Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

umgeht, schlägt ihn, während er sich um seinen ganz
schwachen linken Flügel (er bestand aus einer einzigen Di-
vision) an der Donau nicht bekümmerte, aber durch starke
Reserven (tiefe Aufstellung) verhinderte daß der Sieg des
östreichischen rechten Flügels Einfluß auf den Sieg be-
kam den er am Rußbach erfocht. Er nahm mit diesen
Reserven Aderklaa wieder.

Nicht alle der obigen Grundsätze sind in jeder der
angeführten Schlachten deutlich enthalten, aber alle sind
doch eine aktive Vertheidigung.

Die Beweglichkeit der preußischen Armee unter Fried-
rich II. war ihm ein Mittel zum Siege worauf wir jetzt
nicht mehr rechnen können, da die andern Armeen wenig-
stens ebenso beweglich sind als wir. Von der andern
Seite war das Umgehen in jener Zeit weniger allgemein
und daher die tiefere Aufstellung weniger dringend.


B. Für den Angriff.

1. Man sucht einen Punkt der feindlichen Stellung
d. i. einen Theil seiner Truppen (eine Division, ein Korps)
mit großer Überlegenheit anzufallen, während man die
übrigen in Ungewißheit erhält (sie beschäftigt). Nur da-
durch kann man bei gleicher oder kleinerer Macht mit
Überlegenheit, also mit Wahrscheinlichkeit des Erfolges
fechten. Ist man sehr schwach, so muß man nur sehr
wenig zur Beschäftigung des Feindes auf andern Punkten
nehmen, damit man auf dem entscheidenden Punkte so
stark als möglich sei. Unstreitig hat Friedrich II. die
Schlacht von Leuthen nur gewonnen, weil er die kleine
Armee auf einem Flecke hatte und im Verhältniß zum
Feinde sehr konzentrirt war.

umgeht, ſchlaͤgt ihn, waͤhrend er ſich um ſeinen ganz
ſchwachen linken Fluͤgel (er beſtand aus einer einzigen Di-
viſion) an der Donau nicht bekuͤmmerte, aber durch ſtarke
Reſerven (tiefe Aufſtellung) verhinderte daß der Sieg des
oͤſtreichiſchen rechten Fluͤgels Einfluß auf den Sieg be-
kam den er am Rußbach erfocht. Er nahm mit dieſen
Reſerven Aderklaa wieder.

Nicht alle der obigen Grundſaͤtze ſind in jeder der
angefuͤhrten Schlachten deutlich enthalten, aber alle ſind
doch eine aktive Vertheidigung.

Die Beweglichkeit der preußiſchen Armee unter Fried-
rich II. war ihm ein Mittel zum Siege worauf wir jetzt
nicht mehr rechnen koͤnnen, da die andern Armeen wenig-
ſtens ebenſo beweglich ſind als wir. Von der andern
Seite war das Umgehen in jener Zeit weniger allgemein
und daher die tiefere Aufſtellung weniger dringend.


