Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

legt, so rücksichtslos. Vielleicht, ja gewiß hing es
so zusammen, war sie zu der Verbindung mit
dem Staunitz, Taugenichts, oder wie der Unglück¬
liche hieß, von ihrem Vater oder den nächsten
Verwandten überredet, sie wünschte wieder frei
zu sein, oder -- Gott, wer mogte aus diesem
Chaos herauskommen!

Ein mitleidiger Schlummer senkte sich auf
Blauensteins Augen; eine Menge verworrener
Träume gaukelten ihm ihre Bilder vor, und er
erwachte erst, als bereits der alte Martin an
seinem Lager stand, und fragte, ob der gnädige
Herr Kaffee oder Chocolate beföhlen? -- In
wenig Augenblicken war er in den Kleidern, dies¬
mal aber nicht in dem Reisegewande, sondern in
dem schönen knappen schwarzen Anzuge, der ihm
so gut stand, mit dem Kreuze geschmückt, das er
sich bei der unvergeßlichen Völkerschlacht bei Leip¬
zig verdient. Jetzt erschien auch der Oncle Hein¬
rich unten im Garten, sah beständig nach Blauen¬
steins Fenstern, und als er ihn endlich erblickt,
lud er ihn laut ein, mit ihm ein Pfeifchen in
der köstlichen Frische des Morgens zu rauchen.
Blauenstein war es gern zufrieden. Auf der
Treppe, warum auch gerade jetzt diese Begegnung?
trat ihm Tina entgegen, bot ihm mit ihrer hold¬

3

legt, ſo ruͤckſichtslos. Vielleicht, ja gewiß hing es
ſo zuſammen, war ſie zu der Verbindung mit
dem Staunitz, Taugenichts, oder wie der Ungluͤck¬
liche hieß, von ihrem Vater oder den naͤchſten
Verwandten uͤberredet, ſie wuͤnſchte wieder frei
zu ſein, oder — Gott, wer mogte aus dieſem
Chaos herauskommen!

Ein mitleidiger Schlummer ſenkte ſich auf
Blauenſteins Augen; eine Menge verworrener
Traͤume gaukelten ihm ihre Bilder vor, und er
erwachte erſt, als bereits der alte Martin an
ſeinem Lager ſtand, und fragte, ob der gnaͤdige
Herr Kaffee oder Chocolate befoͤhlen? — In
wenig Augenblicken war er in den Kleidern, dies¬
mal aber nicht in dem Reiſegewande, ſondern in
dem ſchoͤnen knappen ſchwarzen Anzuge, der ihm
ſo gut ſtand, mit dem Kreuze geſchmuͤckt, das er
ſich bei der unvergeßlichen Voͤlkerſchlacht bei Leip¬
zig verdient. Jetzt erſchien auch der Oncle Hein¬
rich unten im Garten, ſah beſtaͤndig nach Blauen¬
ſteins Fenſtern, und als er ihn endlich erblickt,
lud er ihn laut ein, mit ihm ein Pfeifchen in
der koͤſtlichen Friſche des Morgens zu rauchen.
Blauenſtein war es gern zufrieden. Auf der
Treppe, warum auch gerade jetzt dieſe Begegnung?
trat ihm Tina entgegen, bot ihm mit ihrer hold¬

3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0039" n="33"/>
legt, &#x017F;o ru&#x0364;ck&#x017F;ichtslos. Vielleicht, ja gewiß hing es<lb/>
&#x017F;o zu&#x017F;ammen, war &#x017F;ie zu der Verbindung mit<lb/>
dem Staunitz, Taugenichts, oder wie der Unglu&#x0364;ck¬<lb/>
liche hieß, von ihrem Vater oder den na&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Verwandten u&#x0364;berredet, &#x017F;ie wu&#x0364;n&#x017F;chte wieder frei<lb/>
zu &#x017F;ein, oder &#x2014; Gott, wer mogte aus die&#x017F;em<lb/>
Chaos herauskommen!</p><lb/>
        <p>Ein mitleidiger Schlummer &#x017F;enkte &#x017F;ich auf<lb/>
Blauen&#x017F;teins Augen; eine Menge verworrener<lb/>
Tra&#x0364;ume gaukelten ihm ihre Bilder vor, und er<lb/>
erwachte er&#x017F;t, als bereits der alte Martin an<lb/>
&#x017F;einem Lager &#x017F;tand, und fragte, ob der gna&#x0364;dige<lb/>
Herr Kaffee oder Chocolate befo&#x0364;hlen? &#x2014; In<lb/>
wenig Augenblicken war er in den Kleidern, dies¬<lb/>
mal aber nicht in dem Rei&#x017F;egewande, &#x017F;ondern in<lb/>
dem &#x017F;cho&#x0364;nen knappen &#x017F;chwarzen Anzuge, der ihm<lb/>
&#x017F;o gut &#x017F;tand, mit dem Kreuze ge&#x017F;chmu&#x0364;ckt, das er<lb/>
&#x017F;ich bei der unvergeßlichen Vo&#x0364;lker&#x017F;chlacht bei Leip¬<lb/>
zig verdient. Jetzt er&#x017F;chien auch der Oncle Hein¬<lb/>
rich unten im Garten, &#x017F;ah be&#x017F;ta&#x0364;ndig nach Blauen¬<lb/>
&#x017F;teins Fen&#x017F;tern, und als er ihn endlich erblickt,<lb/>
lud er ihn laut ein, mit ihm ein Pfeifchen in<lb/>
der ko&#x0364;&#x017F;tlichen Fri&#x017F;che des Morgens zu rauchen.<lb/>
Blauen&#x017F;tein war es gern zufrieden. Auf der<lb/>
Treppe, warum auch gerade jetzt die&#x017F;e Begegnung?<lb/>
trat ihm Tina entgegen, bot ihm mit ihrer hold¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">3<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0039] legt, ſo ruͤckſichtslos. Vielleicht, ja gewiß hing es ſo zuſammen, war ſie zu der Verbindung mit dem Staunitz, Taugenichts, oder wie der Ungluͤck¬ liche hieß, von ihrem Vater oder den naͤchſten Verwandten uͤberredet, ſie wuͤnſchte wieder frei zu ſein, oder — Gott, wer mogte aus dieſem Chaos herauskommen! Ein mitleidiger Schlummer ſenkte ſich auf Blauenſteins Augen; eine Menge verworrener Traͤume gaukelten ihm ihre Bilder vor, und er erwachte erſt, als bereits der alte Martin an ſeinem Lager ſtand, und fragte, ob der gnaͤdige Herr Kaffee oder Chocolate befoͤhlen? — In wenig Augenblicken war er in den Kleidern, dies¬ mal aber nicht in dem Reiſegewande, ſondern in dem ſchoͤnen knappen ſchwarzen Anzuge, der ihm ſo gut ſtand, mit dem Kreuze geſchmuͤckt, das er ſich bei der unvergeßlichen Voͤlkerſchlacht bei Leip¬ zig verdient. Jetzt erſchien auch der Oncle Hein¬ rich unten im Garten, ſah beſtaͤndig nach Blauen¬ ſteins Fenſtern, und als er ihn endlich erblickt, lud er ihn laut ein, mit ihm ein Pfeifchen in der koͤſtlichen Friſche des Morgens zu rauchen. Blauenſtein war es gern zufrieden. Auf der Treppe, warum auch gerade jetzt dieſe Begegnung? trat ihm Tina entgegen, bot ihm mit ihrer hold¬ 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/39
Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/39>, abgerufen am 05.05.2024.