Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

und unwohl. Gute Nacht denn, und schöne
Träume!"

Noch ehe Blauenstein eine neue Frage thun
konnte, öffnete jener die Thüre des Schlafcabi¬
netts und verschwand. -- Also, ja so war es ohne
allen Zweifel, Antönchen hatte die Wahrheit
gesagt, wenn seine Bosheit auch vielleicht Manches
in einem grellen Lichte zeigte. Staunitz war der
Koquette müde, er zog seinen Kopf aus der
Schlinge und wollte ihm die verlassene Braut
aufschwatzen. -- Sollte wohl Staunitz das ver¬
mögen? -- Aber warum hatte er ihn so langsam
auf das Alles vorbereitet, warum war er so
dringend? Und dann lag ja in seinem plötzlichen
Übelbefinden, daß er sich nicht schuldlos fühlte,
daß er in Blauensteins Gegenwart die innern
Vorwürfe nicht mehr ertragen konnte. Nein,
dachte der letztere bei sich, da irrt sich der gute
Freund, seine geheimen Wege sind noch zu er¬
kennen, seine Cabalen zu ergründen. -- Blauen¬
stein fühlte sich erschöpft, er mogte nicht weiter
nachdenken, eine innere Stimme sprach für Tinas
lautern Werth, und doch zeugten fast alle Um¬
stände gegen sie! Der Schlaf, er erquickt ja
mitleidig jeden Müden und jedes Gequälten
Herz, der Schlaf senkte sich auf seine Augen,

12

und unwohl. Gute Nacht denn, und ſchoͤne
Traͤume!“

Noch ehe Blauenſtein eine neue Frage thun
konnte, oͤffnete jener die Thuͤre des Schlafcabi¬
netts und verſchwand. — Alſo, ja ſo war es ohne
allen Zweifel, Antoͤnchen hatte die Wahrheit
geſagt, wenn ſeine Bosheit auch vielleicht Manches
in einem grellen Lichte zeigte. Staunitz war der
Koquette muͤde, er zog ſeinen Kopf aus der
Schlinge und wollte ihm die verlaſſene Braut
aufſchwatzen. — Sollte wohl Staunitz das ver¬
moͤgen? — Aber warum hatte er ihn ſo langſam
auf das Alles vorbereitet, warum war er ſo
dringend? Und dann lag ja in ſeinem ploͤtzlichen
Übelbefinden, daß er ſich nicht ſchuldlos fuͤhlte,
daß er in Blauenſteins Gegenwart die innern
Vorwuͤrfe nicht mehr ertragen konnte. Nein,
dachte der letztere bei ſich, da irrt ſich der gute
Freund, ſeine geheimen Wege ſind noch zu er¬
kennen, ſeine Cabalen zu ergruͤnden. — Blauen¬
ſtein fuͤhlte ſich erſchoͤpft, er mogte nicht weiter
nachdenken, eine innere Stimme ſprach fuͤr Tinas
lautern Werth, und doch zeugten faſt alle Um¬
ſtaͤnde gegen ſie! Der Schlaf, er erquickt ja
mitleidig jeden Muͤden und jedes Gequaͤlten
Herz, der Schlaf ſenkte ſich auf ſeine Augen,

12
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0183" n="177"/>
und unwohl. Gute Nacht denn, und &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
Tra&#x0364;ume!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Noch ehe Blauen&#x017F;tein eine neue Frage thun<lb/>
konnte, o&#x0364;ffnete jener die Thu&#x0364;re des Schlafcabi¬<lb/>
netts und ver&#x017F;chwand. &#x2014; Al&#x017F;o, ja &#x017F;o war es ohne<lb/>
allen Zweifel, Anto&#x0364;nchen hatte die Wahrheit<lb/>
ge&#x017F;agt, wenn &#x017F;eine Bosheit auch vielleicht Manches<lb/>
in einem grellen Lichte zeigte. Staunitz war der<lb/>
Koquette mu&#x0364;de, er zog &#x017F;einen Kopf aus der<lb/>
Schlinge und wollte ihm die verla&#x017F;&#x017F;ene Braut<lb/>
auf&#x017F;chwatzen. &#x2014; Sollte wohl Staunitz das ver¬<lb/>
mo&#x0364;gen? &#x2014; Aber warum hatte er ihn &#x017F;o lang&#x017F;am<lb/>
auf das Alles vorbereitet, warum war er &#x017F;o<lb/>
dringend? Und dann lag ja in &#x017F;einem plo&#x0364;tzlichen<lb/>
Übelbefinden, daß er &#x017F;ich nicht &#x017F;chuldlos fu&#x0364;hlte,<lb/>
daß er in Blauen&#x017F;teins Gegenwart die innern<lb/>
Vorwu&#x0364;rfe nicht mehr ertragen konnte. Nein,<lb/>
dachte der letztere bei &#x017F;ich, da irrt &#x017F;ich der gute<lb/>
Freund, &#x017F;eine geheimen Wege &#x017F;ind noch zu er¬<lb/>
kennen, &#x017F;eine Cabalen zu ergru&#x0364;nden. &#x2014; Blauen¬<lb/>
&#x017F;tein fu&#x0364;hlte &#x017F;ich er&#x017F;cho&#x0364;pft, er mogte nicht weiter<lb/>
nachdenken, eine innere Stimme &#x017F;prach fu&#x0364;r Tinas<lb/>
lautern Werth, und doch zeugten fa&#x017F;t alle Um¬<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde gegen &#x017F;ie! Der Schlaf, er erquickt ja<lb/>
mitleidig jeden Mu&#x0364;den und jedes Gequa&#x0364;lten<lb/>
Herz, der Schlaf &#x017F;enkte &#x017F;ich auf &#x017F;eine Augen,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">12<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0183] und unwohl. Gute Nacht denn, und ſchoͤne Traͤume!“ Noch ehe Blauenſtein eine neue Frage thun konnte, oͤffnete jener die Thuͤre des Schlafcabi¬ netts und verſchwand. — Alſo, ja ſo war es ohne allen Zweifel, Antoͤnchen hatte die Wahrheit geſagt, wenn ſeine Bosheit auch vielleicht Manches in einem grellen Lichte zeigte. Staunitz war der Koquette muͤde, er zog ſeinen Kopf aus der Schlinge und wollte ihm die verlaſſene Braut aufſchwatzen. — Sollte wohl Staunitz das ver¬ moͤgen? — Aber warum hatte er ihn ſo langſam auf das Alles vorbereitet, warum war er ſo dringend? Und dann lag ja in ſeinem ploͤtzlichen Übelbefinden, daß er ſich nicht ſchuldlos fuͤhlte, daß er in Blauenſteins Gegenwart die innern Vorwuͤrfe nicht mehr ertragen konnte. Nein, dachte der letztere bei ſich, da irrt ſich der gute Freund, ſeine geheimen Wege ſind noch zu er¬ kennen, ſeine Cabalen zu ergruͤnden. — Blauen¬ ſtein fuͤhlte ſich erſchoͤpft, er mogte nicht weiter nachdenken, eine innere Stimme ſprach fuͤr Tinas lautern Werth, und doch zeugten faſt alle Um¬ ſtaͤnde gegen ſie! Der Schlaf, er erquickt ja mitleidig jeden Muͤden und jedes Gequaͤlten Herz, der Schlaf ſenkte ſich auf ſeine Augen, 12

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/183
Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/183>, abgerufen am 27.11.2024.