Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

wartet werden. Ohnehin sieht mein Vater längst
meiner Ankunft entgegen." --

"Ich zweifle nicht," fiel Tina ein, und heftete
ihren dunklen Feuerblick auf Blauensteins ängst¬
liche Züge, "daß Sie ein guter Sohn sind. Aber
nur Ihre Bescheidenheit giebt Ihnen das sonder¬
bare Recht, zu vermuthen, es sollten bessere Gäste
an Ihre Stelle treten. Verlassen dürfen Sie
uns nicht! Wie könnten wir auch Freunden ent¬
gegen sehn, die unserm Her -- zen," das Wort
war einmal heraus, "näher ständen, als der" --

"O Gott!" rief Blauenstein aus, und zog
wie in stürmischer Leidenschaft Tinas Hand an
seine brennenden Lippen, "quälen Sie mich Ärm¬
sten nicht! Vorhin vertraute mir Ihr Oheim,"
fuhr er leiser fort und mit einer gewissen Blässe
auf den Wangen, "daß Ihr Herz bereits gewählt,
daß Ihr Verlobter täglich erwartet werde. Darf
ich Ihnen Glück wünschen, darf ich" --

"Ei, ei! Sieh da!" rief plötzlich eine Stimme
und in demselben Augenblick sprang ein junger,
bildschöner Mann in reicher Uniform aus dem
Gebüsch hervor, und schloß mir nichts, Dir nichts,
die erschrockene Tina in seine Arme. "Staunitz!"

wartet werden. Ohnehin ſieht mein Vater laͤngſt
meiner Ankunft entgegen.“ —

„Ich zweifle nicht,“ fiel Tina ein, und heftete
ihren dunklen Feuerblick auf Blauenſteins aͤngſt¬
liche Zuͤge, „daß Sie ein guter Sohn ſind. Aber
nur Ihre Beſcheidenheit giebt Ihnen das ſonder¬
bare Recht, zu vermuthen, es ſollten beſſere Gaͤſte
an Ihre Stelle treten. Verlaſſen duͤrfen Sie
uns nicht! Wie koͤnnten wir auch Freunden ent¬
gegen ſehn, die unſerm Her — zen,“ das Wort
war einmal heraus, „naͤher ſtaͤnden, als der“ —

„O Gott!“ rief Blauenſtein aus, und zog
wie in ſtuͤrmiſcher Leidenſchaft Tinas Hand an
ſeine brennenden Lippen, „quaͤlen Sie mich Ärm¬
ſten nicht! Vorhin vertraute mir Ihr Oheim,“
fuhr er leiſer fort und mit einer gewiſſen Blaͤſſe
auf den Wangen, „daß Ihr Herz bereits gewaͤhlt,
daß Ihr Verlobter taͤglich erwartet werde. Darf
ich Ihnen Gluͤck wuͤnſchen, darf ich“ —

„Ei, ei! Sieh da!“ rief ploͤtzlich eine Stimme
und in demſelben Augenblick ſprang ein junger,
bildſchoͤner Mann in reicher Uniform aus dem
Gebuͤſch hervor, und ſchloß mir nichts, Dir nichts,
die erſchrockene Tina in ſeine Arme. „Staunitz!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0044" n="38"/>
wartet werden. Ohnehin &#x017F;ieht mein Vater la&#x0364;ng&#x017F;t<lb/>
meiner Ankunft entgegen.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich zweifle nicht,&#x201C; fiel Tina ein, und heftete<lb/>
ihren dunklen Feuerblick auf Blauen&#x017F;teins a&#x0364;ng&#x017F;<lb/>
liche Zu&#x0364;ge, &#x201E;daß Sie ein guter Sohn &#x017F;ind. Aber<lb/>
nur Ihre Be&#x017F;cheidenheit giebt Ihnen das &#x017F;onder¬<lb/>
bare Recht, zu vermuthen, es &#x017F;ollten be&#x017F;&#x017F;ere Ga&#x0364;&#x017F;te<lb/>
an Ihre Stelle treten. Verla&#x017F;&#x017F;en du&#x0364;rfen Sie<lb/>
uns nicht! Wie ko&#x0364;nnten wir auch Freunden ent¬<lb/>
gegen &#x017F;ehn, die un&#x017F;erm Her &#x2014; zen,&#x201C; das Wort<lb/>
war einmal heraus, &#x201E;na&#x0364;her &#x017F;ta&#x0364;nden, als der&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;O Gott!&#x201C; rief Blauen&#x017F;tein aus, und zog<lb/>
wie in &#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;cher Leiden&#x017F;chaft Tinas Hand an<lb/>
&#x017F;eine brennenden Lippen, &#x201E;qua&#x0364;len Sie mich Ärm¬<lb/>
&#x017F;ten nicht! Vorhin vertraute mir Ihr Oheim,&#x201C;<lb/>
fuhr er lei&#x017F;er fort und mit einer gewi&#x017F;&#x017F;en Bla&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
auf den Wangen, &#x201E;daß Ihr Herz bereits gewa&#x0364;hlt,<lb/>
daß Ihr Verlobter ta&#x0364;glich erwartet werde. Darf<lb/>
ich Ihnen Glu&#x0364;ck wu&#x0364;n&#x017F;chen, darf ich&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ei, ei! Sieh da!&#x201C; rief plo&#x0364;tzlich eine Stimme<lb/>
und in dem&#x017F;elben Augenblick &#x017F;prang ein junger,<lb/>
bild&#x017F;cho&#x0364;ner Mann in reicher Uniform aus dem<lb/>
Gebu&#x0364;&#x017F;ch hervor, und &#x017F;chloß mir nichts, Dir nichts,<lb/>
die er&#x017F;chrockene Tina in &#x017F;eine Arme. &#x201E;Staunitz!&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0044] wartet werden. Ohnehin ſieht mein Vater laͤngſt meiner Ankunft entgegen.“ — „Ich zweifle nicht,“ fiel Tina ein, und heftete ihren dunklen Feuerblick auf Blauenſteins aͤngſt¬ liche Zuͤge, „daß Sie ein guter Sohn ſind. Aber nur Ihre Beſcheidenheit giebt Ihnen das ſonder¬ bare Recht, zu vermuthen, es ſollten beſſere Gaͤſte an Ihre Stelle treten. Verlaſſen duͤrfen Sie uns nicht! Wie koͤnnten wir auch Freunden ent¬ gegen ſehn, die unſerm Her — zen,“ das Wort war einmal heraus, „naͤher ſtaͤnden, als der“ — „O Gott!“ rief Blauenſtein aus, und zog wie in ſtuͤrmiſcher Leidenſchaft Tinas Hand an ſeine brennenden Lippen, „quaͤlen Sie mich Ärm¬ ſten nicht! Vorhin vertraute mir Ihr Oheim,“ fuhr er leiſer fort und mit einer gewiſſen Blaͤſſe auf den Wangen, „daß Ihr Herz bereits gewaͤhlt, daß Ihr Verlobter taͤglich erwartet werde. Darf ich Ihnen Gluͤck wuͤnſchen, darf ich“ — „Ei, ei! Sieh da!“ rief ploͤtzlich eine Stimme und in demſelben Augenblick ſprang ein junger, bildſchoͤner Mann in reicher Uniform aus dem Gebuͤſch hervor, und ſchloß mir nichts, Dir nichts, die erſchrockene Tina in ſeine Arme. „Staunitz!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/44
Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/44>, abgerufen am 23.11.2024.