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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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Weißt Du was, sagte Kluge mit einer Miene,
welche die heitersten, Aussichten verkündigte, weißt
Du was, wir melden uns im Kloster als Maler
aus Italien. Der Sprache dieses Landes sind
wir gewachsen, und es müßte schlecht gehn, wenn
wir die arme Adeline nicht zu Gesicht bekommen
sollten. Der Plan schien mir allerliebst, aber
verteufelt kitzlich, denn wenn die alte Kloster¬
mamma der Sache so recht auf den Grund kam,
und schlau sind dergleichen Damen, es war keine
Frage, so waren wir prostituirt, und wurden am
Ende als Betrüger ohne weitere Ceremonien bei¬
gesteckt. Allein Kluge lachte mich mit meinen
Bedenklichkeiten aus, nannte mich einen schläfrigen
Deutschen, der von der italischen Gluth herzlich
wenig zugetheilt bekommen haben müsse, und
gab meinem Ehrgeize einen so harten Stoß, daß
ich unabänderlich beschloß, mich in seinen Willen
zu fügen, und ebenfalls für einen Restaurator aus
Rom auszugeben.

Indeß fehlten wir nur sehr selten oder nie am
Sprachgitter. Manches hübsche, allerliebste Kind
erschien dahinter, manches trauliche Wort wurde
mit den sprachlustigen Nonnen heimlich und ver¬
stohlen gewechselt, aber immer wollte Schwester
Adeline, die am Ende schon einen andern Namen

Weißt Du was, ſagte Kluge mit einer Miene,
welche die heiterſten, Ausſichten verkuͤndigte, weißt
Du was, wir melden uns im Kloſter als Maler
aus Italien. Der Sprache dieſes Landes ſind
wir gewachſen, und es muͤßte ſchlecht gehn, wenn
wir die arme Adeline nicht zu Geſicht bekommen
ſollten. Der Plan ſchien mir allerliebſt, aber
verteufelt kitzlich, denn wenn die alte Kloſter¬
mamma der Sache ſo recht auf den Grund kam,
und ſchlau ſind dergleichen Damen, es war keine
Frage, ſo waren wir proſtituirt, und wurden am
Ende als Betruͤger ohne weitere Ceremonien bei¬
geſteckt. Allein Kluge lachte mich mit meinen
Bedenklichkeiten aus, nannte mich einen ſchlaͤfrigen
Deutſchen, der von der italiſchen Gluth herzlich
wenig zugetheilt bekommen haben muͤſſe, und
gab meinem Ehrgeize einen ſo harten Stoß, daß
ich unabaͤnderlich beſchloß, mich in ſeinen Willen
zu fuͤgen, und ebenfalls fuͤr einen Reſtaurator aus
Rom auszugeben.

Indeß fehlten wir nur ſehr ſelten oder nie am
Sprachgitter. Manches huͤbſche, allerliebſte Kind
erſchien dahinter, manches trauliche Wort wurde
mit den ſprachluſtigen Nonnen heimlich und ver¬
ſtohlen gewechſelt, aber immer wollte Schweſter
Adeline, die am Ende ſchon einen andern Namen

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[198/0204] Weißt Du was, ſagte Kluge mit einer Miene, welche die heiterſten, Ausſichten verkuͤndigte, weißt Du was, wir melden uns im Kloſter als Maler aus Italien. Der Sprache dieſes Landes ſind wir gewachſen, und es muͤßte ſchlecht gehn, wenn wir die arme Adeline nicht zu Geſicht bekommen ſollten. Der Plan ſchien mir allerliebſt, aber verteufelt kitzlich, denn wenn die alte Kloſter¬ mamma der Sache ſo recht auf den Grund kam, und ſchlau ſind dergleichen Damen, es war keine Frage, ſo waren wir proſtituirt, und wurden am Ende als Betruͤger ohne weitere Ceremonien bei¬ geſteckt. Allein Kluge lachte mich mit meinen Bedenklichkeiten aus, nannte mich einen ſchlaͤfrigen Deutſchen, der von der italiſchen Gluth herzlich wenig zugetheilt bekommen haben muͤſſe, und gab meinem Ehrgeize einen ſo harten Stoß, daß ich unabaͤnderlich beſchloß, mich in ſeinen Willen zu fuͤgen, und ebenfalls fuͤr einen Reſtaurator aus Rom auszugeben. Indeß fehlten wir nur ſehr ſelten oder nie am Sprachgitter. Manches huͤbſche, allerliebſte Kind erſchien dahinter, manches trauliche Wort wurde mit den ſprachluſtigen Nonnen heimlich und ver¬ ſtohlen gewechſelt, aber immer wollte Schweſter Adeline, die am Ende ſchon einen andern Namen

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/204>, abgerufen am 18.05.2024.