bedeutsam gelegen war, daß ich sehr wünschte, hier getraut zu werden. Wir fanden in dem Prediger einen biedern Greis, der, als Adeline ihre Lebensgeschichte kurz und wahr erzählt, mit Freuden in unsern Wunsch willigte und uns bat, einen Tag zu bestimmen, an dem wir für immer vereinigt sein wollten. Der Himmel war uns günstig; er wölbte sich blau über seiner schönen Welt, Millionen jauchzten freudig ihr Danklied dem Höchsten zu, und in unser Herz senkte sich eine süßbeklemmende Wehmuth. -- Eine Menge auf dem Kirchplatze spielender Kinder zogen uns nach, und waren Zeugen der heiligen Handlung, die mir mein edelstes Gut sicherte, und als ich mit meiner jungen Frau unsere Wohnung erreicht, fiel sie mir selig weinend um den Hals, und be¬ schwor mich, für das ganze Leben treu zu halten, was ich ihr in der heiligsten Stunde ihrer Tage gelobt.
Wir waren kaum zu uns selbst gekommen, als mir ein Brief von meiner ehemaligen Wirthin in B. überbracht wurde, die ich schriftlich gebeten, mir Nachricht zu ertheilen, falls Adelinens Ent¬ fernung aus dem Kloster irgend ein Aufsehn mache. Sie berichtete nun unter tausend Seegens¬ wünschen, wie die Äbtissin über Adelinens
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bedeutſam gelegen war, daß ich ſehr wuͤnſchte, hier getraut zu werden. Wir fanden in dem Prediger einen biedern Greis, der, als Adeline ihre Lebensgeſchichte kurz und wahr erzaͤhlt, mit Freuden in unſern Wunſch willigte und uns bat, einen Tag zu beſtimmen, an dem wir fuͤr immer vereinigt ſein wollten. Der Himmel war uns guͤnſtig; er woͤlbte ſich blau uͤber ſeiner ſchoͤnen Welt, Millionen jauchzten freudig ihr Danklied dem Hoͤchſten zu, und in unſer Herz ſenkte ſich eine ſuͤßbeklemmende Wehmuth. — Eine Menge auf dem Kirchplatze ſpielender Kinder zogen uns nach, und waren Zeugen der heiligen Handlung, die mir mein edelſtes Gut ſicherte, und als ich mit meiner jungen Frau unſere Wohnung erreicht, fiel ſie mir ſelig weinend um den Hals, und be¬ ſchwor mich, fuͤr das ganze Leben treu zu halten, was ich ihr in der heiligſten Stunde ihrer Tage gelobt.
Wir waren kaum zu uns ſelbſt gekommen, als mir ein Brief von meiner ehemaligen Wirthin in B. uͤberbracht wurde, die ich ſchriftlich gebeten, mir Nachricht zu ertheilen, falls Adelinens Ent¬ fernung aus dem Kloſter irgend ein Aufſehn mache. Sie berichtete nun unter tauſend Seegens¬ wuͤnſchen, wie die Äbtiſſin uͤber Adelinens
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bedeutſam gelegen war, daß ich ſehr wuͤnſchte,
hier getraut zu werden. Wir fanden in dem
Prediger einen biedern Greis, der, als Adeline
ihre Lebensgeſchichte kurz und wahr erzaͤhlt, mit
Freuden in unſern Wunſch willigte und uns bat,
einen Tag zu beſtimmen, an dem wir fuͤr immer
vereinigt ſein wollten. Der Himmel war uns
guͤnſtig; er woͤlbte ſich blau uͤber ſeiner ſchoͤnen
Welt, Millionen jauchzten freudig ihr Danklied
dem Hoͤchſten zu, und in unſer Herz ſenkte ſich
eine ſuͤßbeklemmende Wehmuth. — Eine Menge
auf dem Kirchplatze ſpielender Kinder zogen uns
nach, und waren Zeugen der heiligen Handlung,
die mir mein edelſtes Gut ſicherte, und als ich
mit meiner jungen Frau unſere Wohnung erreicht,
fiel ſie mir ſelig weinend um den Hals, und be¬
ſchwor mich, fuͤr das ganze Leben treu zu halten,
was ich ihr in der heiligſten Stunde ihrer Tage
gelobt.
Wir waren kaum zu uns ſelbſt gekommen,
als mir ein Brief von meiner ehemaligen Wirthin
in B. uͤberbracht wurde, die ich ſchriftlich gebeten,
mir Nachricht zu ertheilen, falls Adelinens Ent¬
fernung aus dem Kloſter irgend ein Aufſehn
mache. Sie berichtete nun unter tauſend Seegens¬
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/233>, abgerufen am 28.07.2024.
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