtrategiſch heißt Ver- theidigungskrieg derjenige Feldzug in welchem ich mich be- ſchraͤnke den Feind in dem Kriegstheater zu bekaͤmpfen das ich mir fuͤr dieſen Zweck zubereitet habe. Ob in die- ſem Kriegstheater ich die Schlachten offenſiv oder defenſiv liefere aͤndert darin Nichts.
2. Man waͤhlt die ſtrategiſche Defenſive hauptſaͤchlich wenn der Feind uͤberlegen iſt. Natuͤrlich geben Feſtungen und verſchanzte Lager, welches die Hauptzubereitungen eines Kriegstheaters ſind, große Vortheile, wohin auch noch die Kenntniß der Gegend und der Beſitz guter Karten zu rech- nen iſt. Mit dieſen Vortheilen wird eine kleinere Armee
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fruchtbarſten Provinzen zu ſeinen Operationen, denn die
Leichtigkeit der Verpflegung befoͤrdert die Schnelligkeit der
Unternehmungen. Wichtiger als die Verpflegung kann nur
die Stellung der feindlichen Hauptarmee ſein die man auf-
ſucht, die Lage der Hauptſtadt und des Waffenplatzes die
man erobern will. Alle andern Gruͤnde, z. B. die vor-
theilhafte Form in der Aufſtellung der Streitkraͤfte, wo-
von wir ſchon geſprochen haben, ſind in der Regel viel
weniger wichtig.
16. Trotz dieſer neuen Verpflegungsart iſt man weit
entfernt aller Magazine entbehren zu koͤnnen und ein wei-
ſer Feldherr wird, wenn auch die Kraͤfte der Provinz
ganz hinreichen, doch nicht unterlaſſen fuͤr unvorhergeſehene
Faͤlle und um auf einzelnen Punkten ſich mehr zuſammen-
halten zu koͤnnen, Magazine hinter ſich anzulegen. Dieſe
Vorſicht gehoͤrt zu denjenigen die nicht auf Unkoſten des
Zweckes genommen werden.
2. Vertheidigung.
1. Politiſch heißt Vertheidigungskrieg ein ſolcher den
man fuͤr ſeine Unabhaͤngigkeit fuͤhrt; ſtrategiſch heißt Ver-
theidigungskrieg derjenige Feldzug in welchem ich mich be-
ſchraͤnke den Feind in dem Kriegstheater zu bekaͤmpfen
das ich mir fuͤr dieſen Zweck zubereitet habe. Ob in die-
ſem Kriegstheater ich die Schlachten offenſiv oder defenſiv
liefere aͤndert darin Nichts.
2. Man waͤhlt die ſtrategiſche Defenſive hauptſaͤchlich
wenn der Feind uͤberlegen iſt. Natuͤrlich geben Feſtungen
und verſchanzte Lager, welches die Hauptzubereitungen eines
Kriegstheaters ſind, große Vortheile, wohin auch noch die
Kenntniß der Gegend und der Beſitz guter Karten zu rech-
nen iſt. Mit dieſen Vortheilen wird eine kleinere Armee
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/261>, abgerufen am 24.11.2024.
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