in solchem Fall nichts Ungewöhnliches, und nimmt sich für uns nur wegen des großes Maaßstabes so aus. --
So viel über die Haupthandlung, ihre nothwendige Tendenz und ihre unvermeidlichen Gefahren. Was die untergeordneten Handlungen betrifft, so sagen wir vor allen Dingen: es muß ein gemeinschaftliches Ziel aller da sein, aber dieses Ziel muß so gestellt werden daß es nicht die Thätigkeiten einzelner Theile lähmt. Wenn man vom Ober- und Mittelrhein und von Holland aus gegen Frank- reich vordringt um sich bei Paris ein Rendezvous zu ge- ben, und jede Armee Nichts wagen, sondern sich so viel wie möglich intact erhalten soll bis diese Vereinigung erreicht ist, so nennen wir das einen verderblichen Plan. Es entsteht nothwendig ein Abwägen der dreifachen Be- wegung, welche Zögerung, Unentschlossenheit und Zaghaf- tigkeit in das Vorschreiten jedes Theils bringt. Besser ist es jedem Theil seine Armee für sich zuzumessen und nur die Einheit dahin zu setzen wo diese verschiedenen Thätigkeiten von selbst zur Einheit werden.
Dieses Trennen, um sich ein Paar Märsche später wieder zu vereinigen, kommt fast in allen Kriegen vor und ist doch im Grunde ganz ohne Sinn. Ist man getrennt, so muß man wissen warum man es ist, und dieses warum muß erfüllt werden und kann nicht in der späteren Ver- einigung bestehen wie bei einer Quadrillentour.
Es soll also, wenn die Kriegsmacht zum Angriff auf getrennten Kriegstheatern vorgeht, jedem Heer seine Auf- gabe für sich bestehend gegeben werden, an deren Gegen- stand es seine Stoßkraft erschöpfen kann. Daß dies Letztere von allen Seiten geschehe, darauf kommt es an, und nicht darauf daß Alle verhältnißmäßige Vortheile erringen.
in ſolchem Fall nichts Ungewoͤhnliches, und nimmt ſich fuͤr uns nur wegen des großes Maaßſtabes ſo aus. —
So viel uͤber die Haupthandlung, ihre nothwendige Tendenz und ihre unvermeidlichen Gefahren. Was die untergeordneten Handlungen betrifft, ſo ſagen wir vor allen Dingen: es muß ein gemeinſchaftliches Ziel aller da ſein, aber dieſes Ziel muß ſo geſtellt werden daß es nicht die Thaͤtigkeiten einzelner Theile laͤhmt. Wenn man vom Ober- und Mittelrhein und von Holland aus gegen Frank- reich vordringt um ſich bei Paris ein Rendezvous zu ge- ben, und jede Armee Nichts wagen, ſondern ſich ſo viel wie moͤglich intact erhalten ſoll bis dieſe Vereinigung erreicht iſt, ſo nennen wir das einen verderblichen Plan. Es entſteht nothwendig ein Abwaͤgen der dreifachen Be- wegung, welche Zoͤgerung, Unentſchloſſenheit und Zaghaf- tigkeit in das Vorſchreiten jedes Theils bringt. Beſſer iſt es jedem Theil ſeine Armee fuͤr ſich zuzumeſſen und nur die Einheit dahin zu ſetzen wo dieſe verſchiedenen Thaͤtigkeiten von ſelbſt zur Einheit werden.
Dieſes Trennen, um ſich ein Paar Maͤrſche ſpaͤter wieder zu vereinigen, kommt faſt in allen Kriegen vor und iſt doch im Grunde ganz ohne Sinn. Iſt man getrennt, ſo muß man wiſſen warum man es iſt, und dieſes warum muß erfuͤllt werden und kann nicht in der ſpaͤteren Ver- einigung beſtehen wie bei einer Quadrillentour.
Es ſoll alſo, wenn die Kriegsmacht zum Angriff auf getrennten Kriegstheatern vorgeht, jedem Heer ſeine Auf- gabe fuͤr ſich beſtehend gegeben werden, an deren Gegen- ſtand es ſeine Stoßkraft erſchoͤpfen kann. Daß dies Letztere von allen Seiten geſchehe, darauf kommt es an, und nicht darauf daß Alle verhaͤltnißmaͤßige Vortheile erringen.
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in ſolchem Fall nichts Ungewoͤhnliches, und nimmt ſich fuͤr
uns nur wegen des großes Maaßſtabes ſo aus. —
So viel uͤber die Haupthandlung, ihre nothwendige
Tendenz und ihre unvermeidlichen Gefahren. Was die
untergeordneten Handlungen betrifft, ſo ſagen wir vor
allen Dingen: es muß ein gemeinſchaftliches Ziel aller
da ſein, aber dieſes Ziel muß ſo geſtellt werden daß es
nicht die Thaͤtigkeiten einzelner Theile laͤhmt. Wenn man
vom Ober- und Mittelrhein und von Holland aus gegen Frank-
reich vordringt um ſich bei Paris ein Rendezvous zu ge-
ben, und jede Armee Nichts wagen, ſondern ſich ſo viel
wie moͤglich intact erhalten ſoll bis dieſe Vereinigung
erreicht iſt, ſo nennen wir das einen verderblichen Plan.
Es entſteht nothwendig ein Abwaͤgen der dreifachen Be-
wegung, welche Zoͤgerung, Unentſchloſſenheit und Zaghaf-
tigkeit in das Vorſchreiten jedes Theils bringt. Beſſer
iſt es jedem Theil ſeine Armee fuͤr ſich zuzumeſſen und
nur die Einheit dahin zu ſetzen wo dieſe verſchiedenen
Thaͤtigkeiten von ſelbſt zur Einheit werden.
Dieſes Trennen, um ſich ein Paar Maͤrſche ſpaͤter
wieder zu vereinigen, kommt faſt in allen Kriegen vor und
iſt doch im Grunde ganz ohne Sinn. Iſt man getrennt,
ſo muß man wiſſen warum man es iſt, und dieſes warum
muß erfuͤllt werden und kann nicht in der ſpaͤteren Ver-
einigung beſtehen wie bei einer Quadrillentour.
Es ſoll alſo, wenn die Kriegsmacht zum Angriff auf
getrennten Kriegstheatern vorgeht, jedem Heer ſeine Auf-
gabe fuͤr ſich beſtehend gegeben werden, an deren Gegen-
ſtand es ſeine Stoßkraft erſchoͤpfen kann. Daß dies
Letztere von allen Seiten geſchehe, darauf kommt es
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erringen.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/200>, abgerufen am 23.11.2024.
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