die es versuchten aus kleinen Staaten, vermittelst eines mäßigen und sehr vervollkommneten Heeres, große Monar- chien zu stiften und Alles vor sich niederwerfen. Hätten sie es nur mit asiatischen Reichen zu thun gehabt, so wür- den sie in ihrer Rolle dem Alexander ähnlicher geworden sein. In jedem Fall kann man sie, in Rücksicht auf Das was man im Kriege wagen dürfte, als die Vorläufer Bonapartes ansehn.
Allein was der Krieg von der einen Seite an Kraft und Consequenz gewann, ging ihm auf der anderen Seite wieder verloren.
Die Heere wurden aus dem Schatz unterhalten, den der Fürst halb und halb wie seine Privatkasse ansah oder wenigstens wie einen der Regierung und nicht dem Volke angehörigen Gegenstand. Die Verhältnisse mit den andern Staaten berührten, ein Paar Handelsgegenstände ausge- nommen, meistens nur das Interesse des Schatzes oder der Regierung und nicht des Volkes; wenigstens waren überall die Begriffe so gestellt. Das Kabinet sah sich also an wie den Besitzer und Verwalter großer Güter, die es stets zu vermehren trachtete, ohne daß die Gutsunter- thanen bei dieser Vermehrung ein sonderliches Interesse haben konnten. Das Volk also, welches bei den Tarta- renzügen Alles im Kriege ist, bei den alten Republiken und im Mittelalter, wenn man den Begriff desselben ge- hörig auf die eigentlichen Staatsbürger beschränkt, sehr Vieles gewesen war, ward bei diesem Zustand des achtzehn- ten Jahrhunderts unmittelbar Nichts, sondern hatte bloß durch seine allgemeinen Tugenden oder Fehler noch einen mittelbaren Einfluß auf den Krieg.
Auf diese Weise wurde der Krieg, in eben dem Maaße wie sich die Regierung vom Volke trennte und sich als
die es verſuchten aus kleinen Staaten, vermittelſt eines maͤßigen und ſehr vervollkommneten Heeres, große Monar- chien zu ſtiften und Alles vor ſich niederwerfen. Haͤtten ſie es nur mit aſiatiſchen Reichen zu thun gehabt, ſo wuͤr- den ſie in ihrer Rolle dem Alexander aͤhnlicher geworden ſein. In jedem Fall kann man ſie, in Ruͤckſicht auf Das was man im Kriege wagen duͤrfte, als die Vorlaͤufer Bonapartes anſehn.
Allein was der Krieg von der einen Seite an Kraft und Conſequenz gewann, ging ihm auf der anderen Seite wieder verloren.
Die Heere wurden aus dem Schatz unterhalten, den der Fuͤrſt halb und halb wie ſeine Privatkaſſe anſah oder wenigſtens wie einen der Regierung und nicht dem Volke angehoͤrigen Gegenſtand. Die Verhaͤltniſſe mit den andern Staaten beruͤhrten, ein Paar Handelsgegenſtaͤnde ausge- nommen, meiſtens nur das Intereſſe des Schatzes oder der Regierung und nicht des Volkes; wenigſtens waren uͤberall die Begriffe ſo geſtellt. Das Kabinet ſah ſich alſo an wie den Beſitzer und Verwalter großer Guͤter, die es ſtets zu vermehren trachtete, ohne daß die Gutsunter- thanen bei dieſer Vermehrung ein ſonderliches Intereſſe haben konnten. Das Volk alſo, welches bei den Tarta- renzuͤgen Alles im Kriege iſt, bei den alten Republiken und im Mittelalter, wenn man den Begriff deſſelben ge- hoͤrig auf die eigentlichen Staatsbuͤrger beſchraͤnkt, ſehr Vieles geweſen war, ward bei dieſem Zuſtand des achtzehn- ten Jahrhunderts unmittelbar Nichts, ſondern hatte bloß durch ſeine allgemeinen Tugenden oder Fehler noch einen mittelbaren Einfluß auf den Krieg.