B. Fuͤr den Angriff.

1. Man ſucht einen Punkt der feindlichen Stellung
d. i. einen Theil ſeiner Truppen (eine Diviſion, ein Korps)
mit großer Überlegenheit anzufallen, waͤhrend man die
uͤbrigen in Ungewißheit erhaͤlt (ſie beſchaͤftigt). Nur da-
durch kann man bei gleicher oder kleinerer Macht mit
Überlegenheit, alſo mit Wahrſcheinlichkeit des Erfolges
fechten. Iſt man ſehr ſchwach, ſo muß man nur ſehr
wenig zur Beſchaͤftigung des Feindes auf andern Punkten
nehmen, damit man auf dem entſcheidenden Punkte ſo
ſtark als moͤglich ſei. Unſtreitig hat Friedrich II. die
Schlacht von Leuthen nur gewonnen, weil er die kleine
Armee auf einem Flecke hatte und im Verhaͤltniß zum
Feinde ſehr konzentrirt war.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0232" n="218"/>
umgeht, &#x017F;chla&#x0364;gt ihn, wa&#x0364;hrend er &#x017F;ich um &#x017F;einen ganz<lb/>
&#x017F;chwachen linken Flu&#x0364;gel (er be&#x017F;tand aus einer einzigen Di-<lb/>
vi&#x017F;ion) an der Donau nicht beku&#x0364;mmerte, aber durch &#x017F;tarke<lb/>
Re&#x017F;erven (tiefe Auf&#x017F;tellung) verhinderte daß der Sieg des<lb/>
o&#x0364;&#x017F;treichi&#x017F;chen rechten Flu&#x0364;gels Einfluß auf den Sieg be-<lb/>
kam den er am Rußbach erfocht. Er nahm mit die&#x017F;en<lb/>
Re&#x017F;erven Aderklaa wieder.</p><lb/>
                <p>Nicht alle der obigen Grund&#x017F;a&#x0364;tze &#x017F;ind in jeder der<lb/>
angefu&#x0364;hrten Schlachten deutlich enthalten, aber alle &#x017F;ind<lb/>
doch eine aktive Vertheidigung.</p><lb/>
                <p>Die Beweglichkeit der preußi&#x017F;chen Armee unter Fried-<lb/>
rich <hi rendition="#aq">II</hi>. war ihm ein Mittel zum Siege worauf wir jetzt<lb/>
nicht mehr rechnen ko&#x0364;nnen, da die andern Armeen wenig-<lb/>
&#x017F;tens eben&#x017F;o beweglich &#x017F;ind als wir. Von der andern<lb/>
Seite war das Umgehen in jener Zeit weniger allgemein<lb/>
und daher die tiefere Auf&#x017F;tellung weniger dringend.</p>
              </div><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <div n="5">
                <head><hi rendition="#aq">B</hi>. <hi rendition="#g">Fu&#x0364;r den Angriff</hi>.</head><lb/>
                <p>1. Man &#x017F;ucht einen Punkt der feindlichen Stellung<lb/>
d. i. einen Theil &#x017F;einer Truppen (eine Divi&#x017F;ion, ein Korps)<lb/>
mit großer Überlegenheit anzufallen, wa&#x0364;hrend man die<lb/>
u&#x0364;brigen in Ungewißheit erha&#x0364;lt (&#x017F;ie be&#x017F;cha&#x0364;ftigt). Nur da-<lb/>
durch kann man bei gleicher oder kleinerer Macht mit<lb/>
Überlegenheit, al&#x017F;o mit Wahr&#x017F;cheinlichkeit des Erfolges<lb/>
fechten. I&#x017F;t man &#x017F;ehr &#x017F;chwach, &#x017F;o muß man nur &#x017F;ehr<lb/>
wenig zur Be&#x017F;cha&#x0364;ftigung des Feindes auf andern Punkten<lb/>
nehmen, damit man auf dem ent&#x017F;cheidenden Punkte &#x017F;o<lb/>
&#x017F;tark als mo&#x0364;glich &#x017F;ei. Un&#x017F;treitig hat Friedrich <hi rendition="#aq">II</hi>. die<lb/>
Schlacht von Leuthen nur gewonnen, weil er die kleine<lb/>
Armee auf einem Flecke hatte und im Verha&#x0364;ltniß zum<lb/>
Feinde &#x017F;ehr konzentrirt war.</p><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0232] umgeht, ſchlaͤgt ihn, waͤhrend er ſich um ſeinen ganz ſchwachen linken Fluͤgel (er beſtand aus einer einzigen Di- viſion) an der Donau nicht bekuͤmmerte, aber durch ſtarke Reſerven (tiefe Aufſtellung) verhinderte daß der Sieg des oͤſtreichiſchen rechten Fluͤgels Einfluß auf den Sieg be- kam den er am Rußbach erfocht. Er nahm mit dieſen Reſerven Aderklaa wieder. Nicht alle der obigen Grundſaͤtze ſind in jeder der angefuͤhrten Schlachten deutlich enthalten, aber alle ſind doch eine aktive Vertheidigung. Die Beweglichkeit der preußiſchen Armee unter Fried- rich II. war ihm ein Mittel zum Siege worauf wir jetzt nicht mehr rechnen koͤnnen, da die andern Armeen wenig- ſtens ebenſo beweglich ſind als wir. Von der andern Seite war das Umgehen in jener Zeit weniger allgemein und daher die tiefere Aufſtellung weniger dringend. B. Fuͤr den Angriff. 1. Man ſucht einen Punkt der feindlichen Stellung d. i. einen Theil ſeiner Truppen (eine Diviſion, ein Korps) mit großer Überlegenheit anzufallen, waͤhrend man die uͤbrigen in Ungewißheit erhaͤlt (ſie beſchaͤftigt). Nur da- durch kann man bei gleicher oder kleinerer Macht mit Überlegenheit, alſo mit Wahrſcheinlichkeit des Erfolges fechten. Iſt man ſehr ſchwach, ſo muß man nur ſehr wenig zur Beſchaͤftigung des Feindes auf andern Punkten nehmen, damit man auf dem entſcheidenden Punkte ſo ſtark als moͤglich ſei. Unſtreitig hat Friedrich II. die Schlacht von Leuthen nur gewonnen, weil er die kleine Armee auf einem Flecke hatte und im Verhaͤltniß zum Feinde ſehr konzentrirt war.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/232
Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/232>, abgerufen am 24.11.2024.