gung mehr geben. Der Hauptangriff selbst und die durch andere Rücksichten herbeigeführten untergeordneten Angriffe machen diesen Stoß aus, und machen jede Vertheidigung von Punkten, welche durch sie nicht unmittelbar gedeckt werden, überflüssig. Auf die Hauptentscheidung kommt es an, in ihr wird jeder Verlust eingebracht. Reichen die Kräfte hin eine solche Hauptentscheidung vernünftigerweise zu suchen, so kann die Möglichkeit des Fehlschlagens nicht mehr als ein Grund gebraucht werden, sich in jedem Fall auf andere Punkte für Schaden zu hüten; denn dieses Fehlschlagen wird eben dadurch viel wahrschein- licher, und es ist also in unserer Handlung ein Wider- spruch entstanden.
Aber dieses Vorhersehen der Haupthandlung über die untergeordneten soll auch selbst bei den einzelnen Gliedern des ganzen Angriffs statt finden. Da sich aber meist aus anderweitigen Gründen bestimmt, welche Kräfte von dem einen Kriegstheater und welche von dem andern gegen den gemeinschaftlichen Schwerpunkt vordringen sollen: so kann hier nur gemeint sein, daß ein Bestreben da sein muß die Haupthandlung vorwalten zu lassen, und daß Alles einfacher und weniger Zufällen unterworfen sein wird, je mehr dieses Vorwalten erreicht werden kann.
Der zweite Grundsatz betrifft den schnellen Gebrauch der Streitkräfte.
Jeder unnütze Zeitaufwand, jeder unnütze Umweg ist eine Verschwendung der Kräfte, und also der Strategie ein Gräuel.
Aber wichtiger ist die Erinnerung, daß der Angriff überhaupt fast seinen einzigen Vorzug in der Überraschung besitzt, womit die Eröffnung der Scene wirken kann. Das Plötzliche und Unaufhaltsame sind seine stärksten Schwin-
gung mehr geben. Der Hauptangriff ſelbſt und die durch andere Ruͤckſichten herbeigefuͤhrten untergeordneten Angriffe machen dieſen Stoß aus, und machen jede Vertheidigung von Punkten, welche durch ſie nicht unmittelbar gedeckt werden, uͤberfluͤſſig. Auf die Hauptentſcheidung kommt es an, in ihr wird jeder Verluſt eingebracht. Reichen die Kraͤfte hin eine ſolche Hauptentſcheidung vernuͤnftigerweiſe zu ſuchen, ſo kann die Moͤglichkeit des Fehlſchlagens nicht mehr als ein Grund gebraucht werden, ſich in jedem Fall auf andere Punkte fuͤr Schaden zu huͤten; denn dieſes Fehlſchlagen wird eben dadurch viel wahrſchein- licher, und es iſt alſo in unſerer Handlung ein Wider- ſpruch entſtanden.
Aber dieſes Vorherſehen der Haupthandlung uͤber die untergeordneten ſoll auch ſelbſt bei den einzelnen Gliedern des ganzen Angriffs ſtatt finden. Da ſich aber meiſt aus anderweitigen Gruͤnden beſtimmt, welche Kraͤfte von dem einen Kriegstheater und welche von dem andern gegen den gemeinſchaftlichen Schwerpunkt vordringen ſollen: ſo kann hier nur gemeint ſein, daß ein Beſtreben da ſein muß die Haupthandlung vorwalten zu laſſen, und daß Alles einfacher und weniger Zufaͤllen unterworfen ſein wird, je mehr dieſes Vorwalten erreicht werden kann.
Der zweite Grundſatz betrifft den ſchnellen Gebrauch der Streitkraͤfte.
Jeder unnuͤtze Zeitaufwand, jeder unnuͤtze Umweg iſt eine Verſchwendung der Kraͤfte, und alſo der Strategie ein Graͤuel.
Aber wichtiger iſt die Erinnerung, daß der Angriff uͤberhaupt faſt ſeinen einzigen Vorzug in der Überraſchung beſitzt, womit die Eroͤffnung der Scene wirken kann. Das Ploͤtzliche und Unaufhaltſame ſind ſeine ſtaͤrkſten Schwin-
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gung mehr geben. Der Hauptangriff ſelbſt und die durch
andere Ruͤckſichten herbeigefuͤhrten untergeordneten Angriffe
machen dieſen Stoß aus, und machen jede Vertheidigung
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werden, uͤberfluͤſſig. Auf die Hauptentſcheidung kommt es
an, in ihr wird jeder Verluſt eingebracht. Reichen die
Kraͤfte hin eine ſolche Hauptentſcheidung vernuͤnftigerweiſe
zu ſuchen, ſo kann die Moͤglichkeit des Fehlſchlagens
nicht mehr als ein Grund gebraucht werden, ſich in jedem
Fall auf andere Punkte fuͤr Schaden zu huͤten; denn
dieſes Fehlſchlagen wird eben dadurch viel wahrſchein-
licher, und es iſt alſo in unſerer Handlung ein Wider-
ſpruch entſtanden.
Aber dieſes Vorherſehen der Haupthandlung uͤber die
untergeordneten ſoll auch ſelbſt bei den einzelnen Gliedern
des ganzen Angriffs ſtatt finden. Da ſich aber meiſt aus
anderweitigen Gruͤnden beſtimmt, welche Kraͤfte von dem
einen Kriegstheater und welche von dem andern gegen
den gemeinſchaftlichen Schwerpunkt vordringen ſollen: ſo
kann hier nur gemeint ſein, daß ein Beſtreben da ſein
muß die Haupthandlung vorwalten zu laſſen, und
daß Alles einfacher und weniger Zufaͤllen unterworfen ſein
wird, je mehr dieſes Vorwalten erreicht werden kann.
Der zweite Grundſatz betrifft den ſchnellen Gebrauch
der Streitkraͤfte.
Jeder unnuͤtze Zeitaufwand, jeder unnuͤtze Umweg iſt
eine Verſchwendung der Kraͤfte, und alſo der Strategie
ein Graͤuel.
Aber wichtiger iſt die Erinnerung, daß der Angriff
uͤberhaupt faſt ſeinen einzigen Vorzug in der Überraſchung
beſitzt, womit die Eroͤffnung der Scene wirken kann. Das
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/189>, abgerufen am 25.11.2024.
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