Auf dieſe Weiſe wurde der Krieg, in eben dem Maaße wie ſich die Regierung vom Volke trennte und ſich als
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0125"n="111"/>
die es verſuchten aus kleinen Staaten, vermittelſt eines<lb/>
maͤßigen und ſehr vervollkommneten Heeres, große Monar-<lb/>
chien zu ſtiften und Alles vor ſich niederwerfen. Haͤtten<lb/>ſie es nur mit aſiatiſchen Reichen zu thun gehabt, ſo wuͤr-<lb/>
den ſie in ihrer Rolle dem Alexander aͤhnlicher geworden<lb/>ſein. In jedem Fall kann man ſie, in Ruͤckſicht auf Das<lb/>
was man im Kriege wagen duͤrfte, als die Vorlaͤufer<lb/>
Bonapartes anſehn.</p><lb/><p>Allein was der Krieg von der einen Seite an Kraft<lb/>
und Conſequenz gewann, ging ihm auf der anderen Seite<lb/>
wieder verloren.</p><lb/><p>Die Heere wurden aus dem Schatz unterhalten, den<lb/>
der Fuͤrſt halb und halb wie ſeine Privatkaſſe anſah oder<lb/>
wenigſtens wie einen der Regierung und nicht dem Volke<lb/>
angehoͤrigen Gegenſtand. Die Verhaͤltniſſe mit den andern<lb/>
Staaten beruͤhrten, ein Paar Handelsgegenſtaͤnde ausge-<lb/>
nommen, meiſtens nur das Intereſſe des Schatzes oder<lb/>
der Regierung und nicht des Volkes; wenigſtens waren<lb/>
uͤberall die Begriffe ſo geſtellt. Das Kabinet ſah ſich alſo<lb/>
an wie den Beſitzer und Verwalter großer Guͤter, die es<lb/>ſtets zu vermehren trachtete, ohne daß die Gutsunter-<lb/>
thanen bei dieſer Vermehrung ein ſonderliches Intereſſe<lb/>
haben konnten. Das Volk alſo, welches bei den Tarta-<lb/>
renzuͤgen Alles im Kriege iſt, bei den alten Republiken<lb/>
und im Mittelalter, wenn man den Begriff deſſelben ge-<lb/>
hoͤrig auf die eigentlichen Staatsbuͤrger beſchraͤnkt, ſehr<lb/>
Vieles geweſen war, ward bei dieſem Zuſtand des achtzehn-<lb/>
ten Jahrhunderts unmittelbar Nichts, ſondern hatte bloß<lb/>
durch ſeine allgemeinen Tugenden oder Fehler noch einen<lb/>
mittelbaren Einfluß auf den Krieg.</p><lb/><p>Auf dieſe Weiſe wurde der Krieg, in eben dem Maaße<lb/>
wie ſich die Regierung vom Volke trennte und ſich als<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[111/0125]
die es verſuchten aus kleinen Staaten, vermittelſt eines
maͤßigen und ſehr vervollkommneten Heeres, große Monar-
chien zu ſtiften und Alles vor ſich niederwerfen. Haͤtten
ſie es nur mit aſiatiſchen Reichen zu thun gehabt, ſo wuͤr-
den ſie in ihrer Rolle dem Alexander aͤhnlicher geworden
ſein. In jedem Fall kann man ſie, in Ruͤckſicht auf Das
was man im Kriege wagen duͤrfte, als die Vorlaͤufer
Bonapartes anſehn.
Allein was der Krieg von der einen Seite an Kraft
und Conſequenz gewann, ging ihm auf der anderen Seite
wieder verloren.
Die Heere wurden aus dem Schatz unterhalten, den
der Fuͤrſt halb und halb wie ſeine Privatkaſſe anſah oder
wenigſtens wie einen der Regierung und nicht dem Volke
angehoͤrigen Gegenſtand. Die Verhaͤltniſſe mit den andern
Staaten beruͤhrten, ein Paar Handelsgegenſtaͤnde ausge-
nommen, meiſtens nur das Intereſſe des Schatzes oder
der Regierung und nicht des Volkes; wenigſtens waren
uͤberall die Begriffe ſo geſtellt. Das Kabinet ſah ſich alſo
an wie den Beſitzer und Verwalter großer Guͤter, die es
ſtets zu vermehren trachtete, ohne daß die Gutsunter-
thanen bei dieſer Vermehrung ein ſonderliches Intereſſe
haben konnten. Das Volk alſo, welches bei den Tarta-
renzuͤgen Alles im Kriege iſt, bei den alten Republiken
und im Mittelalter, wenn man den Begriff deſſelben ge-
hoͤrig auf die eigentlichen Staatsbuͤrger beſchraͤnkt, ſehr
Vieles geweſen war, ward bei dieſem Zuſtand des achtzehn-
ten Jahrhunderts unmittelbar Nichts, ſondern hatte bloß
durch ſeine allgemeinen Tugenden oder Fehler noch einen
mittelbaren Einfluß auf den Krieg.
Auf dieſe Weiſe wurde der Krieg, in eben dem Maaße
wie ſich die Regierung vom Volke trennte und ſich als
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/125>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.