Stoß von Italien aus mehr auf das Centrum und der vom Rhein aus mehr auf den Flügel der östreichischen Macht trifft.
Es geht hieraus hervor daß der Begriff von getrenn- ter und zusammenhängender feindlicher Macht auch durch alle Stufenverhältnisse fortläuft und daß man also im einzelnen Fall erst übersehen kann, welchen Einfluß die Begebenheiten des einen Kriegstheaters auf das andere haben werden, wonach sich dann erst ausmachen läßt, in wiefern man die verschiedenen Schwerpunkte der feindlichen Macht auf einen zurückführen kann.
Von dem Grundsatz, alle Kraft gegen den Schwer- punkt der feindlichen Macht zu richten, giebt es nur eine Ausnahme: wenn nämlich Nebenunternehmungen unge- wöhnliche Vortheile versprechen, und doch setzen wir dabei voraus daß entschiedene Überlegenheit uns dazu in den Stand setzt ohne auf dem Hauptpunkt zu viel zu wagen.
Als General Bülow im Jahr 1814 nach Holland marschirte, konnte man voraussehen daß die 30,000 Mann seines Korps nicht allein eben so viel Franzosen neutralisi- ren, sondern auch den Holländern und Engländern Gelegen- heit geben würden, mit Kräften aufzutreten, die ohne dem gar nicht in Wirksamkeit gekommen wären.
So wird also der erste Gesichtspunkt beim Entwurf des Krieges der sein: die Schwerpunkte der feindlichen Macht auszumitteln und sie wo möglich auf einen zurückzuführen. Der zweite wird sein: die Kräfte, welche gegen diesen Schwerpunkt gebraucht werden sollen, zu einer Haupthand- lung zu vereinigen.
Hier können nun folgende Gründe für ein Theilen und Trennen der Streitkräfte uns entgegentreten:
Stoß von Italien aus mehr auf das Centrum und der vom Rhein aus mehr auf den Fluͤgel der oͤſtreichiſchen Macht trifft.
Es geht hieraus hervor daß der Begriff von getrenn- ter und zuſammenhaͤngender feindlicher Macht auch durch alle Stufenverhaͤltniſſe fortlaͤuft und daß man alſo im einzelnen Fall erſt uͤberſehen kann, welchen Einfluß die Begebenheiten des einen Kriegstheaters auf das andere haben werden, wonach ſich dann erſt ausmachen laͤßt, in wiefern man die verſchiedenen Schwerpunkte der feindlichen Macht auf einen zuruͤckfuͤhren kann.
Von dem Grundſatz, alle Kraft gegen den Schwer- punkt der feindlichen Macht zu richten, giebt es nur eine Ausnahme: wenn naͤmlich Nebenunternehmungen unge- woͤhnliche Vortheile verſprechen, und doch ſetzen wir dabei voraus daß entſchiedene Überlegenheit uns dazu in den Stand ſetzt ohne auf dem Hauptpunkt zu viel zu wagen.
Als General Buͤlow im Jahr 1814 nach Holland marſchirte, konnte man vorausſehen daß die 30,000 Mann ſeines Korps nicht allein eben ſo viel Franzoſen neutraliſi- ren, ſondern auch den Hollaͤndern und Englaͤndern Gelegen- heit geben wuͤrden, mit Kraͤften aufzutreten, die ohne dem gar nicht in Wirkſamkeit gekommen waͤren.
So wird alſo der erſte Geſichtspunkt beim Entwurf des Krieges der ſein: die Schwerpunkte der feindlichen Macht auszumitteln und ſie wo moͤglich auf einen zuruͤckzufuͤhren. Der zweite wird ſein: die Kraͤfte, welche gegen dieſen Schwerpunkt gebraucht werden ſollen, zu einer Haupthand- lung zu vereinigen.
Hier koͤnnen nun folgende Gruͤnde fuͤr ein Theilen und Trennen der Streitkraͤfte uns entgegentreten:
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Stoß von Italien aus mehr auf das Centrum und der
vom Rhein aus mehr auf den Fluͤgel der oͤſtreichiſchen
Macht trifft.
Es geht hieraus hervor daß der Begriff von getrenn-
ter und zuſammenhaͤngender feindlicher Macht auch durch
alle Stufenverhaͤltniſſe fortlaͤuft und daß man alſo im
einzelnen Fall erſt uͤberſehen kann, welchen Einfluß die
Begebenheiten des einen Kriegstheaters auf das andere
haben werden, wonach ſich dann erſt ausmachen laͤßt, in
wiefern man die verſchiedenen Schwerpunkte der feindlichen
Macht auf einen zuruͤckfuͤhren kann.
Von dem Grundſatz, alle Kraft gegen den Schwer-
punkt der feindlichen Macht zu richten, giebt es nur eine
Ausnahme: wenn naͤmlich Nebenunternehmungen unge-
woͤhnliche Vortheile verſprechen, und doch ſetzen wir
dabei voraus daß entſchiedene Überlegenheit uns dazu in
den Stand ſetzt ohne auf dem Hauptpunkt zu viel zu
wagen.
Als General Buͤlow im Jahr 1814 nach Holland
marſchirte, konnte man vorausſehen daß die 30,000 Mann
ſeines Korps nicht allein eben ſo viel Franzoſen neutraliſi-
ren, ſondern auch den Hollaͤndern und Englaͤndern Gelegen-
heit geben wuͤrden, mit Kraͤften aufzutreten, die ohne dem
gar nicht in Wirkſamkeit gekommen waͤren.
So wird alſo der erſte Geſichtspunkt beim Entwurf
des Krieges der ſein: die Schwerpunkte der feindlichen Macht
auszumitteln und ſie wo moͤglich auf einen zuruͤckzufuͤhren.
Der zweite wird ſein: die Kraͤfte, welche gegen dieſen
Schwerpunkt gebraucht werden ſollen, zu einer Haupthand-
lung zu vereinigen.
Hier koͤnnen nun folgende Gruͤnde fuͤr ein Theilen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/178>, abgerufen am 27.11.2024.
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