denen Lage befinden sich, während der 12 Stunden Rast die einem Tagwerk zu folgen pflegen, der Vertheidiger in seiner ausgesuchten ihm wohlbe[ka]nnten, zubereiteten Stellung, und der Angreifende in seinem Marschlager, in welches er wie ein Blinder hineingetappt ist; oder, während der längern Rast, die eine neue Einrichtung der Verpflegung, das Abwarten von Verstärkungen u. s. w. erfordern kann, wo der Ver- theidiger in der Nähe seiner Festungen und Vorräthe und der Angreifende wie der Vogel auf dem Aste ist. Aber jeder Angriff muß mit einem Vertheidigen endigen; wie dies beschaffen sein wird, hängt von Umständen ab; diese können sehr günstig sein wenn die feindlichen Streitkräfte zerstört sind, aber auch sehr schwierig wenn dies nicht der Fall ist. Obgleich diese Vertheidigung nicht mehr zum Angriff selbst gehört, so muß doch ihre Beschaffenheit auf ihn zurückwirken und seinen Werth mitbestimmen helfen.
Das Resultat dieser Betrachtung ist: daß bei jedem Angriff auf die demselben nothwendig beiwohnende Verthei- digung Rücksicht genommen werden muß, um die Nach- theile welchen er unterworfen ist klar einzusehen und sich darauf gefaßt machen zu können.
Dagegen ist der Angriff in einer andern Beziehung vollkommen in sich immer ein und derselbe. Die Verthei- digung aber hat ihre Stufen, nämlich je mehr das Prin- zip des Abwartens erschöpft werden soll. Dies giebt For- men die sich wesentlich von einander unterscheiden, wie wir in dem Kapitel von den Widerstandsarten entwickelt haben.
Da der Angriff nur ein thätiges Prinzip hat, und die Vertheidigung in ihm nur ein todtes Gewicht ist das sich an ihn hängt, so ist eine solche Verschiedenheit in ihm nicht vorhanden. Freilich findet in der Energie des An- griffs, in der Schnelligkeit und Kraft des Stoßes ein
denen Lage befinden ſich, waͤhrend der 12 Stunden Raſt die einem Tagwerk zu folgen pflegen, der Vertheidiger in ſeiner ausgeſuchten ihm wohlbe[ka]nnten, zubereiteten Stellung, und der Angreifende in ſeinem Marſchlager, in welches er wie ein Blinder hineingetappt iſt; oder, waͤhrend der laͤngern Raſt, die eine neue Einrichtung der Verpflegung, das Abwarten von Verſtaͤrkungen u. ſ. w. erfordern kann, wo der Ver- theidiger in der Naͤhe ſeiner Feſtungen und Vorraͤthe und der Angreifende wie der Vogel auf dem Aſte iſt. Aber jeder Angriff muß mit einem Vertheidigen endigen; wie dies beſchaffen ſein wird, haͤngt von Umſtaͤnden ab; dieſe koͤnnen ſehr guͤnſtig ſein wenn die feindlichen Streitkraͤfte zerſtoͤrt ſind, aber auch ſehr ſchwierig wenn dies nicht der Fall iſt. Obgleich dieſe Vertheidigung nicht mehr zum Angriff ſelbſt gehoͤrt, ſo muß doch ihre Beſchaffenheit auf ihn zuruͤckwirken und ſeinen Werth mitbeſtimmen helfen.
Das Reſultat dieſer Betrachtung iſt: daß bei jedem Angriff auf die demſelben nothwendig beiwohnende Verthei- digung Ruͤckſicht genommen werden muß, um die Nach- theile welchen er unterworfen iſt klar einzuſehen und ſich darauf gefaßt machen zu koͤnnen.
Dagegen iſt der Angriff in einer andern Beziehung vollkommen in ſich immer ein und derſelbe. Die Verthei- digung aber hat ihre Stufen, naͤmlich je mehr das Prin- zip des Abwartens erſchoͤpft werden ſoll. Dies giebt For- men die ſich weſentlich von einander unterſcheiden, wie wir in dem Kapitel von den Widerſtandsarten entwickelt haben.
Da der Angriff nur ein thaͤtiges Prinzip hat, und die Vertheidigung in ihm nur ein todtes Gewicht iſt das ſich an ihn haͤngt, ſo iſt eine ſolche Verſchiedenheit in ihm nicht vorhanden. Freilich findet in der Energie des An- griffs, in der Schnelligkeit und Kraft des Stoßes ein
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denen Lage befinden ſich, waͤhrend der 12 Stunden Raſt die
einem Tagwerk zu folgen pflegen, der Vertheidiger in ſeiner
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der Angreifende in ſeinem Marſchlager, in welches er wie ein
Blinder hineingetappt iſt; oder, waͤhrend der laͤngern Raſt,
die eine neue Einrichtung der Verpflegung, das Abwarten
von Verſtaͤrkungen u. ſ. w. erfordern kann, wo der Ver-
theidiger in der Naͤhe ſeiner Feſtungen und Vorraͤthe und
der Angreifende wie der Vogel auf dem Aſte iſt. Aber
jeder Angriff muß mit einem Vertheidigen endigen; wie
dies beſchaffen ſein wird, haͤngt von Umſtaͤnden ab; dieſe
koͤnnen ſehr guͤnſtig ſein wenn die feindlichen Streitkraͤfte
zerſtoͤrt ſind, aber auch ſehr ſchwierig wenn dies nicht der
Fall iſt. Obgleich dieſe Vertheidigung nicht mehr zum
Angriff ſelbſt gehoͤrt, ſo muß doch ihre Beſchaffenheit auf
ihn zuruͤckwirken und ſeinen Werth mitbeſtimmen helfen.
Das Reſultat dieſer Betrachtung iſt: daß bei jedem
Angriff auf die demſelben nothwendig beiwohnende Verthei-
digung Ruͤckſicht genommen werden muß, um die Nach-
theile welchen er unterworfen iſt klar einzuſehen und ſich
darauf gefaßt machen zu koͤnnen.
Dagegen iſt der Angriff in einer andern Beziehung
vollkommen in ſich immer ein und derſelbe. Die Verthei-
digung aber hat ihre Stufen, naͤmlich je mehr das Prin-
zip des Abwartens erſchoͤpft werden ſoll. Dies giebt For-
men die ſich weſentlich von einander unterſcheiden, wie wir
in dem Kapitel von den Widerſtandsarten entwickelt haben.
Da der Angriff nur ein thaͤtiges Prinzip hat, und
die Vertheidigung in ihm nur ein todtes Gewicht iſt das
ſich an ihn haͤngt, ſo iſt eine ſolche Verſchiedenheit in ihm
nicht vorhanden. Freilich findet in der Energie des An-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/21>, abgerufen am 24.11.2024.
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